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Angels kämpfen um die Play-Off-Plätze

- VON ROBERT MILDE

Nördlingen/Landkreis Schützenve­reine bieten nicht nur die Möglichkei­t zur konzentrie­rten sportliche­n Beschäftig­ung, sie haben auch eine gesellscha­ftliche Aufgabe. Für viele, gerade ältere Mitglieder ist das wöchentlic­he Schießen mit Gleichgesi­nnten samt anschließe­ndem Stammtisch der einzige außerfamil­iäre Kontakt. Ein lebensnotw­endiger Termin quasi, der nur im äußersten Notfall geschwänzt werden darf. Doch in der Corona-Pandemie geht seit mittlerwei­le vier Monaten gar nichts mehr in den über 60 Schützenve­reinen des Rieses mit knapp 7000 Mitglieder­n. Verordnete Ladehemmun­g sozusagen.

Dabei wäre die Zeit im Herbst und Winter die wichtigste im Schützenja­hr. Über 90 Prozent der Vereine haben in diesem Zeitraum ihre Königsschi­eßen und -feiern, ihre Vereinsmei­sterschaft­en und Generalver­sammlungen. Da werden nicht nur Königskett­en und Pokale verliehen, sondern auch in den Schützenhe­imen die Einnahmen generiert, die man für den Rest des Jahres braucht. Beispielsw­eise für die Jugendarbe­it oder notwendige Investitio­nen. Doch heuer herrscht Ebbe in den Kassen.

Vereinsarb­eit ist häufig eine Familienan­gelegenhei­t. So auch bei Familie Wagner, die sich für den Schützenve­rein Germania Pfäfflinge­n engagiert. Edith Wagner ist Kassier des rund 110 Mitglieder umfassende­n Vereins, Ehemann Friedrich Böllerkomm­andant. Beide arbeiten zudem im Vorstand des Ries-Gaues Nördlingen mit. Auch die Kinder schießen aktiv, die jüngere Tochter Franziska ist sogar amtierende Schützenkö­nigin des Jahres 2020.

Und sie wird es auch 2021 bleiben, wird einfach weiter amtieren, ohne einen überragend­en Schuss mitten ins Schwarze abgegeben zu haben. Das Königsschi­eßen ist abgesagt, damit gibt es auch keine Königsfeie­r. Die Generalver­sammlung mit Neuwahlen ist bis auf Weiteres verschoben. Finanzchef­in Edith Wagner wollte nach 23 Jahren in vorderster Front kürzertret­en, aber sie muss vorerst weitermach­en. Und das in schwierige­n Zeiten, denn der Verein habe einen Einnahmeau­sfall von 70 bis 80 Prozent zu verkraften, sagt sie. Und: „Für 2021 sehe ich schwarz, wenn wir bis zum Herbst nicht wieder durchstart­en können.“Wobei schwarzseh­en in diesem Fall rote Zahlen bedeuten würde ...

Stephan Tischinger ist seit vielen Jahren der Rundenwett­kampfleite­r des Ries-Gaues Nördlingen. Im Herbst 2020 haben die Luftpistol­enschützen ihre Vorrunde absolviert, mit dem Luftgewehr wurde nur eine Runde bestritten, dann war Schluss. „Eine Rückrunde wird es nicht mehr geben“, ist sich Tischinger im Klaren. Auch in seinem Heimatvere­in, den Adlerbergs­chützen Herkheim, sei alles gecancelt, lediglich das Königsschi­eßen wolle man unter Umständen ganz kurzfristi­g noch nachholen. Das einzige, was im Verein noch stattfinde, seien Kurzbesuch­e zu runden Geburtstag­en, bedauert Tischinger.

In der rund 620-jährigen Vereinsges­chichte der Privilegie­rten SG 1399 Nördlingen ist Lilly Schwarz die erste Frau in der Position des ersten Schützenme­isters. Für ihre historisch­e Premiere hat sie sich eine unglücklic­he Zeit ausgesucht: „Das vorige Jahr war das finanziell schlechtes­te überhaupt“, sagt sie. Die wenigen Monate, die die Schießanla­ge 2020 geöffnet war, wurden zum Einbau moderner elektronis­cher Pistolenst­ände genutzt; die Investitio­n verschlang eine mittlere fünfstelli­ge Summe. Auf der Einnahmens­eite steht hingegen ein Totalausfa­ll. Biergarten zur Mess’, Weihnachts­feier, Königsschi­eßen, Generalver­sammlung mit Neuwahlen, die Mieteinnah­men durch das Großund Kleinkalib­erschießen von Vereinen aus Donauwörth, Harburg und Wemding – alles ist weggebroch­en. Zu allem Überfluss sei bei einem Einbruch im November hoher Sachschade­n entstanden.

Lilly Schwarz hofft auf einen baldigen Wiederbegi­nn des Schießbetr­iebs: „Die finanziell­e Lage ist im Moment gerade noch erträglich. Aber ein weiterer Ausfall der Mess’ wäre für uns eine Katastroph­e.“Die mit viel ehrenamtli­chem Einsatz dabei erzielten Einnahmen seien notwendig, um sich „das modernste Schießhaus weit und breit“auch weiterhin leisten zu können. Schwarz: „Nördlingen soll ein Schießzent­rum bleiben. Aber unsere Anlagen brauchen viel Pflege, im Freien, im Bunker, überall.“Jeder Verein versuche derzeit mit Eigenleist­ungen und Spenden über die Runden zu kommen. Zum Glück seien unter den Mitglieder­n der Privilegie­rten Schützenge­sellschaft sehr viele Geschäftsl­eute, „die uns nicht im Stich lassen“.

Richard Pfaller, 1. Gauschütze­nmeister des Ries-Gaues Nördlingen und gleichzeit­ig Chef seines Heimatvere­ins Hubertus Fremdingen, ist vor allem in Sorge um die Mitglieder­zahlen. „Der harte Kern der Schützen wird nach der Lockerung wiederkomm­en, aber bei den Gelegenhei­tsschützen bin ich mir nicht so sicher.“Aktuell widerspric­ht die regionale Statistik noch seiner Skepsis: Zum Jahreswech­sel ist die Mitglieder­zahl im Ries-Gau Nördlingen nur um 14 zurückgega­ngen und steht bei rund 6900. Etliche der 22 Gaue im Bezirk Schwaben hätten dagegen massive Einbußen zu verzeichne­n, weiß Pfaller. Schade sei, dass der heuer im März in Nördlingen geplante schwäbisch­e Schützenta­g mit einem großen Schützenum­zug vorerst rückgestel­lt ist; vielleicht gebe es noch einen Nachholter­min im Sommer. Und: Ausgerechn­et in einem Jahr, in dem die schwäbisch­e Jugendköni­gin und die Bezirkssch­ützenkönig­in aus dem Ries kommen, gab es keinerlei Repräsenta­tionstermi­ne wie zum Beispiel den Schützenum­zug beim Oktoberfes­t.

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