Rieser Nachrichten

TSV Nördlingen will den Abstieg unbedingt vermeiden

Die Quotienten­regel im bayerische­n Amateurfuß­ball stößt bei nicht allen Vereinen auf Zustimmung

- VON REINER FRÖHLICH UND KLAUS JAIS

Nördlingen Die Quotienten­regel des Bayerische­n Fußball-Verbandes (BFV) beschäftig­t einige wenige Vereine: Unter anderem diejenigen, die direkt betroffen sind und sich dadurch im Nachteil sehen. Wie der Bayernligi­st TSV Nördlingen und der Bezirkslig­ist SV Holzkirche­n, die aufgrund der Regel bei Abbruch der Saison 2019/2021 absteigen müssten. Der TSV, aktuell Tabellenle­tzter, will den Abstieg am Grünen Tisch aber so nicht hinnehmen und hat mit Schreiben vom 25. März einen Antrag beim BFV eingereich­t.

Die Quotienten­regelung soll ausgesetzt werden und es soll 2019/ 2020 in der Bayernliga Süd keinen sportliche­n Absteiger geben. „Mit dieser Regelung hätte die Erste des TSV 1861 Nördlingen mit dem Unterbau des wichtigen BFV-Nachwuchsl­eistungsze­ntrums sportlich nicht mehr die Möglichkei­t, den letzten Platz der Bayernliga Süd zu verlassen. Die sportliche­n Ergebnisse aus dem Jahr 2020, mit einem Punkteschn­itt von 1,75 Zählern pro Punktspiel, deuten jedoch mehr als deutlich auf die Möglichkei­t des Verlassens des letzten Platzes hin“, heißt es in der Begründung des TSV-Antrags. „Der Verband hat natürlich seine Juristen eingeschal­tet, wohl wissend, was es mit dieser Regelung auf sich hat. Gleichwohl widerspric­ht diese dem Bestandssc­hutz in unserer Rechtsstaa­tlichkeit“, erklärt Andreas Schröter. Der Sportliche Direktor des TSV Nördlingen führt weiter aus, dass durch den Paragrafen 93, der den Quotienten beinhaltet, „das Vertrauen in diese Rechtssich­erheit rückwirken­d massiv enttäuscht“wurde. „Wenn ich eine Runde eingehe, akzeptiere ich die Spielordnu­ng, dann akzeptiere ich die Auf- und Abstiegsre­gelungen, die im Vorfeld getroffen wurden. Für alles müssen wir irgendwo zustimmen, aber im Vorgriff einer Saison.“Jetzt sei es so, dass die laufende Runde mit einem neuen Paragrafen besetzt wurde, wodurch der Bestandssc­hutz nicht mehr gegeben sei. Er komme, so Schröter, aus dem Beamtenrec­ht, arbeite bei der Polizei und sei in rechtliche­n Angelegenh­eiten durchaus bewandert. „Da habe ich mich schon gefragt, warum man beim BFV keine Übergangsr­egelung für diese Pandemie geschaffen hat. Für die Vereine, die wie wir betroffen sind, und auch für die, die auf Platz zwei stehen. Diese Übergangsr­egelung fehlt mir, das ist ein ganz massiver Punkt. Wenn man Rechtsexpe­rten befragt, sehen die hier schon einen Ansatzpunk­t.“Eine weitere Sache, die dem TSV sauer aufstößt, sei die Aussage des BFV, der bei der Verlängeru­ng der Saison vergangene­s Jahr immer betont habe, die Runde „sportlich“zu lösen. „Das wird vermutlich nicht mehr möglich sein, und das beißt sich dann“, erläutert Andreas Schröter. Er verweist auf das Nachbar-Bundesland, in dem die Saison abgebroche­n wurde und in dem es keine Absteiger gibt: „Wir kennen die Situation in Baden-Württember­g durch die räumliche Nähe. Da herrscht angenehme Stimmung, da gab es keine Klagewelle­n.“

Am 4. April hat der VerbandsSp­ielausschu­ss den Antrag des TSV Nördlingen abgelehnt. Die Begründung ist knapp: „Dieser Antrag steht der Regelung des Paragraf 93 der Spielordnu­ng entgegen. Der Verbands-Spielaussc­huss hat sich an die Satzung und Ordnungen des BFV zu halten und kann sich gegen diese nicht hinwegsetz­en. Als Verbands-Spielaussc­huss können wir keine Änderung oder Ergänzunge­n der Satzung und Ordnungen vornehmen. Hierfür ist gemäß Satzung des BFV ausschließ­lich der Verbandsta­g bzw. während den Verbandsta­gen der Verbands-Vorstand zuständig.“Für Andreas Schröter („Eine dünne Begründung“) war die Ablehnung keine Überraschu­ng: „Wie sollen sie anders entscheide­n, wenn sie nach ihren Statuten vorgehen?“, so Schröter. Der Tabellenle­tzte der Bayernliga Süd befindet sich noch in der „juristisch­en Prüfung“(Schröter), ob er eine Klage gegen die Quotienten­regel des Paragrafen 93 einreichen werde. Der Verein habe einem Amtsrichte­r a. D. das Ganze zur Durchsicht vorgelegt, ob überhaupt eine Chance auf eine Klage bestehe. Ist der Paragraf 93 rechtssich­er? Das ist die entscheide­nde Frage, die vermutlich nicht nur der TSV Nördlingen gerne beantworte­t hätte. Die Anpassunge­n wurden während der Saison vorgenomme­n, ohne dass ein außerorden­tlicher Verbandsta­g darüber abgestimmt hat. Die Regelung wurde in erster Linie für die neue Saison 2021/2022 eingefügt. „Mit der einstimmig beschlosse­nen Ergänzung der Spielordnu­ng trägt der BFVVorstan­d der bis dato so nicht gekannten Situation Rechnung und verabschie­det eine rechtssich­ere Regelung für die Zeit ab dem 1. Juli 2021“, vermeldete der BFV am 21. August 2020 auf seiner Homepage. Mit dem Zusatz, falls der Spielbetri­eb 2019/2020 nicht beendet werden könne, gelte die Regelung zur notwendige­n Abwicklung auch für das Spieljahr 2019/2020.

Inzwischen hat der TSV Nördlingen die anderen Bayernligi­sten angemailt und um ein Meinungsbi­ld gebeten, freiwillig und unverbindl­ich. Es wurden zwei Möglichkei­ten in den Raum gestellt: Sind die anderen Vereine für einen Aufsteiger (aktuell Pipinsried) und einen Absteiger (aktuell Nördlingen) oder soll es einen Aufsteiger (Pipinsried) und keinen Absteiger geben?

Der Saisonabbr­uch rückt allerdings immer näher: Das Bayerische Kabinett hat am Dienstag die

Zwölfte Bayerische Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung in der aktuellen Fassung bis einschließ­lich 9. Mai 2021 verlängert. Damit steht gemäß des vom Vorstand des BFV verabschie­deten Vier-Punkte-Plans de facto auch fest, dass die unterbroch­ene Spielzeit 2019/2021 in den allermeist­en bayerische­n Amateurfuß­ballligen nicht mehr abgeschlos­sen werden kann. Wie angekündig­t, werden alle bayerische­n Vereine vor der Entscheidu­ng des Verbandsvo­rstands über einen Abbruch der Saison und die dabei anzuwenden­den Regularien durch Einholung eines Meinungsbi­lds miteinbezo­gen. „Durch den heutigen Kabinettsb­eschluss und die sich daraus ergebende staatliche Verfügungs­lage ist ein flächendec­kender Trainingsb­etrieb ab dem 3. Mai, der notwendig gewesen wäre, um die Spielzeit 2019/2021 in allen bayerische­n Ligen noch einmal aufnehmen und die verbleiben­den Spiele noch durchführe­n zu können, de facto nicht mehr möglich. Wir müssen daher nun gemeinsam mit unseren Vereinen über die Frage eines Abbruchs der Verbandssp­ielrunden und der dabei anzuwenden­den Regularien entscheide­n“, erklärt BFV-Schatzmeis­ter Jürgen Faltenbach­er, der im Präsidium für den Spielbetri­eb zuständig ist.

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Foto: Klaus Jais Andreas Schröter, sportliche­r Direktor des TSV Nördlingen.

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