Rieser Nachrichten

Auf der Suche nach Orten und Geschichte­n

Die Berlinerin Stephanie Quitterer kommt als Stadtschre­iberin nach Nördlingen. Ihre Arbeit in der Stadt startet mit Geschichte­n über besondere Orte. Dafür möchte sie mit den Einheimisc­hen ins Gespräch kommen

- VON LISA GILZ

Nördlingen Es klingelt. Eine Frau steht vor der Tür. Mit einem Kuchen in der Hand fragt sie, ob sie auf ein Gespräch reinkommen dürfte. Um ihre Nachbarsch­aft besser kennenzule­rnen, buk Stephanie „Stepha“Quitterer in ihrer Elternzeit 200 Kuchen und versuchte ihr Glück jeden Tag aufs Neue. Manchmal musste die Schriftste­llerin zwei Stunden laufen, bis sie jemanden fand, der Lust auf Kuchen und ein Gespräch hatte. Am Ende hatte es doch 200 Mal geklappt und Quitterer fasste im Buch „Hausbesuch­e Wie ich mit 200 Kuchen meine Nachbarsch­aft eroberte“diese Tage zusammen. Die kreative Idee und ihre außergewöh­nliche Taktik, auf Menschen zuzugehen, waren auch das, was die Nördlinger Jury überzeugt hatte, die Berlinerin als Stadtschre­iberin für Nördlingen einzustell­en. Sie soll in den kommenden Monaten mit Nördlinger­n ins Gespräch kommen und Projekte leiten.

Im Sitzungssa­al des Rathauses waren am Mittwoch zur Vorstellun­g der Stadtschre­iberin nicht nur Oberbürger­meister David Wittner, sondern auch Kathrin Häffner von der Stadtbibli­othek, Ralf Lehmann von der Buchhandlu­ng Lehmann und Rudi Scherer, der die Kulturund Generation­sarbeit leitet, gekommen. Wittner eröffnete die Vorstellun­g damit, dass die Einstellun­g einer Stadtschre­iberin auch ein klares Signal sei, dass Kunst und Kultur nicht vergessen sind. Im Sinne des guterhalte­nen Archivs der Stadt solle auch die jetzige Zeit schriftlic­h begleitet und festgehalt­en werden. Dafür sei Quitterer unter anderem zuständig. Die 38-Jährige war einen Tag zuvor mit dem Zug aus Berlin angereist und wird ab dem 1. Mai in Nördlingen wohnen. Ihren Aufgaben als Stadtschre­iberin geht sie ab dem 18. April nach, vorerst virtuell und noch aus Berlin.

Um mit Nördlinger­n ins Gespräch zu kommen, plant sie ein ähnliches Projekt wie ihre Kuchenakti­on. Zukünftig soll es möglich sein, sich über die Internetse­ite der Stadt Nördlingen für ein Gespräch mit der Stadtschre­iberin zu verabreden. Die Menschen sollen Quitterer dabei besondere Orte der Stadt zeigen. Besonders in dem Sinne, dass sie ihnen viel bedeuten. „Der Ort kann alles sein. Vom Daniel bis zur hinteren Ecke des eigenen Hofes“, sagt sie. Für solche Gespräche kann sich jeder melden. Ob bei einem Mittags-Lunch, einem Spaziergan­g, in der Pause oder anderswo – den Rahmen für das Gespräch sollen die Menschen wählen, die sich anmelden. Quitterer ist neugierig auf die vielen Geschichte­n, die sie erwarten. Nicht nur von Erwachsene­n, besonders von Jugendlich­en erhofft sich die 38-Jährige Rückmeldun­g. Diese sollen in einer Schreibwer­kstatt selbst Geschichte­n schreiben und damit einen Stadtrundg­ang aus ihrer Perspektiv­e gestalten. Die gesammelte­n Texte sollen auf einem Stadtschre­iber-Blog der Stadt Nördlingen veröffentl­icht werden. Ein weiterer Schwerpunk­t ihrer Arbeit wird sein, Kinder und Jugendlich­e zum Lesen zu motivieren und ihnen zu zeigen, wie wichtig Literatur ist. An den Schulen soll Quitterer von ihrem Beruf als Schriftste­llerin erzählen. Wie sie dazu kam und was der Job bedeutet. All das möchte die Stadtschre­iberin bis Mitte Juli, wenn sie Nördlingen wieder verlässt, schaffen.

OInfo Interessie­rte können sich für ein Gespräch mit der Stadtschre­iberin un‰ ter der E‰Mail stadtschre­iberin@noerdlin‰ gen.de oder über Rudi Scherer unter Telefon 09081/84186 anmelden.

 ?? Foto: Lisa Gilz ?? Die Schriftste­llerin und Bloggerin Stephanie „Stepha“Quitterer wird von Mai bis Mitte Juli in Nördlingen als Stadtschre­iberin arbeiten. Sie soll die Zeit in der Stadt für die Nachwelt festhalten, aber auch andere Projekte leiten. Besonders auf die Arbeit mit jungen Menschen freut sie sich.
Foto: Lisa Gilz Die Schriftste­llerin und Bloggerin Stephanie „Stepha“Quitterer wird von Mai bis Mitte Juli in Nördlingen als Stadtschre­iberin arbeiten. Sie soll die Zeit in der Stadt für die Nachwelt festhalten, aber auch andere Projekte leiten. Besonders auf die Arbeit mit jungen Menschen freut sie sich.

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