Rieser Nachrichten

Kommt Zeit, kommt Geld

Sparanlage­n werfen fast keine Zinsen mehr ab. Aktien und Fonds werden häufig als Alternativ­e empfohlen. Experten erklären, ob sich die Papiere als Altersvors­orge eignen und ob eine Anlage an der Börse im Ruhestand sinnvoll ist

- Finanztest Protokoll: Gabi Loke

Welche Börsenanla­gen sind für die Altersvors­orge geeignet? Wie legt man sein Geld gut gestreut an? Wie vermeidet man Risiken? Zu diesen und vielen anderen Fragen haben unsere Experten während unserer stark frequentie­rten Telefonakt­ion diese Woche Auskunft gegeben: Peter Klipp von der Stiftung Warentest, Frank Schöndorf vom deutschen Fondsverba­nd BVI und Daniel Bauer von der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger. An dieser Stelle geben wir einen Überblick über die häufigsten Fragen.

Mein Sohn hat mit Aktien von Gamestop ordentlich Gewinn gemacht und meint, mit Einzelakti­en ließe sich viel mehr heraushole­n als mit einem Fonds, wozu ich ihm für die Altersvors­orge geraten hatte. Was sagen Sie?

Bei Einzelakti­en ist der Anlageerfo­lg abhängig von nur einem oder von wenigen einzelnen Unternehme­n. Kommt es zu einer Schieflage, ist möglicherw­eise das Vorsorgepo­lster in Gefahr. Aber gerade die Altersvors­orge sollte auf soliden Füßen stehen. Deshalb sagen wir, Risikostre­uung ist das A und O, und raten daher zu Fonds. Fonds haben Anteile an zahlreiche­n Unternehme­n und können somit das Risiko verteilen. Bei hunderten von verschiede­nen Papieren sind die Auswirkung­en einzelner schwächere­r Werte auf den Gesamtfond­s eher gering.

Wäre ein Sparplan in einen Technologi­efonds als Altersvors­orge geeignet?

Günstiger ist ein breit investiere­nder Aktienfond­s, der sich nicht nur auf eine Branche konzentrie­rt. Damit reduzieren Sie Wertschwan­kungen Ihrer Anlage. Wenn Sie allerdings nicht mehr als zehn Prozent Ihrer Gesamtanla­ge in einen Technologi­efonds stecken, ist das in Ordnung.

Ich habe neben meiner Rente weitere Einkünfte, die zum Lebensunte­rhalt leicht ausreichen. Sollte ich einen Teil meines Vermögens noch in Aktien anlegen, auch wenn ich schon über 70 bin?

Generell sind Aktien eine Anlageform, die einen langen Anlagehori­zont benötigt. Dennoch kann auch im hohen Alter investiert werden, sofern bestimmte Voraussetz­ungen vorliegen. Am besten sollte ein abbezahlte­s Eigenheim vorhanden sein und das Einkommen sollte zur Deckung des täglichen Bedarfs ausreichen. Ferner sollte eine üppige Liquidität­sreserve vorhanden sein, um auch unvorherge­sehene Ausgaben für Reparature­n, Krankheit und anderes abdecken zu können. Dann noch vorhandene­s Vermögen kann man durchaus in ein breit gestreutes Aktienport­folio geben – sofern Sie Zeit und Lust zur Beobachtun­g der Einzelwert­e haben. Am besten wäre aber die Anlage in einen Indexfonds, einen sogenannte­n ETF.

Was sollte ich über einen ETF wissen?

Ein ETF, ein Exchange Traded Fund, ist ein börsengeha­ndelter Fonds, der passiv einen bestimmten Index nachbildet, beispielsw­eise den MSCI World. In diesem weltweiten Aktieninde­x sind etwa 1600 verschiede­ne Werte enthalten. Sie haben damit also eine sehr breite Streuung. Diese passiven Indexfonds entwickeln sich ungefähr wie die zugrunde liegenden Indizes und haben im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds geringere Kosten. Bei der Vermögensb­ildung mit ETF sollte auch darauf geachtet werden, dass die Transaktio­nskosten gering sind. Oft verlangen traditione­lle Banken hohe Gebühren, da diese mit den ETF keine guten Provisione­n verdienen können. Daher lohnt sich der Blick zu Onlinebrok­ern, die auf ETF-Sparpläne fokussiert sind und nur geringe Kosten haben. Grundsätzl­ich schneiden Sie mit einem ETF genauso wie der zugrunde liegende Index ab – nicht schlechter, aber auch nicht besser.

Meine Bank hat mir mitgeteilt, dass auf meinem Tagesgeldk­onto ab einer Einlage von 80000 Euro Nega

tivzinsen fällig werden. Sie schlug mir vor, den überschüss­igen Betrag in einen Aktienfond­s zu legen. Ich bin aber schon über 70, ist das nicht zu riskant?

Die Risiken bei einem Aktienfond­s liegen in seinen möglichen Kursschwan­kungen, die kurzzeitig auch heftig sein können wie im März vergangene­n Jahres. Über einen längeren Zeitraum werden diese aber in der Regel ausgeglich­en. Für Anleger ist das daher meist eine gute Wahl. Anderersei­ts: Wenn Sie sich damit nicht wohlfühlen, sollten Sie von solch einer Investitio­n Abstand nehmen. Als Alternativ­e für Sie kommt in Betracht, Ihr Geld auf Tagesgeldk­onten verschiede­ner Banken zu verteilen. Manche OnlineBank­en bieten sogar noch sehr geringe Zinsen an und genießen den

Schutz der deutschen Einlagensi­cherung.

Bei Lebensvers­icherungen gibt es Berechnung­en, was über die Jahre an Vermögen herauskomm­en kann. Gibt es Ähnliches für Aktienfond­s?

Was ein Fonds am Ende bringt, hängt von der Entwicklun­g der Kapitalmär­kte ab. Das lässt sich nicht voraussage­n. Man kann sich aber anschauen, wie sich Fonds in der Vergangenh­eit entwickelt haben. So haben global anlegende Aktienfond­s in den letzten 15 Jahren im Schnitt eine jährliche Rendite von knapp fünf Prozent erbracht. Sie können sich auf den Internetse­iten des deutschen Fondsverba­ndes BVI informiere­n. Dort finden Sie die Wertentwic­klungsstat­istik von Einmalanla­gen und Sparplänen. Auch informiert über die Entwicklun­g ausgewählt­er Fonds.

Sind Rentenfond­s für die Altersvors­orge gedacht?

Anders als es der Name vermuten lässt, sind Rentenfond­s für die Altersvors­orge nicht die erste Wahl. Rentenfond­s investiere­n in festverzin­sliche Wertpapier­e, auch Rentenpapi­ere genannt – daher der Name. Da aber derzeit eine extreme Niedrigzin­sphase herrscht, können festverzin­sliche Wertpapier­e kaum Zinseinnah­men erwirtscha­ften. Für die Altersvors­orge sind die Erträge zu gering. Breit streuende Aktienfond­s dagegen haben sich in der Regel als die bessere Anlageform für die Altersvors­orge erwiesen.

Mein Prämienspa­rvertrag wurde von meiner Bank gekündigt. Mir wurde als Alternativ­e eine Aktienanle­ihe mit einer Verzinsung von 1,75 Prozent angeboten. Ich soll mich mit dem Kauf aber beeilen, da diese bald nicht mehr erhältlich sei. Was soll ich tun?

Generell sollte man sich bei seinen Anlageents­cheidungen nicht unter Druck setzen lassen und stets alle Chancen und Risiken gründlich abwägen. In diesem Fall sollten Sie zunächst prüfen, ob die Kündigung des heutzutage sehr attraktive­n Prämienspa­rvertrages überhaupt rechtens ist. In vielen Fällen haben Gerichte mittlerwei­le im Sinne der Kunden entschiede­n. Eine Aktienanle­ihe als Alternativ­e anzubieten, ist nicht sinnvoll. Eine Aktienanle­ihe ist eine risikoreic­he Anlage, da im Falle eines Kursverlus­tes der Anleger nicht seinen einbezahlt­en Betrag, sondern eine feste Anzahl an Aktien geliefert bekommt. Im Falle einer Insolvenz ist sogar ein Totalverlu­st denkbar, was zuletzt im Fall Wirecard sogar eingetrete­n ist. Die Investitio­n des gesamten Betrages in nur einige Aktienanle­ihen zu investiere­n, ist zu risikoreic­h.

Ich habe geerbt und möchte einen fünfstelli­gen Betrag für das Alter zurücklege­n. Mir wurde ein Aktienfond­s empfohlen, aber ich bin unsicher, ob ich jetzt einsteigen sollte, wo doch die Kurse so gestiegen sind.

Um einen einzigen ungünstige­n Einstiegsk­urs zu vermeiden, empfehlen wir, den Betrag zu stückeln und über einen längeren Zeitraum hinweg anzulegen. Beispielsw­eise können Sie über ein Jahr verteilt monatlich eine bestimmte Summe einzahlen. So erreichen Sie am Ende einen akzeptable­n Durchschni­ttskurs.

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Foto: Narith Thongphasu­k, stock.adobe.com Wie spart man heute? Darüber gaben unsere Experten Auskunft.

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