„Wir rechnen mit steigenden Zahlen“
Seit zehn Tagen liegt der Landkreis Donau-Ries unter der Inzidenz von 35. Warum die Region nicht die Null erreicht und wie sich die Menschen trotz Lockdown anstecken
Landkreis Seit gut zehn Tagen liegt die Inzidenz im Landkreis DonauRies unter dem Wert von 35. Für die Bundespolitik ist das die ausgegebene Marke, die bei dauerhafter Unterschreitung den Weg für Lockerungen frei macht. Argumentation ist dabei stets, das die regionalen Gesundheitsämter die Infektionswege des Coronavirus wieder nachverfolgen können.
Doch so einfach ist diese Rechnung wohl doch nicht. Das erklärt zumindest Dr. Raffaella Hesse, Leiterin des Gesundheitsamtes DonauRies auf Nachfrage. Denn das Problem bei der Nachvollziehbarkeit der Infektionsketten sei vor allem, dass die betroffenen Personen nicht angeben können, wo sie sich infiziert haben.
Als die Inzidenzen sehr hoch waren, war dieses sogenannte diffuse Infektionsgeschehen vor allem der Grund dafür, dass das Gesundheitsamt weitere Kontaktpersonen weder identifizieren oder zu einem Test auffordern konnte. Folglich wurden viele Infizierte nicht erkannt. Sie konnten das Virus weitergeben, ohne selbst von einer Infektion zu wissen oder es zu spät erfuhren. Die Folge: Die Infektionskette konnte also nicht unterbrochen werden, was aber so wichtig ist für den Rückgang der Zahlen.
Eine zweite Beobachtung seien sogenannte Infektionskreise. „Bei einer Reihe positiv getesteter Personen, die miteinander in Beziehung stehen, war gar nicht mehr klar, wie der Anfang und das Ende der Infektion definiert werden kann“, berichtet Dr. Hesse.
Laut RKI wurden allein am 10.
Januar 71 Neuinfektionen an einem Tag im Landkreis gemeldet. Zum Vergleich: In der vergangenen Woche waren es zwischen einem und sechs positiv Getesteten pro Tag. Selbst bei so wenigen Infizierten, sei es nicht immer eindeutig, wo sich diese anstecken. „Es werden lediglich Kontakte am Arbeitsplatz angegeben“, so Dr. Hesse. Auch eine Übertragung innerhalb der Familie sei in ihren Augen sehr wahrscheinlich.
Seitdem die Inzidenz durch den Lockdown zunächst stark gefallen ist und nun auf niedrigem Niveau steht, sei eine kleine Entlastung im Gesundheitsamt spürbar. „Die Dienste fallen etwas kürzer aus und die Mitarbeiter können nach einem langen und überstundenlastigen Jahr 2020 mit vielen durchgearbeiteten Wochenenden endlich wohlverdiente Freizeit genießen“, schreibt Dr. Hesse auf die schriftlich übermittelten Fragen. Doch sie glaubt nur an eine kurze Verschnaufpause: „Wir rechnen aber aufgrund der zunehmenden Verteilung der Virusvarianten in Nachbarländern und die anstehende Wiedereröffnung von Schulen und Kindertagesstätten mit einem Wiederanstieg der Zahlen.“
Dieser Trend zeichnet sich bereits seit wenigen Tagen ab. Seit vergangenen Freitag, 19. Februar, steigt die Inzidenz wieder leicht an, dieser Trend ist auch bayern- und landesweit spürbar und schlägt sich in der unmittelbaren Nachbarschaft durch steigende Inzidenzen nieder. Politik wie Medizin warnen vor einer dritten Welle. In Augsburg wurden sowohl Virusmutationen der britischen wie der südafrikanischen Variante festgestellt und auch hier steigt die Zahl der Neuinfektionen. Würde im Landkreis die Inzidenz wieder über die Marke von 100 springen, bedeutet das wohl das Ende des erst seit Montag umgesetzten Wechselunterricht für die Schüler: Die Kinder würden wieder Zuhause lernen müssen. So zumindest ist die aktuelle Vorgabe der Staatsregierung in München.
Doch ist es angesichts der allgemeinen Entwicklung realistisch, dass die Corona-Lage im Landkreis so positiv bleibt? Wohl kaum – wie auch Dr. Hesse bestätigt. Zwar würde die allgemeine Lage vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eingeschätzt werden und die Informationen über das Robert-Koch-Institut laufen. Doch sie macht klar: „Da es sich um eine Pandemie handelt, kann der Landkreis nicht isoliert betrachtet werden.“