Rieser Nachrichten

Ein Denkzettel für AstraZenec­a

Aufregung um das Ausfuhrver­bot der Impfstoff-Dosen für Australien

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Am Tag nach dem Impfstoff-Eklat bemühten sich alle Beteiligte­n um Deeskalati­on. Die italienisc­he Regierung hatte am Donnerstag die Ausfuhr von 250000 Dosen des AstraZenec­a-Vakzins nach Australien gestoppt – ein beispiello­ser Vorgang. Der australisc­he Premier Scott Morrison zeigte Verständni­s: „In Italien sterben etwa 300 Menschen am Tag. Sie befinden sich in einer unkontroll­ierten Krisensitu­ation. Das ist in Australien nicht der Fall.“Tatsächlic­h richtete sich die Aktion nicht gegen das Land am anderen Ende der Welt, sondern gegen das britisch-schwedisch­e Unternehme­n AstraZenec­a. Italiens Außenminis­ter Luigi di Maio schrieb auf Facebook, dass die Sperre „kein feindliche­r Akt gegenüber Australien“sei.

Die Geschichte begann offenbar schon in der Vorwoche, als die Staats- und Regierungs­chefs der EU zusammensa­ßen. Dabei habe sich der neue italienisc­he Premier Mario Draghi über die Politik von AstraZenec­a erregt, weil das Unternehme­n das für die EU-Staaten bestimmte Kontingent von 80 Millionen Impfdosen um die Hälfte gekürzt hatte – ohne dafür stichhalti­ge Gründe zu nennen. Parallel zum Treffen der Staatenlen­ker stellten sich die Chefs der großen ImpfstoffH­ersteller den Fragen von Europaabge­ordneten – darunter auch AstraZenec­a-Chef Pascal Soriot.

Die Christdemo­kratin Esther de Lange wollte von Soriot wissen, warum „Ihr Unternehme­n die Lieferunge­n an die EU kürzt, aber nicht die Exporte in andere Teile der Welt wie nach Großbritan­nien oder nach Australien?“. Soriot wand sich, beschrieb wortreich, man arbeite an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr, um seine Lieferzusa­gen zu erfüllen. Draghi, so sagten Beobachter,

habe, als er von diesem Auftritt hörte, „vor Wut geschäumt“. Einen Tag später beantragte seine Regierung in Brüssel den Exportstop­p. Die EU-Kommission kann nach ihrem neuen Regelwerk das Ansinnen ablehnen, annehmen oder schweigen. Dieses Mal schwieg man – legte also kein Veto ein.

In Brüssel trat der Chefsprech­er der Kommission, Eric Mamer, dem Eindruck entgegen, die EU wolle nun keine Vakzine mehr ausführen. „Wir sind der größte Impfstoff-Exporteur der Welt“, betonte er und verwies darauf, dass zwischen dem 30. Januar und dem 1. März 2021 insgesamt 174 Exportgene­hmigungen für Vakzine bei der EU-Verwaltung eingingen, die für 30 Länder bestimmt waren – darunter Großbritan­nien, die USA, Kanada, China, Japan und Australien. In keinem Fall habe man den Export verboten – bis jetzt. Liegt es daran, dass bislang

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