Rieser Nachrichten

Ein Traktor fürs Leben

Schon als Kind saß Hermann Beck auf dem Bautz-Traktor, der heute ein Oldtimer ist. Der Ehringer verbindet mit dem Schlepper viele Erlebnisse

- VON LISA GILZ

Alte Autos zu restaurier­en, ist nicht einfach nur Hobby. Es gibt Menschen, die leben für ihre Oldtimer, investiere­n jede Menge Zeit und pflegen ihre automobile­n Schätze wie junge Mütter ihre Neugeboren­en. Ölwechsel statt Windelwech­sel quasi, Liqui Moly statt Pampers. In unserer neuen Serie wollen wir solche Menschen vorstellen und schildern, wie ihre Fahrzeugle­idenschaft aussieht. Nach den ersten beiden Folgen aus Heuberg und Grosselfin­gen geht es diesmal nach Ehringen.

Alte Bilder, noch analog, in SepiaTönen und gerade so groß wie Visitenkar­ten, erzählen folgende Geschichte: Ein neuer Traktor kommt 1955 zu einem Landwirt in Ehringen auf den Hof. Bis dahin hatte der seinen Acker noch mit der Zugkraft von Kühen bestellt. Ein paar Seiten weiter in dem alten Fotoalbum ist auf einem der Bilder ein kleiner Junge zu sehen, der den Traktor übers Feld fährt. „1966“steht unter das Foto geschriebe­n. Da war Hermann Beck gerade 13 Jahre alt und bereits fahrerprob­t mit dem Bautz-Traktor seines Vaters. Um das Fahrzeug, das mittlerwei­le als Oldtimer zählt, kümmert sich der Ehringer immer noch liebevoll.

Der maigrüne Traktor ist nicht besonders groß. Bei moderneren Geräten seien die Vorderreif­en schon häufig größer, als die Hinterreif­en des kleinen Bautz, sagt Hermann Beck. Als sein Vater den Schlepper 1955 für den Hof kaufte, sei das aber ein großes Ding gewesen – rein metaphoris­ch. Nur Großlandwi­rte hätten zu jener Zeit Traktoren gehabt. „Er hat immer erzählt, dass er hier der erste Kleinbauer mit Traktor war“, sagt Beck und lacht dabei. Seit Mitte der 50er war der Schlepper eigentlich fortlaufen­d im Besitz der Familie, nur für eine kurze Zeit wurde er abgegeben. 1998 kam er dann in einem sehr gebrauchte­n Zustand wieder zu Hermann Beck zurück. „Der sollte weggeschmi­ssen werden. Alles war schief und eingedellt“, erzählt Beck.

gelernten Mechaniker störte das aber nicht. Er bekam den Traktor wieder und zerlegte ihn kurzerhand in rund 180 Einzelteil­e. Zu dem Anlass hat er sogar ein zweites Fotoalbum angelegt, das sich den Arbeiten am Bautz widmet.

Auf den Bildern sieht man häufig den Oldtimer-Freund selbst, vollgeschm­iert mit Motoröl, aber auch seine Frau und Kinder tauchen auf Bildern neben den Taktorteil­en auf. „Mir wurde von allen geholfen“, sagt der 67-Jährige. Für die Generalübe­rholung hat der Rentner sogar selbst beim Lackieren Hand angelegt. Ihm sei wichtig gewesen, den original Schriftzug zu erhalten, sagt er. „Bautz, 14 PS“leuchtet in gelben Lettern auf der Motorhaube, so wie früher. Damit der Traktor nicht Opfer von Staub und Kratzern wird, legt Beck eine Decke auf den Traktor, wenn er ihn wieder in die Garage fährt.

Während der Bautz früher auf dem Acker zum Einsatz kam, nutzt ihn Beck heute nur noch für Oldtimertr­effen. Selbst für seine Hobbylandw­irtschaft sei Tempo 19,5 einfach nicht genug. Zur Veranschau­lichung: Wenn sie zum Oldtimertr­effen in Dinkelsbüh­l fahren, dann brauchen Beck und seine Frau Elisabeth etwa zwei Stunden. Das sei aber nicht schlimm, da man auf dem Weg auch andere alte Schlepper trifft und jeder so langsam fahren würde, sagt das Ehepaar.

Nicht nur mit dem Schlepper machen sie Ausflüge. Neben dem kleinen Traktor steht ein Fahrzeug, das an einen Safariwage­n mit sehr großen Reifen erinnert. Ebenfalls in Grün, mit einer breiten Windschutz­scheibe, aber offenem Sitzund Laderaum, sieht der UnimogSchl­epper nicht aus wie ein Oldtimer. Der Lack glänzt und es sind auf den ersten Blick keine Makel zu sehen. Beck hat, wie auch von seinem Bautz-Traktor, Fotos von dem UniDen mog 421, als er ihn gerade gekauft hat. Von dem Rost, der große Löcher in die Bleche gefressen hat, ist nichts mehr zu sehen. Auch die fehlenden Teile hat er originalge­treu ausgetausc­ht. Als der 67-Jährige den Schlepper gekauft hatte, konnte er keinen Meter damit fahren. Einige Jahre hat Beck für die Reparature­n gebraucht. Jetzt kann das Fahrzeug von 1970 wieder seine Höchstgesc­hwindigkei­t von 57 Stundenkil­ometer voll ausschöpfe­n. „Wenn er dann will“, betont Elisabeth Beck mit einem Lächeln. Bei einer Probefahrt tuckert der Schlepper gemächlich an dem alten Bautz vorbei und rollt vom Hof auf die Straße. Vier Hebel sind in der Mittelkons­ole für die Gangschalt­ung und damit für 24 unterschie­dliche Einstellun­gen verantwort­lich. Unter anderem für den „Kriechgang“, bei dem nur ein Blick auf die Reifen verrät, dass sich der Schlepper überhaupt vorwärts bewegt.

 ?? Foto: Lisa Gilz ?? Hermann Beck ist mit dem Bautz‰Schlepper schon gefahren, als er in der ersten Klasse war. In den 90ern hat er den Traktor selbst generalübe­rholt.
Foto: Lisa Gilz Hermann Beck ist mit dem Bautz‰Schlepper schon gefahren, als er in der ersten Klasse war. In den 90ern hat er den Traktor selbst generalübe­rholt.

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