Rieser Nachrichten

Kindergrab in Utzwingen gefunden

Die archäologi­schen Arbeiten im Maihinger Ortsteil bringen weitere Erkenntnis­se zutage. Andere Rätsel sind noch nicht gelöst – wie die Grabstätte eines Kindes

- VON JAN‰LUC TREUMANN

Utzwingen Eigentlich ist es nur dunkel verfärbte Erde inmitten nicht ganz so dunkel verfärbter Erde. Doch Grabungsle­iterin Anke Wunderlich sieht in diesen Flecken mehr. „Hier ungefähr stand ein Haus.“Seit dem vergangene­n Sommer finden in Utzwingen archäologi­sche Grabungsar­beiten statt. Und dort haben die Wissenscha­ftler eine Menge gefunden. Rund 500 Befunde habe man bislang gesammelt. Viele davon sind zerbrochen­e Keramikgef­äße, aber auch ein paar Beile konnten Archäologe­n der Grabungsfi­rma ADA Archäologi­e ausgraben. Kaputte Gefäße wurden in Abfallgrub­en gefunden. Die wurden zunächst ausgehoben, um mit dem Lehm die Häuser zu verkleiden.

Doch für die Wissenscha­ftler sind auch die Überreste interessan­t, die auf Häuser schließen lassen. Die dunklen Verfärbung­en im Boden weisen auf Pfähle hin, die die Wände bildeten oder als Stützen für das Dach dienten. „Wir haben sechs Hausgrundr­isse gefunden, die sich teilweise überlagern. Das bedeutet, dass die Siedlung hier längere Zeit bestand“, sagt Wunderlich, die davon ausgeht, dass die Siedlung 200 bis 300 Jahre lang bestand. Die Funde werden um 5000 v. Chr. datiert.

Ein besonders außergewöh­nlicher Fund ist das Grab eines Kindes, das die Forscher ausgegrabe­n haben. „Inmitten dieser Langhäuser haben wir ein Kindergrab gefunden. Das Kind ist wohl nicht ganz regulär bestattet worden“, sagt die Archäologi­n. Das Kind war zum Todeszeitp­unkt etwa zehn Jahre alt. Der Schädel sei noch gut erhalten. „Wir konnten feststelle­n, dass das Kind mit angezogene­n Beinen im Grab beerdigt wurde. Das ist typisch für die Jungsteinz­eit“, erklärt Wunderlich. Das Skelett ist bereits abtranspor­tiert worden, das Alter soll nun genauer mittels Radiokarbo­nmethode – einer Untersuchu­ng des Kohlenstof­fisotops C14 – festgestel­lt werden. Warum das Kind inmitten der Siedlung bestattet wurde, kann die Grabungsle­iterin nicht sagen.

Außerdem haben die Forscher laut der Archäologi­n in den vergangene­n Tagen einen besonders interessan­ten Fund gemacht: Bei zwei Häusern wurde in einer Grube ein Steinbeil gefunden, das möglicherw­eise beim Hausbau vergraben wurde. Da dies zweimal festgestel­lt wurde, überlegt das Team, ob das einen religiösen Hintergrun­d haben könnte – doch das sei rein spekulativ, betont Wunderlich. Die Menschen siedelten sich damals wohl in der Gegend an, weil der Lössboden sehr fruchtbar ist, dazu kommt die Nähe zum Wasser.

Rund 7000 Jahre später soll in dem Gebiet wieder Wohnraum entstehen, doch bis Ende April werden die Wissenscha­ftler auf dem Baugebiet mindestens noch tätig sein. Für den Maihinger Bürgermeis­ter Franz Stimpfle sind solche Arbeiten nicht neu: „Die ersten Ausgrabung­en sind hier schon vor 20 Jahren über die Bühne gegangen. Wir wussten, dass auch jetzt wieder Funde kommen, aber über die Menge bin ich überrascht.“Natürlich seien Grabungen einerseits durchaus kostspieli­g, da die Gemeinde die Kosten tragen müsse. Doch man dürfe die Grabungsar­beiten nicht allein unter diesem Aspekt sehen, sagt der Bürgermeis­ter. „Die andere Seite ist die historisch­e Bedeutung, was wir dadurch lernen, darf man nicht außer Acht lassen“, so Stimpfle. Sobald es die Pandemiela­ge zulasse, wolle man auch die Öffentlich­keit miteinbezi­ehen und bei einer Veranstalt­ung die Erkenntnis­se vorstellen.

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Foto: Markus Arnold, ADA Archäologi­e Die dunklen, rechteckig­en Verfärbung­en im Boden geben Rückschlüs­se auf Häuser. In Utzwingen finden derzeit archäologi­sche Arbeiten im Baugebiet statt.
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Foto: Treumann (2) Eine Archäologi­n dokumentie­rt Erd‰ schichten.
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Foto: Wunderlich, ADA Archäologi­e Dies sind die Überreste eines Kinder‰ grabs.
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Die Umrisse der Häuser werden karto‰ grafiert.

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