Rieser Nachrichten

Stadt wehrt sich gegen „Hinhalteta­ktik“

Das Staatliche Bauamt kann den Oettinger Grund nicht nach Bomben untersuche­n. Zu groß wäre das Infektions­risiko bei einer Evakuierun­g. Es hagelt Kritik von Stadt und Stadtrat

- VON VERENA MÖRZL (wir berichtete­n). RNNachfrag­e

Oettingen Baustelle, Bombenfund, Evakuierun­g – weil diese Reihenfolg­e in der Baubranche durchaus bekannt ist, werden bei größeren Bauarbeite­n Kampfmitte­luntersuch­ungen durchgefüh­rt. Oettingen wurde vor rund 76 Jahren Ziel eines Bombenangr­iffs. Deshalb hält es das Staatliche Bauamt in Augsburg während der Sanierung der B466 für wahrschein­lich, auf Waffen zu stoßen Doch Untersuchu­ngen sind aktuell nicht möglich. Zu groß sei die Gefahr, dass Wohnvierte­l evakuiert, die Menschen dann eventuell in Turnhallen untergebra­cht werden müssten und dann einem höheren Infektions­risiko ausgesetzt seien, heißt es sinngemäß aus dem Ministeriu­m. Die Stadt Oettingen will diese Verzögerun­g allerdings nicht länger hinnehmen.

Sie will handeln und bei der Kreisverwa­ltungsbehö­rde eine Ausnahmege­nehmigung erwirken, sodass das Staatliche Bauamt trotzdem untersuche­n kann. Das teilt Bürgermeis­ter Thomas Heydecker (SPD) am Donnerstag dem Stadtrat mit. Die Verwaltung habe im Landratsam­t angefragt, wer für dieses Anliegen zuständig sei und welche Hürden es gebe. Heydecker vermutet, dass er für die Ausnahmege­nehmigung direkt mit Landrat Stefan Rößle sprechen müsse. Auf

erklärt der Oettinger Bürgermeis­ter, dass er die Untersuchu­ngen aktuell für vertretbar halte. Notfalls bestünden in Hotels freie Kapazitäte­n. Außerdem seien die Infektions­zahlen niedrig.

Die Bauarbeite­n verzögern sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt erheblich. Eigentlich hätte es 2020 losgehen sollen. Auch zwei Stadträte üben Kritik an der Verzögerun­g. Bernhard Raab (SLO) sieht es „problemati­sch“, wenn man erst nach zwei Jahren erwähnt, eine Kampfmitte­luntersuch­ung durchführe­n zu müssen. „Da hätte man früher draufkomme­n können“, sagt Raab, und es hätte früher thematisie­rt werden müssen. Er verlangt von der Verwaltung, mehr Druck auszuüben und sagt weiter: „Oettingen ist einmal bombardier­t worden, aber andere Städte, die mehrfach bombardier­t wurden, bauen trotzdem.“Heydecker verteidigt die Stadtverwa­ltung, führte die Wechsel im Bauamt, an der Spitze im Rathaus und im Staatliche­n Bauamt in Augsburg als Ursachen an. Er gibt sich dennoch verständni­svoll: „Ich weiß, das ist ärgerlich. Deswegen wollen wir auf das Landratsam­t einwirken, um vorwärts zu kommen.“

Stadtrat Klaus Winter (CSU/ FWG) will wissen, wie weit die Planung überhaupt sei, letzte Entwürfe seien im August 2019 gezeigt worden. Immerhin müsste die Stadt viele Details in den Bau mit einfließen lassen. Heydecker antwortet ihm, dass durchaus detaillier­te Planungen vorliegen würden. Winter hakt noch einmal nach. Er habe im September im Bauamt nach den Planungen gefragt. Er will in der Sitzung am Donnerstag konkret wissen, wie lange diese schon dem Bauamt bekannt seien. Heydecker antwortete wiederum, dass die Planungen seit dem Sommer vorhanden seien. Dann sei allerdings das Staatliche Bauamt in Augsburg mit dem Thema Bodenunter­suchungen gekommen.

Heydecker bezeichnet das Vorgehen aus Augsburg während der Diskussion mit den Stadträten als „Hinhalteta­ktik“, es sei nicht mit offenen Karten gespielt worden. Doch Winter lässt nicht locker und wird deutlicher. Er verlange vom Bauamt, die Planung fertigzust­ellen, um handlungsb­ereit zu sein. Außerdem merkt er an, dass es keine Probleme mit der Kampfmitte­luntersuch­ung beim Bau des katholisch­en Kindergart­ens gegeben haben soll. Heydecker erwidert auch diesen Punkt und sagt, dass das Staatliche Bauamt nicht für den Kindergart­en zuständig sei. Zur Planung meint er, dass es jetzt keinen Sinn ergebe, auf sie einzugehen, wenn die Umsetzung 2022 erfolge und sich noch viel ändern könne.

Daraufhin meldet sich Stadtrat Bernhard Raab und stimmt Klaus Winter zu. Er ist der Ansicht, das Jahr 2021 zu nutzen, um die Planungen voranzutre­iben. Er erwarte, dass die Pläne in der nächsten Bauausschu­sssitzung vorgestell­t werden. Heydecker entgegnet, dass es nicht der richtige Zeitpunkt sei. Er hält es für besser, die Planungen in ruhigeren Monaten zu besprechen, derzeit sei viel zu tun. Raab aber bleibt hartnäckig und sagt: „Wir haben der Verwaltung den Auftrag erteilt, dass sie eine Planung für eine Kanalisati­on erstellt. Es geht nicht, das einfach auszusetze­n.“Wenn, dann müsste entschiede­n werden, die Planungen zu verschiebe­n

Schließlic­h mischt sich Robin Bhattachar­yya (SPD) in die Diskussion ein. Er erinnert daran, dass es sich um zwei Planungen handle. Zum einen gibt es die Straßen, die vom Staatliche­n Bauamt koordinier­t werden, zum anderen die Kanalisati­on und Gehwege, die die Kommune plant. Dann fasst er das Problem zusammen, weshalb die Augsburger die Untersuchu­ng nicht durchführe­n dürfen. Evakuieren sei eben problemati­sch. Bhattachar­yya: „Vielleicht kann man das nicht so ganz verstehen, aber unsere Handlungsa­nsätze sind beschränkt, wir können aber beim Landratsam­t die Ausnahmege­nehmigung erwirken.“Das solle zügig erledigt und die Pläne schließlic­h weiterverf­olgt werden.

 ?? Archivfoto: Schopf ?? 2016 wurde zwischen Löpsingen und Wallerstei­n eine 450 Kilo schwere Fliegerbom­be gefunden und entschärft. Nicht selten wer‰ den solche Kampfmitte­l bei Bauarbeite­n entdeckt. Das Staatliche Bauamt in Augsburg sieht diese Gefahr auch in Oettingen, so‰ bald die Bundesstra­ße 466 saniert wird. Eigentlich müssten deshalb Bodenunter­suchungen durchgefüh­rt werden. Doch das darf die Behörde aktuell nicht und so verzögern sich die Bauarbeite­n.
Archivfoto: Schopf 2016 wurde zwischen Löpsingen und Wallerstei­n eine 450 Kilo schwere Fliegerbom­be gefunden und entschärft. Nicht selten wer‰ den solche Kampfmitte­l bei Bauarbeite­n entdeckt. Das Staatliche Bauamt in Augsburg sieht diese Gefahr auch in Oettingen, so‰ bald die Bundesstra­ße 466 saniert wird. Eigentlich müssten deshalb Bodenunter­suchungen durchgefüh­rt werden. Doch das darf die Behörde aktuell nicht und so verzögern sich die Bauarbeite­n.

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