Tipps einer Schlichterin für Union
Was eine Mediatorin den Kandidaten rät
Augsburg Zwei Männer, ein Posten: Armin Laschet und Markus Söder streiten seit Sonntag offen um die Kanzlerkandidatur der Union. Bis zum Wochenende wollen sie eine Einigung. Doch eine einvernehmliche Lösung, in der beide Seiten ihr Gesicht wahren können, scheint noch immer in weiter Ferne zu liegen. Der Kern des Konflikts liegt auf der Hand: Söder und Laschet brennen beide für die Kanzlerkandidatur. Zumindest erwecken sie den Eindruck, vermutet Barbara von Petersdorff. Sie muss es wissen, denn Konflikte sind ihr Beruf. Seit 20 Jahren arbeitet sie als Mediatorin und vermittelt bei Streitigkeiten.
„Man kann und soll Konflikte gar nicht vermeiden, denn sie sind oft wichtige Impulsgeber“, betont die erfahrene Streitschlichterin mit Blick auf den Machtkampf in der Union. Selbst in einer politischen Auseinandersetzung gäbe es immer Auswege zur friedlichen Lösung, sagte die Expertin. „Ich kenne zwar nicht die Details, aber ich vermute, dass hinter dem Konflikt zwischen Söder und Laschet auch Irritationen und Verärgerungen stecken.“
Damit es zur Lösung kommen kann, müssten diese zunächst ausgeräumt werden, erklärt die Vermittlerin. Klingt in der Theorie leichter als in der Praxis. Irritationen und Verärgerung gab es zwischen den Vorsitzenden der Schwesterparteien CDU und CSU tatsächlich zuhauf. Beinahe tägliche Sticheleien von
„Eine Mediatorin verspricht nichts.“Barbara von Petersdorff
beiden Seiten haben das einst so gute Verhältnis zwischen den Ministerpräsidenten auf eine harte Probe gestellt. Ein Weg wäre für von Petersdorff eine Mediation. Darunter versteht man ein Konfliktlösungsverfahren, in dem ein unparteiischer Dritter nicht entscheidet, sondern vermittelt. Dieser neutrale Mediator hilft den Beteiligten im Laufe des Gesprächs, eine Lösung zu finden. Am Ende steht im Idealfall eine konkrete Vereinbarung.
Was für manchen nach Paartherapie klingt, ist in der Wirtschaft ein häufig genutztes Instrument. Jede Mediation besteht aus sechs Phasen. Von Petersdorff erklärt, wie das funktioniert: Nach der Kennenlernphase wird gemeinsam eine Agenda ausgearbeitet. In der dritten Phase werden die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse angesprochen. Anschließend folgen eine Ideensammlung und eine Auswertung der Vorschläge, die zur Lösung führen kann. Im Fall Söder und Laschet würde die Mediatorin zunächst eine entspannte Atmosphäre herstellen. Außerdem bräuchte sie einen geschützten Raum, in dem offene Gespräche möglich wären. Dann sollen die „Persönlichkeitswelten“von Laschet und Söder mit all ihren Werten und Zielen entdeckt werden. „In dieser Phase gelingt es den Beteiligten sich selbst und den anderen besser zu verstehen“, sagt die Mediatorin. Dieses gegenseitige Verständnis soll die Grundlage für ein konstruktives Zusammenarbeiten schaffen. Die langjährige Erfahrung zeigt von Petersdorff, dass sich fast alle Konflikte für eine solche Mediation eignen.
Also gute Aussichten für das Duell Söder gegen Laschet? Dass am Ende einer Mediation automatisch ein Kanzlerkandidat steht, will von Petersdorff nicht behaupten. „Eine Mediatorin verspricht nichts.“Dem Ausgang des Duells sieht von Petersdorff gelassen entgegen: „Die beiden Politiker sind vernünftig genug, um den Konflikt nicht soweit zu eskalieren, dass sie am Ende großen Schaden nehmen“, glaubt sie.