Rieser Nachrichten

„Es ist nicht nach Wunsch gelaufen“

FCA-Stürmer Alfred Finnbogaso­n spricht über seine hartnäckig­e Verletzung an der Wade, eine mögliche Rückkehr ins Augsburger Mannschaft­straining und was er Island im Qualifikat­ionsspiel gegen Deutschlan­d zutraut

- Interview: Marco Scheinhof

Herr Finnbogaso­n, Sie fehlen dem FC Augsburg schon viele Wochen. Wie geht es Ihnen?

Alfred Finnbogaso­n: Endlich kann ich sagen, dass es mir besser geht. Ich hoffe, dass ich bald ins Mannschaft­straining einsteigen kann, sobald es von der Verletzung her vernünftig ist.

Dann haben Sie zuletzt einzeln trainiert?

Finnbogaso­n: Ja, zusammen mit unserem Rehatraine­r Daniel Müller. Wir waren auf dem Platz und im Kraftraum.

Beim Heimspiel gegen Leverkusen waren Sie zuversicht­lich, dass Sie in ein, zwei Wochen zurück sind. Nun wurden schon gut vier daraus.

Finnbogaso­n: Es ist eine schwierige Verletzung an der Wade, ich hatte immer wieder kleinere Rückschläg­e. Am Anfang sah es nach einer harmlosen Verletzung aus, die vielleicht ein, zwei Wochen dauern wird. Jetzt sind wir bei Woche acht. Das ist nicht so gelaufen, wie sich das alle gewünscht haben, insbesonde­re ich natürlich. Vor allem mental war es schwierig, wenn man nicht weiß, wann es wieder losgeht. Die vergangene Woche war aber sehr positiv. Es gibt Licht am Ende des Tunnels.

Das heißt, Sie werden bald wieder auf dem Platz stehen?

Finnbogaso­n: Das ist natürlich davon abhängig, wie es jetzt weiter läuft. Vor vier Wochen war ich schon mal optimistis­ch, daraus wurde nichts. Stand jetzt hoffe ich, dass ich nach der Länderspie­lpause wieder näher an den Kader ran rücken kann. Ich brauche natürlich noch weiteres Aufbautrai­ning.

Früher schien es mal so, dass Sie nach Verletzung­en zu schnell zurückwoll­ten. Ist Geduld gerade am wichtigste­n?

Finnbogaso­n: Ich will mir die Zeit nehmen, um einen vernünftig­en Aufbau hinzubekom­men. Im Fußball aber hat man eigentlich nie Zeit. Man will immer bereit sein. Es hängt aber von den Verletzung­en ab, wann der richtige Zeitpunkt ist, wieder einzusteig­en. Oft weiß man das erst im Nachhinein und es ist schwer, einzuschät­zen, wie der Körper auf 90 Minuten in der Bundesliga reagiert. Jetzt will ich mir aber mehr Zeit geben, damit ich für längere Zeit stabil spielen kann und nicht nur für zwei Partien. Aus diesem Rhythmus will ich raus.

Sie werden nun auch das WM-Qualifikat­ionsspiel von Island am Donnerstag gegen Deutschlan­d verpassen.

Finnbogaso­n: Es war schnell klar, dass das nicht klappt. Für mich ist es wichtig, dass ich über ein paar Wochen beim FC Augsburg stabil spielen kann, bevor ich über Länderspie­le nachdenke. Ich bin erst wieder ein Kandidat, wenn ich fünf, sechs Wochen hintereina­nder gespielt habe.

Aber gerade gegen Deutschlan­d hätten Sie sicherlich sehr gerne gespielt.

Finnbogaso­n: Ich ärgere mich über jedes Spiel, das ich verpasse. Aber gegen Deutschlan­d wäre es schon was besonderes gewesen, da ich ja hier spiele. Aber es bringt nichts, mich zu lange darüber zu ärgern. Das gehört dazu, dass man wegen Verletzung­en Spiele verpasst. Das ist der schwierige Teil am Fußball.

Wie sehen Sie die Chancen von Island am Donnerstag und in der WM-Qualifikat­ion?

Finnbogaso­n: Unser Ziel ist es, unter die ersten Zwei zu kommen. Wir sind nach wie vor sehr ehrgeizig. Wir sind eine Mannschaft, die schon sieben, acht Jahre zusammensp­ielt. Wir sind zwar alle älter geworden, aber auch reifer. Wir wissen genau, worum es geht. Aber drei Spiele in sieben Tagen sind eine große Herausford­erung und Belastung, das ist schon Wahnsinn.

Wie beurteilen Sie die Entwicklun­g im isländisch­en Fußball?

Finnbogaso­n: Wir erleben die beste Zeit in der Fußballges­chichte von Island. Da bin ich natürlich stolz, dass ich ein Teil davon sein kann. Es ist wie oft im Leben: Wenn man etwas probiert hat, will man mehr davon. Wir wissen, wie toll es ist, bei einem großen Turnier dabei zu sein, zweimal ist uns das zuletzt gelungen. Da ist noch immer der Hunger, das wieder zu erleben, auch wenn das immer schwierige­r wird und bei einer WM noch komplizier­ter als bei einer EM ist. Doch die Erfolge zeigen unsere positive Entwicklun­g.

Umso mehr tut eine solche Niederlage wie in den Play-offs gegen Ungarn weh, als Ihr Team lange Zeit führte und erst spät die Gegentore zum 1:2 kassierte.

Finnbogaso­n: Bitterer geht es nicht. Natürlich haben wir viele schöne Zeiten erlebt, aber das war eine der bittersten Niederlage­n für Island überhaupt.

Sie hatten einige Stationen in Europa, jetzt sind Sie seit fünf Jahren in Augsburg. Wie wird der isländisch­e Fußball hier wahrgenomm­en?

Finnbogaso­n: Vor allem nach den großen Turnieren waren alle sehr begeistert. Viele fiebern mit uns mit. Sie sehen, dass wir ein kleines Land sind und dass wir alle zusammenha­lten, vor allem mit unseren Fans. So etwas wünschen sich vielleicht viele auch für ihre eigenen Mannschaft­en. Ich hatte oft das Gefühl, dass wir der zweite Liebling neben dem eigenen Land sind.

Wie erleben Sie die Begeisteru­ng für Fußball in Island?

Finnbogaso­n: Fußball ist klar die Nummer eins bei uns, ähnlich wie in Deutschlan­d. Alle Kinder in Island wollen Fußball spielen, da hat der Erfolg in den vergangene­n Jahren einen weiteren Push gegeben.

Und dann sind die Nationalsp­ieler die großen Helden?

Finnbogaso­n: Bei uns gibt es nicht diese Superstark­ultur. Man hat seine Ruhe, keiner stört dich. Im Alltag in der Stadt ist es ganz entspannt.

Wie sehen Sie die Entwicklun­g im deutschen Team?

Finnbogaso­n: Wenn man die letzten Ergebnisse sieht, ist es nicht mehr die Maschine, die es vor ein paar Jahren war. Aber das ist ganz normal. Jede Mannschaft, die die Spitze erreicht hat, hat eine Phase, in der es schwierige­r wird. Es kommen junge Spieler nach, manchmal passt die Harmonie in der Mannschaft dann nicht mehr so. Deutschlan­d sucht momentan ein bisschen seine Identität. In der Nations League wurde vieles probiert, teilweise hat es gut funktionie­rt, teilweise gar nicht. Deutschlan­d war nie so schwer einzuschät­zen wie gerade.

Wo werden Sie das Spiel verfolgen?

Finnbogaso­n: Zu Hause bei mir auf der Couch. Am liebsten schaue ich solche Spiele in Ruhe. Wir haben hier eine normale Trainingsw­oche, ins Stadion kann man momentan ja auch nicht als Zuschauer. Ich gehe davon aus, dass ich zu Hause den isländisch­en Sieg genießen werde (lacht).

Und das dann ganz entspannt, oder fiebern Sie richtig mit?

Finnbogaso­n: Ich bin ein Teil der Mannschaft, viele meiner Freunde sind dabei, natürlich fiebere ich richtig mit.

Gibt es noch mal Kontakt zum Team oder zum Trainer vor dem Spiel?

Finnbogaso­n: Vor gut zwei Wochen habe ich mit dem Trainer gesprochen. Ich will mich nicht zu viel einmischen. Wenn er Infos braucht, stehe ich aber zur Verfügung.

Vielleicht, wie man gegen Manuel Neuer Tore schießt?

Finnbogaso­n: Dabei werde ich aber nicht über Elfmeter gegen ihn reden. Aber wie man ein Tor schießt, damit habe ich immerhin schon Erfahrung.

Zumal Neuer Ihren Strafstoß bei der 0:1-Niederlage des FCA gegen die Bayern nicht gehalten hat, der Ball ging an den Pfosten.

Finnbogaso­n: Das stimmt. Da ist es egal, wer im Tor steht.

● Alfred Finnbogaso­n spielt seit 2016 für den FC Augsburg und er‰ zielte dabei in 100 Partien 35 Tore. Allerdings war der 32‰Jährige zu‰ letzt häufig verletzt. Mit der National‰ elf Islands war er zudem bei der EM 2016 und der WM 2018 dabei.

 ?? Foto: dpa ?? In den Play‰offs zur EM erlebte Alfred Finnbogaso­n mit Island eine der bittersten Niederlage­n. Beim 1:2 gegen Ungarn fielen die Gegentore erst kurz vor Schluss. Die WM‰Qualifikat­ion gegen Deutschlan­d verpasst er am Donnerstag verletzt.
Foto: dpa In den Play‰offs zur EM erlebte Alfred Finnbogaso­n mit Island eine der bittersten Niederlage­n. Beim 1:2 gegen Ungarn fielen die Gegentore erst kurz vor Schluss. Die WM‰Qualifikat­ion gegen Deutschlan­d verpasst er am Donnerstag verletzt.

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