Bauern sollen stärker auf „Bio“setzen
Mehr und mehr Höfe sind im Landkreis Donau-Ries inzwischen Ökobetriebe. Es gibt weiteres Wachstumspotenzial – doch auch einige Hemmschwellen
Landkreis Für den Trend zurück zur Natur gibt es zwei Worte. Eines ist lang und umfasst eine ganze Palette an Maßnahmen zum Schutz der Schöpfung: Nachhaltigkeit. Das andere ist kurz und fällt vor allem beim Griff ins Supermarktregal als Etiketten-Label ins Auge: Bio. Beides hat miteinander viel zu tun, und beides krempelt auch die Landwirtschaft vor Ort zumindest ein Stück weit um. Ginge es nach dem bayerischen Landwirtschaftsministerium, könnte es damit sogar noch um einiges schneller gehen.
Der Chef des Landwirtschaftsamtes für den Kreis Donau-Ries, Manfred Faber, will zwar kein Wasser in den Wein kippen – rät aber dazu, bei aller Euphorie rund um Bio die Realität nicht aus den Augen zu verlieren. Denn am entscheidenden Hebel sitze letztlich jeder Einzelne.
Hehre Ziele hatte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) jüngst ausgelobt für die Landwirtschaft im Freistaat: Mit dem Landesprogramm Bio-Regio 2030 soll die Steigerung der ökologisch bewirtschafteten Fläche in Bayern bis 2030 auf 30 Prozent anwachsen. Aktuell liegt der Ökoanteil noch bei gut elf Prozent – im Landkreis Donau-Ries bei knapp zehn Prozent.
„Wir sind von dem Ziel noch weit entfernt“, konstatiert Faber. Der Geschäftsführer des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Nördlingen erklärt den langsameren Wandel mit der besonderen Struktur der Flächennutzung in Nordschwaben, etwa im Gegensatz zum Allgäu: Dort setze man auf Grünland und Milchwirtschaft, im Kreis Donau-Ries gibt der Anbau von Getreidesorten und Feldfrüchten den Ton an. Hier gestalteten sich Veränderungen langwieriger: Weil beim Ökolandbau keine Herbizide eingesetzt werden dürfen, ist die Feldarbeit arbeitsund personalintensiver.
Und doch ist die Veränderung auch auf zahlreichen Feldern in der Region sichtbar. Arbeiterkolonnen beim Unkrautjäten per Hand sind keine nostalgische Seltenheit mehr. 167 Voll- und Nebenerwerbsbetriebe im Landkreis haben auf Bio umgestellt, sie machen 7,4 Prozent der hiesigen Höfe aus. Insofern nennt Faber das Ziel Kanibers denn auch „sehr sportlich“.
Doch die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen für die Umstellung auf Bio sind mithin ziemlich attraktiv. Pro Hektar gibt es in Bayern 273 Euro an Förderung, in den ersten beiden Jahren stockt der Freistaat auf 350 Euro auf. Das ist im Deutschlandvergleich ein Spitzenwert, obgleich Nordrhein-Westfalen bei 260 Euro pro Hektar in den ersten beiden Jahren auf 520 Euro aufstockt. Der durchschnittliche Gewinn eines Biohofes liegt laut Faber bei 66.000 Euro im Jahr, beim konventionellen Hof bei gut 60.000 Euro. Fiele jedoch die Subvention weg, würde der Profit wiederum unter jene Marke der Konventionellen rutschen, so Faber: „Die Förderung macht bei Biobetrieben bis zu 75 Prozent des Gewinns aus, bei konventionellen sind es 40 bis 50 Prozent.“Gemeinhin hätte es eine biologische Landwirtschaft ohne Förderung hierzulande ziemlich schwer – „der Markt alleine gäbe es nicht her“.
Und doch geht nicht nur der politische Trend zu mehr Bio. Die Lebensmittel aus Ökobetrieben werden beliebter, Verbraucher achten stärker auf die Themen Tierwohl und Naturschutz. Doch zur Realität gehört auch: Zwar erwirtschaftet der Öko-Markt laut AELF pro Jahr 14 Milliarden Euro – das sind aber nach wie vor nur fünf Prozent dessen, was der Lebensmittelhandel in Deutschland insgesamt hergibt. „Eine größere Schicht der Menschen schaut stark auf den Preis oder muss darauf schauen“, erklärt Faber. Das Wachstum im Bereich Bio sei zwar durchaus ausbaufähig, es werde aber nicht „ins Unendliche“gehen. Denn freilich seien im ÖkoLandbau die Erträge niedriger. Beim Getreide liegen sie etwa bei der Hälfte im Vergleich zum konventionellen Anbau. Ob sich ein Volk von 82 Millionen Menschen allein mit Bio ernähren könnte, daran gibt es unter Experten durchaus
Zweifel. Den größten Einfluss auf den tatsächlichen Wandel habe indes nicht die Politik, sondern der Verbraucher, sagt Faber. Wenn dieser mehr Bioprodukte nachfragte, stellten mehr und mehr Bauern um. Denn diese könnten nicht nur aus purem Idealismus umschwenken. Sie bräuchten zuverlässige Abnahmequoten für ihre Produkte. Und diese erhielten sie nur, wenn die Verbraucher in den Märkten verstärkt zu Bio griffen.
Seit 2001 sind die nach Biokriterien bewirtschafteten Felder im Landkreis Donau-Ries um 275 Hektar pro Jahr gewachsen. Wollte man das bayerische Ziel erreichen, müsste da eine gehörige Schippe draufgelegt werden: 1574 Hektar jährlich sollte dann die Zuwachsfläche betragen. Dann wären 21.600 von gut 72.000 Hektar bis 2025 – der Zwischenmarke – auf Bio umgestellt.
Faber rät Landwirten, die mit dem Gedanken hin zum Ökobetrieb spielen, im Vorfeld zu prüfen, ob sie zuverlässige Abnehmer finden. Dann allerdings könnte sich der Aufwand durchaus lohnen.
Förderung mache bis zu 75 Prozent des Gewinns aus