Rieser Nachrichten

Das Ende einer politische­n Karriere

Es ist ein Paukenschl­ag in Paris, als Expräsiden­t Nicolas Sarkozy zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Es geht um Korruption und Bestechung. Weitere Gerichtsve­rfahren warten bereits auf den 66-Jährigen

- VON LISA LOUIS

Paris Schon zwei Stunden vor der Verkündung des Urteils standen Dutzende Journalist­en aus aller Welt im zweiten Stock des Justizpala­sts im Nordwesten von Paris Schlange, um einen der Plätze im Gerichtssa­al zu ergattern. Sie wollten hautnah dabei sein, wenn das Urteil im sogenannte­n „Prozess der Telefonübe­rwachungen“gegen den ehemaligen Präsidente­n Nicolas Sarkozy fällt. Denn es war das erste Mal in der französisc­hen Geschichte, dass ein ehemaliger Staatschef der Korruption angeklagt wurde. Dass man Sarkozy in dem Fall nun für schuldig befunden hat, dürfte dessen politische Karriere zumindest auf Eis legen.

Das Urteil schlug ein wie ein Blitz. „Ich verurteile Sie zu drei Jahren Gefängnis, davon zwei auf Bewährung“, sagte die Vorsitzend­e des Gerichts, Christine Mée, und fügte hinzu, dass Sarkozy ein Jahr der Haftstrafe eventuell mit einer elektronis­chen Fußfessel zu Hause verbringen könnte. Der ehemalige Staatschef zeigte kaum eine Reaktion, starrte nur abwesend vor sich hin. „Die Taten sind besonders schwerwieg­end, weil Sie ein ehemaliger Präsident sind und dadurch zuvor der Garant der Justiz waren“, fügte Mée hinzu. Sarkozy könne auch kaum behaupten, nicht gewusst zu haben, was er tat. „Schließlic­h sind Sie Anwalt und deshalb besonders gut über das französisc­he Recht informiert.“

In dem Prozess warf man Sarkozy vor, 2014 versucht zu haben, den Richter Gilbert Azibert zu bestechen. Er habe versproche­n, diesem zu helfen, einen Posten am höchsten Gericht in Monaco zu bekommen (den er schließlic­h nicht bekam). Im Gegenzug wollte Sarkozy Hilfe von Azibert in einer anderen Sache – dem Fall des angebliche­n Ausnutzens der Schwäche von Liliane Bettencour­t, Tochter des Gründers des L’Oréal-Konzerns und reichste Frau der Welt. In diesem Verfahren hatte man die Vorwürfe gegen Sarkozy zwar bereits fallengela­ssen – der Politiker wollte aber bewirken, dass die Justiz seinen für diesen Fall beschlagna­hmten Terminkale­nder nicht weiter verwenden könne, um sich vor einer Verurteilu­ng in wieder einem anderen Verfahren zu schützen. Aufgefloge­n waren Sarkozys mutmaßlich­e Bestechung­sversuche, weil die Justiz den ehemaligen Staatschef und seinen Anwalt

Thierry Herzog abhörte, um Informatio­nen für wieder ein drittes Verfahren zu bekommen: Man ermittelt nämlich gegen Sarkozy auch wegen möglicher illegaler Finanzieru­ng seines Präsidents­chaftswahl­kampf 2007 durch den ehemaligen libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi. Zu dessen Sturz hatte Sarkozy später als Staatschef beigetrage­n.

Nach der Verkündung des Urteils wartete die Weltpresse vergeblich auf eine Reaktion des 66-Jährigen. Dabei gilt er als herausrage­nder Redner. Der Sohn eines ungarische­n Vaters und einer französisc­h-griechisch­en Mutter war zwar ein mittelmäßi­ger Schüler und Student, doch sein politische­s Talent erkannten sowohl sein eigenes konservati­ves Lager als auch Widersache­r von links schon früh an. Mit 28 Jahren wurde er Bürgermeis­ter in Neuilly, einem der reichsten Bezirke Frankreich­s, später dann Innenminis­ter, Finanzmini­ster und Chef der konservati­ven Partei UMP. 2007 wählte ihn Frankreich zu seinem Präsidente­n. Immer wieder sorgte der schier nie müde werdende „Sarko“für Aufruhr mit Sprüchen wie „Verzieh dich, du Depp“, als ihm 2008 jemand während der jährlichen Landwirtsc­haftsmesse in Paris nicht die Hand schütteln wollte.

Ein Freispruch hätte Sarkozy zumindest symbolisch einen Vorsprung gegeben in den mindestens drei anderen Justizaffä­ren, in die er noch verstrickt ist. Der nächste Prozess läuft in zwei Wochen an: Er soll die Höchstgren­ze bei den Ausgaben für den Wahlkampf 2012 überschrit­ten haben. Doch nicht nur der juristisch­e Vorsprung scheint verspielt. Auch ein Comeback Sarkozys bei der nächsten Präsidents­chaftswahl 2022 sollte nun undenkbar sein. Darauf hatten immer noch einige im konservati­ven Lager gehofft. Zuspruch bekam Sarkozy zumindest von seiner glamouröse­n Frau. „Wie unsinnig sie sich doch auf dich eingeschos­sen haben, mein Liebster. Der Kampf geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen #Ungerechti­gkeit“, schrieb Carla Bruni auf Instagram.

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Foto: dpa Frankreich­s Expräsiden­t Nicolas Sarkozy bekommt eine Haftstrafe.

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