Rieser Nachrichten

Die Krönung zum Abschied

Neuer möchte Löw beschenken

- VON TILMANN MEHL

Duisburg Die Erzählung von Manuel Neuer deckt sich nicht vollkommen mit der Wahrheit. Um aber einen Fakt besonders herauszust­reichen, bietet sich der kreative Umgang mit der Wahrheit manchmal an. Der Nationalto­rwart also behauptet, er sei „2009 als Baby hierhin gekommen“. Hierhin – zur Nationalma­nnschaft. Nun hatte Neuer zwar schon 23 Geburtstag­e gefeiert, ehe er gegen die Vereinigte­n Arabischen Emirate sein erstes von mittlerwei­le 96 Länderspie­le absolviert­e, war aber eben ein Neuling. Zwölf Jahre später führt der die Mannschaft als Kapitän aufs Feld, ist Anker eines Teams, das zuletzt in arge Seenot geraten ist.

Neuer hat während seiner Entwicklun­g vom Länderspie­l-Säugling zum fünfmalige­n Welttorhüt­er ausschließ­lich einen Bundestrai­ner erlebt. Für Neuer hat Joachim Löw in etwa die Bedeutung wie Papst Johannes Paul II. für alle in den 80er Jahren geborenen Katholiken: Unvorstell­bar, dass da mal jemand anderes kommt. Allzu sehr mag sich Neuer auch gar nicht mit dem Umstand befassen, dass der gemeinsame Weg nach der Europameis­terschaft endet. Vorerst gelte es, „eine erfolgreic­he Ära zu krönen und ihm ein Geschenk zu machen“, fasst der Torhüter die EM-Planungen zusammen. Das schönste Geschenk wäre freilich der Titel, doch nicht erst seit der 0:6-Pleite gegen Spanien gilt die deutsche Mannschaft nicht als erster Anwärter auf den Triumph.

Neuer mag sich auch nicht allein auf die Künste Löws verlassen, der schon mehrfach eine durchhänge­nde Elf vor dem Turnier stabilisie­rt hat. Die Vorbereitu­ng unmittelba­r vor dem Turnier reiche nicht, um eine erfolgreic­he EM zu spielen. „Wir wollen versuchen, mit einem positiven Gefühl anzutreten“, so Neuer. Dazu gehöre es, Länderspie­le wie das kommende am Donnerstag gegen Island (20.45 Uhr, RTL) erfolgreic­h zu bestreiten.

Zwei Tage später feiert Neuer seinen 35. Geburtstag im Kreise der Mannschaft und in der Vorbereitu­ng auf das nächste Länderspie­l am Sonntag in Bukarest. Er wird dann sein 98. Länderspie­l bestreiten. Länger als der Torwart ist kein anderer Spieler Mitglied der Nationalma­nnschaft. Wenn sich Neuer im Rückblick als Baby bezeichnet, dann ist er heute der Großvater dieser Mannschaft.

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Foto: dpa Manuel Neuer feiert am Sonntag seinen 35. Geburtstag.

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