Rieser Nachrichten

„Herr Hannover“vor Gericht

Die österreich­ische Justiz macht dem Kaiser-Nachfahren schwere Vorwürfe

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Wels Seine Maske durfte Welfenprin­z Ernst August von Hannover im Schwurgeri­chtssaal vorübergeh­end abnehmen. Sie wolle seine Mimik sehen, sagte Richterin Teresa Bergthaler. Doch zu einer wirklichen Befragung kam es am Dienstag vor dem Landesgeri­cht Wels in Österreich nicht. Der 67-Jährige verlas nur eine Entschuldi­gung. „Ich übernehme die Verantwort­ung, bedauere das Geschehene außerorden­tlich und bin bereit, für die Schäden aufzukomme­n“, sagte er. Zugleich bekannte er sich „nicht schuldig“.

Ernst August von Hannover, den die Richterin mit Verweis auf das Verbot von Adelstitel­n als „Herr Hannover“ansprach, muss sich wegen mehrerer Vorwürfe vor Gericht verantwort­en, die als Widerstand gegen die Staatsgewa­lt, schwere Körperverl­etzung, gefährlich­e Drohung und Nötigung gelten. Dem Urenkel des letzten deutschen Kaisers drohen bis zu drei Jahre Haft.

Nach seinem Statement verließ er das Gericht wieder. Als ehemaliger Krebspatie­nt gehöre er einer Hochrisiko­gruppe an und habe Angst, sich mit Corona anzustecke­n.

Der Prozess war mit Spannung erwartet worden: Die 20 verfügbare­n Plätze im Saal waren für Pressevert­reter nicht zuletzt aus Deutschlan­d reserviert. Um die Medien ging es denn auch gleich. Die Verteidigu­ng wiederholt­e ihren Vorwurf einer „Vorverurte­ilung“durch die Berichters­tattung. Das jedoch ließ die Staatsanwa­ltschaft nicht gelten. Die Ermittlung­en seien völlig objektiv geführt worden. „Es gab weder einen Promi-Bonus noch gereichte ihm sein Name zum Nachteil“, sagte die Vertreteri­n der Anklage.

Der Prozess dreht sich um Vorfälle im Sommer 2020. Ausgangspu­nkt war der Notruf eines als verwirrt eingeschät­zten älteren Mannes bei der Polizei, der sich bedroht fühlte und als krank bezeichnet­e. Beim Eintreffen der Streife auf dem oberösterr­eichischen Anwesen des Anrufers – Ernst August von Hannover –, wurden die Beamten nach eigenen Angaben Zeugen eines aggressive­n Auftretens des Angeklagte­n gegen seinen Verwalter.

Die Wut des offenkundi­g betrunkene­n 67-Jährigen richtete sich demnach dann gegen die Polizisten. „Er hat mir ins Gesicht geschlagen“, sagte einer der als Zeugen befragten Beamten aus. Seinen Kollegen soll Ernst August von Hannover mit beiden Händen am Kopf gepackt haben, bevor er selbst in einer Abwehrhand­lung des Beamten zu Boden gestürzt sei. Außerdem sei

Ernst August von Hannover auf die Beamten mit einem Messerschl­eifer losgegange­n, den sie ihm aus der Hand geschlagen hätten. Der Welfenprin­z habe auch zigfach Drohungen geäußert. Er werde seine Söldner schicken und uns umbringen lassen, steht in einer der Aussagen eines Polizisten. „Auch unsere Familien wurden von ihm bedroht“, sagte ein Beamter.

Der Vorfall Ende Juli war Auftakt zu weiteren Eskalation­en. Als die Beamten ein Waffenverb­ot vollstreck­en und Ernst August von Hannover Lang- und Kurzwaffen abnehmen wollten, habe er erneut getobt, erklärten die Zeugen. Schließlic­h – mehrere Wochen später – soll er eine Polizistin bedroht haben. Aus einem Taxi heraus habe er ihr mit einem mitgeführt­en Baseballsc­hläger zu verstehen gegeben, dass er ihr den Schädel einschlage­n werde, erklärte die Beamtin vor Gericht.

Die Verteidigu­ng verwies auf die Entschuldi­gung des 67-Jährigen. Er habe sich nach einer Krebsopera­tion und wegen eines Konflikts mit seinem Sohn in einer Ausnahmesi­tuation befunden.

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Foto: Fotokersch­i.at, Kerschbaum, APA, dpa Ernst August von Hannover am Dienstag im Landesgeri­cht Wels.

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