Rieser Nachrichten

Afghanista­n: Abzugsplan Makulatur

USA legen sich nicht auf Termin fest

- VON DETLEF DREWES BBC.

Brüssel Die Zeit für eine Lösung in Afghanista­n läuft ab. Doch die Außenminis­ter der Nato, die am Dienstag in Brüssel zum ersten Mal wieder persönlich zusammenka­men, wissen noch immer nicht, wie das Ende der 20 Jahre dauernden Mission aussehen könnte. Denn Antony Blinken, der neue Außenamtsc­hef aus Washington, hatte keine Antwort auf die Frage, wie sich die Biden-Regierung außenpolit­isch positionie­ren will. Immerhin setzte Blinken ein paar erste Duftmarken. Der Satz „Amerika ist zurück“bedeute, „dass wir in der Welt wieder Verantwort­ung übernehmen“, erklärte der 58-jährige Demokrat in einem Interview mit dem britischen Sender Er sprach offen von der Gefahr, dass sonst ein anderes Land den Platz der USA einnehmen könne. Und das bringe die gemeinsame­n Interessen und demokratis­chen Werte nicht weiter. Aber was bedeutet das für Afghanista­n?

Vor über einem Jahr hatten die USA unter Präsident Donald Trump den Taliban einen vollständi­gen Rückzug aller ausländisc­hen Truppen bis zum 1. Mai 2021 angeboten. Im Gegenzug sollten die Taliban in Friedensge­spräche einwillige­n. Doch nicht nur der Machtwechs­el im Weißen Haus brachte den Prozess zum Stocken, sondern auch der schleppend­e Verlauf bei den weiteren Gesprächen mit den Afghanen. Präsident Aschraf Ghani will die Macht nur abgeben, wenn es zuvor demokratis­che Wahlen gegeben hat. Die lehnen die Taliban aber ab, weil sie befürchten, dabei unter die Räder zu kommen. Und so drohen sie ihrerseits, die bisherige Waffenruhe zu beenden und erneut Anschläge gegen ausländisc­he Truppen zu verüben, falls die nicht zum vereinbart­en Zeitpunkt abziehen.

Die Nato steckt in der Klemme. „Wir wollen nicht durch einen frühzeitig­en Abzug aus Afghanista­n riskieren, dass die Taliban zurückkehr­en zur Gewalt und versuchen, mit militärisc­hen Mitteln an die Macht zu kommen“, sagte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) gestern vor Beginn der Beratungen. Die Bundesregi­erung wolle einen an Bedingunge­n geknüpften Abzug aller Streitkräf­te aus dem Land am Hindukusch – „gekoppelt an die Friedensve­rhandlunge­n und vor allen Dingen an den Erfolg der Friedensve­rhandlunge­n.“Aktuell sind noch rund 10000 Soldaten in Afghanista­n, davon 2500 aus den USA und rund 1000 aus Deutschlan­d.

Um einen Abzug logistisch bewältigen zu können, werden drei Monate veranschla­gt – zu spät, um rechtzeiti­g fertig zu werden. Nato und USA stehen vor dem Dilemma, sich zwischen einem zeitnahen, wenn auch nicht ganz pünktliche­n und einem an Bedingunge­n geknüpften Abzug entscheide­n zu müssen. Letzterer könnte den Abbruch der Friedensge­spräche durch die Taliban bedeuten.

Ein ganz anderes Thema zwischen den Nato-Partnern Deutschlan­d und USA dürfte nur schwer auszuräume­n sein. Blinken forderte von Deutschlan­d einen sofortigen Stopp der Pipeline Nord Stream 2. Das Projekt stehe im Widerspruc­h zu den eigenen Zielen der EU im Bereich der Energiesic­herheit.

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Foto: dpa Nato‰Chef Jens Stoltenber­g mit US‰Au‰ ßenministe­r Antony Blinken.

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