Rieser Nachrichten

Nichts ist gut im Pott

Bönisch gerät in einen Shitstorm und die Neue bei den Dortmunder­n enttäuscht

- Daniel Wirsching

Es brennt nicht nur in Dortmund, auch der Hass glimmt immer wieder auf. Im Netz und rund um den Gerberkomp­lex, eine Wohnanlage, in der Menschen mit verschiede­nen ethnischen und religiösen Hintergrün­den leben. Alles andere als „Heile Welt“, wie dieser „Tatort“(ARD, 20.15 Uhr) aus dem Ruhrpott heißt, in dem Kommissari­n Martina Bönisch (Anna Schudt) im Vordergrun­d steht.

Im Gerberkomp­lex wird nach einem Brand die verkohlte Leiche von Bewohnerin Anna Slomka, 24 und im vierten Monat schwanger, gefunden. Slomka wurde erschlagen, es gibt Anzeichen einer versuchten Vergewalti­gung. Ihre Leiche liegt im Keller des GerberHoch­hauses, der sich irritieren­derweise auf dem Dach befindet. Mit als Erste am Tatort: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperge­r), die Neue in der Dortmunder Mordkommis­sion. Nora Dalay (Aylin Tezel) hatte ja Ende 2020 aus Ärger über Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) im Jubiläums-„Tatort“zum 50. Bestehen der Krimi-Reihe die Brocken hingeschmi­ssen.

So weit die Ausgangsla­ge, aus der man etwas hätte machen können. Hat man auch, allerdings nichts Gutes. Denn die Folge besteht aus einer Aneinander­reihung von Klischees. Jede Figur ist ein Klischee: Ermittler Faber (traurig-zerknitter­t), die muslimisch­e Familie Khaled (Drogen, Islamismus), der Hausmeiste­r (ein Spanner). Sowie Rosa Herzog, die reichlich naiv durch ihren ersten Fall stolpert. Das Dortmunder Ermittlert­eam könnte getrost auf sie verzichten, die Zuschauer auch. Nur Bönisch gestehen Drehbuch und Regie etwas Tiefe zu. Sie wird bei der ruppigen Festnahme des Imam-Sohnes

Hakim Khaled (Shadi Eck) gefilmt, das Video im Internet verbreitet.

In der linken Szene gilt sie fortan als „Nazischlam­pe“, während der an AfD-Rechtsauße­n Höcke erinnernde Politiker Nils Jacob (Franz Pätzold) von der Partei „Neue Mitte

Deutschlan­d“sie zur Märtyrerin machen will – und den Hass auf den vermeintli­chen Mörder Slomkas, Hakim Khaled, schürt.

Migranten, Linke, Rechte, Polizeigew­alt, Fake News, Shitstorm und pathetisch­er Höhepunkt – alles ambitionsl­os miteinande­r verrührt. Aufgeklärt wird der Mord eher nebenbei und zufällig. Eine Folge zum Gar-nicht-erst-Einschalte­n, gäbe es nicht zu Beginn den besten „Tatort“-Dialog seit langem. Wer sich die Vorfreude nicht nehmen lassen will – nicht weiterlese­n! Für die anderen: Faber fährt bei Bönisch im silbergrau­en Opel Manta B GSI vor. Bönisch: „Was ist das denn?“Faber: „Das ist ein Schnäppche­n, hat mir ein Kumpel verkauft.“Bönisch: „Seit wann haben Sie Freunde?“Faber: „N’ Kumpel. Is im Ruhrpott viel mehr als n’ Freund.“Dann legt er eine Kassette ein. Mit dem Lied „Sunshine Reggae“.

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