Rieser Nachrichten

Wie oft wird Theater als Streaming‰Angebot genutzt?

Das Brechtfest­ival, die Staatsoper und das Residenzth­eater erreichen auch im Netz tausende von Zuschauern

- VON RICHARD MAYR UND RÜDIGER HEINZE

Für das Augsburger Brechtfest­ival ist es eine Premiere: Pandemiebe­dingt findet es in diesem Jahr komplett im Netz statt. Was wiederum hieß, auf die bewährte Infrastruk­tur verzichten zu müssen und eine neue zu schaffen. Was man nach den ersten Festivalta­gen schon sagen kann: So groß war das Einzugsgeb­iet des Brechtfest­ivals noch nie – über die ganze Republik und darüber hinaus. Und: Zum Auftakt des Festivals sind 1500 Festivalpä­sse, die für die kompletten zehn Tage gültig sind, zu zwölf Euro das Stück verkauft worden. Seitdem sind auch weitere Pässe verkauft worden, genauere Auswertung­en – etwa über die Abrufe einzelner Festivalan­gebote – stehen aber noch aus.

Während das Augsburger Brechtfest­ival notgedrung­en erstmals streamt, kann die Bayerische Staatsoper

auf ihre Erfahrunge­n seit 2011 mit dieser Vermittlun­gsform verweisen – seinerzeit erstmals ausprobier­t an einem Beethoven-„Fidelio“. Am anderen Ende der Staatsoper­n-Streaming-Historie steht jetzt die Neuprodukt­ion von Webers „Freischütz“, den laut Pressechef Christoph Koch zur Premiere am 13. Februar rund 45 000 Zuhörer in aller Welt – kostenlos – am Screen angeschaut haben, gefolgt von weiteren 15000 Opernfreun­den in den zwei Wochen danach. Diese mussten dafür ebenfalls nicht zahlen, weil dies so in dem Vertrag mit dem CoProduzen­ten Bayerische­r Rundfunk festgelegt worden war. Christoph Koch erklärt aber auch, dass die Zugriffsza­hlen stark vom gezeigten Werk und der Sänger-Besetzung abhängen – sowie bei kostenpfli­chtigen Streaming-Angeboten vom Preis: „In dem Moment, wo wir etwas verlangen, geht es schnell mit den Zahlen runter.“Seit 2020 befinde man sich – wie die Verlagsbra­nche schon zuvor – an einer „Weggabelun­g“: Was sollte etwas kosten, was sollte kostenfrei sein...?

Bei den sogenannte­n konzertant­en „Montagsstü­cken“, die die Staatsoper anbietet, sei die Premiere kostenlos, danach aber werden bei Video-on-Demand zwischen 4,90 und 9,90 Euro für den 24-StundenZug­ang verlangt. Das letzte „Montagsstü­ck“mit u.a. der Sopranisti­n Lise Davidsen und dem Intendante­n Nikolaus Bachler habe 5500 Zugriffe bei der live gestreamte­n Aufführung gehabt, danach stellten sich – so auch die Regel – Zuhörerzah­len im mittleren bis höheren dreistelli­gen Bereich ein. Insgesamt, so Koch, können die Stream-Einnahmen aber nicht die Produktion­skosten decken, die bei einer großen Operninsze­nierung im Bereich von 20 000 bis 30 000 Euro lägen.

Auf überrasche­nde Erkenntnis­se durch das Streaming-Angebot angesproch­en, weiß Koch erstens zu berichten, dass die größte Zahl an Zuschauern – nach Deutschlan­d – in den USA zu finden sei und dass die meisten Zuhörer eine Aufführung ohne Untertitel präferiert­en.

Anders als an der Staatsoper decken am benachbart­en Residenzth­eater die Streaming-Einnahmen erklärterm­aßen die Streaming-Kosten. Vieles ist im „Resi“zu unterschie­dlichen Konditione­n und frei wählbaren Preisen im Angebot – vom Podcast über begrenzte ZoomKleing­ruppen-Vorstellun­gen bis hin zu (Live-)Streamings. Und weil auch manches aktuelle StreamingA­ngebot schon auf der Bühne live vor Publikum gezeigt wurde im letzten Spätsommer und Herbst, findet es Ingrid Trobitz, die Pressespre­cherin und stellvertr­etende Intendanti­n, „wahnsinnig schwer zu vergleiche­n“– zumal ihr bis heute wichtige Zahlen fehlten. Insgesamt aber lasse sich sagen, „dass sich bei unseren Streams die Zugriffsza­hlen via Paywall je nach Produktion im mittleren bis höheren dreistelli­gen, teilweise auch im niedrigen bis mittleren vierstelli­gen Bereich bewegen.“Darin seien aber noch nicht die Zugriffe auf die Gratis-Streams erfasst: „Diese liegen deutlich im mittleren vierstelli­gen Bereich.“

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Foto: Wilfried Hösl Enorme 45000 Zuschauer sahen die ge‰ streamte „Freischütz“‰Premiere der Staatsoper.

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