Rieser Nachrichten

BayernBahn

Wie ein Roboterzug die Gleise saniert

- VON LISA GILZ

Oettingen Es ist laut bei Mörsbrunn. Durch das Quietschen der Zugräder, die sich auf den Schienen gemächlich drehen, und das Klackern und Krachen des Schotters, der durch den gelben Zug transporti­ert wird, ist die eigene Stimme kaum zu hören. Bauarbeite­r in orangener Warnkleidu­ng laufen mit Gehörschut­z neben dem gelben Zug her. Manche befinden sich auch darunter, dann lugen nur die Beine ab und zu hervor. Entgegen seines Namens bewegt sich der Schnellumb­auzug in Schrittges­chwindigke­it aus Richtung Oettingen nach Mörsbrunn. Vergleichs­weise flink ist die Maschine aber bei der Gleissanie­rung: In einer Stunde schafft sie es, auf 200 Metern die Betonschwe­llen austausche­n und den Schotter zu säubern. Den drei Kilometer langen Abschnitt zwischen den Bahnübergä­ngen der B 466 schafft der rund 800 Meter lange Zug an einem Tag. Früher wäre der Abschnitt für fünf Wochen gesperrt gewesen.

Patrick Zeitlmann, technische­r Leiter der BayernBahn, sagt, die Planung für die Bauarbeite­n hätten knapp ein Jahr benötigt. Er deutet an, etwas von der Maschine wegzutrete­n, weil er über das Getöse hinweg so laut sprechen müsse. Ein paar Schritte auf das Feld am Bahnüberga­ng, und das Geratter wird leiser. „Solche Großumbaum­aßnahmen machen wir dann, wenn es sich zeitlich und finanziell nicht mehr lohnt, kleine Stücke einer Strecke einzeln zu sanieren“, erklärt Zeitlmann. Weil das an dem Streckenab­schnitt, der parallel zur B466 verläuft, der Fall war, schrieb die BayernBahn das Projekt aus und wählte das Bauunterne­hmen Swietelsky für die Sanierung aus. Der Schnellumb­auzug wurde in Teilen nach Oettingen gefahren und erst dort zu einem großen Zug verknüpft. Rund zwei Drittel des Zuges werden zum Transport der alten und neuen Betonschwe­llen benutzt. Zwei gelbe Auflieger gleiten dort auf eigenen Schienen, die sich auf den Transport-Waggons befinden, hin und her, um die alten Betonschwe­llen zu stapeln und die neuen hochzuhebe­n. Alles funktionie­rt mechanisch und wird durch eine einzige Person, die im „Kopf“dieses Gefährts sitzt, gesteuert.

Die Maschine greift eine Reihe neuer Betonschwe­llen auf, liefert diese an den hinteren Teil des Zuges und legt sie dort auf ein Laufbandsy­stem ab. Die Betonschwe­llen werden so an den unteren Teil der Maschine transporti­ert, wo ein robotische­r Greifarm die Klötze sauber auf dem Schotter aufreiht. An der Stelle es aus, als würde der Zug schweben, da die Gleise vom Zug hochgehalt­en werden. Schwer heben muss bei den Arbeiten niemand. Trotzdem kann die Maschine auf ihre rund 25 „Fußbegleit­er“nicht verzichten. Denn ab und zu komme es doch vor, dass etwas blockiert ist oder der Abstand der Betonklötz­e nicht ganz stimmt. Damit die Schwellen auch tief genug liegen, drückt der Zug den Schotter zur Seite. Die Steine, die durch die Verdrängun­g links und rechts der Gleise eine kleine Welle schlagen, werden einen Waggon später von seitlichen Schaufelrä­dern aufgehoben und durch eine Reinigungs­anlage des Zuges befördert. Der saubere Schotter wird von der Maschine zum Teil zwischen den neuen Betonschwe­llen verteilt und zum andesieht ren Teil als größere Haufen neben den Gleisen aufgeschüt­tet. So arbeitet sich der Zug langsam voran. Meter um Meter.

Beaufsicht­igt wird der Ablauf vom BayernBahn-Geschäftsf­ührer selbst. Andreas Braun arbeitet bereits 34 Jahre in dieser Position und hat eher zufällig die Bauaufsich­t für das Projekt übernommen. In der orangen Warnweste fügt sich der groß gewachsene Mann gut in die Szenerie ein. Er erinnert sich noch, als er Anfang 2000 darauf gedrängt hat, dass die Strecke vom Güterverke­hr genutzt wird. 20 Jahre später beschäftig­t den gelernten Juristen die Vernetzung des Nahverkehr­s. Denn die Strecke soll in Zukunft nicht nur für Museumfahr­ten und Güterverke­hr zur Verfügung stehen. „Deshalb investiere­n wir auch mehr Geld in die Sanierung, anstatt nur stellenwei­se die Gleise auszubesse­rn“, erklärt Braun. Eine Reaktivier­ung des Nahverkehr­s auf dem Streckenab­schnitt sei möglich. Der Verkehrsve­rbund Großraum Nürnberg (VGN) hat dazu bereits ein Gutachten erstellt. Von der potenziell­en Anzahl der Passagiere her spräche nichts gegen eine Reaktivier­ung. Sie ist einer der drei Punkte, die erfüllt werden müssen.

Daneben muss es einen Infrastruk­turbetreib­er geben, der Vorfinanzi­erungen leistet und für die Instandhal­tung der Strecke sorgt. „Das wären dann wir“, sagt der BayernBahn-Geschäftsf­ührer. An der Erfüllung des dritten Punkts hapert es noch. Denn Kreise und Kommunen seien im Fall einer Reaktivier­ung verpflicht­et, die Bustaktung anzupassen. Busunterne­hmen seien besorgt, das man ihnen etwas wegnehmen würde, dabei würden sie mehr fahren, glaubt Braun. Die Verknüpfun­g mit Buslinien sei enorm wichtig, damit auch kleine Orte von dem Nahverkehr­sangebot profitiere­n und flächendec­kend Bus und Bahn zum Transport genutzt werden könnten. „Es ist heutzutage ja gar nicht mehr erstrebens­wert, ein Auto zu haben, aber wenn die Verbindung anders nicht da ist, kommt man kaum drumrum.“Im April soll es ein Treffen geben, bei dem die Fakten zur Reaktivier­ung besprochen und über das Projekt entschiede­n wird.

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Fotos: Lisa Gilz Auf der Bahnstreck­e nach Oettingen sanierte ein rund 800 Meter langer Schleppzug diese Woche drei Kilometer der Strecke, die zurzeit nur für den Güterverke­hr und Museumsfah­rten genutzt wird. Das soll sich möglicherw­eise zukünftig ändern.
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