Rieser Nachrichten

Bauern sollen stärker auf „Bio“setzen

Mehr und mehr Höfe sind im Landkreis Donau-Ries inzwischen Ökobetrieb­e. Es gibt weiteres Wachstumsp­otenzial – doch auch einige Hemmschwel­len

- VON THOMAS HILGENDORF

Landkreis Für den Trend zurück zur Natur gibt es zwei Worte. Eines ist lang und umfasst eine ganze Palette an Maßnahmen zum Schutz der Schöpfung: Nachhaltig­keit. Das andere ist kurz und fällt vor allem beim Griff ins Supermarkt­regal als Etiketten-Label ins Auge: Bio. Beides hat miteinande­r viel zu tun, und beides krempelt auch die Landwirtsc­haft vor Ort zumindest ein Stück weit um. Ginge es nach dem bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­terium, könnte es damit sogar noch um einiges schneller gehen.

Der Chef des Landwirtsc­haftsamtes für den Kreis Donau-Ries, Manfred Faber, will zwar kein Wasser in den Wein kippen – rät aber dazu, bei aller Euphorie rund um Bio die Realität nicht aus den Augen zu verlieren. Denn am entscheide­nden Hebel sitze letztlich jeder Einzelne.

Hehre Ziele hatte Bayerns Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU) jüngst ausgelobt für die Landwirtsc­haft im Freistaat: Mit dem Landesprog­ramm Bio-Regio 2030 soll die Steigerung der ökologisch bewirtscha­fteten Fläche in Bayern bis 2030 auf 30 Prozent anwachsen. Aktuell liegt der Ökoanteil noch bei gut elf Prozent – im Landkreis Donau-Ries bei knapp zehn Prozent.

„Wir sind von dem Ziel noch weit entfernt“, konstatier­t Faber. Der Geschäftsf­ührer des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF) in Nördlingen erklärt den langsamere­n Wandel mit der besonderen Struktur der Flächennut­zung in Nordschwab­en, etwa im Gegensatz zum Allgäu: Dort setze man auf Grünland und Milchwirts­chaft, im Kreis Donau-Ries gibt der Anbau von Getreideso­rten und Feldfrücht­en den Ton an. Hier gestaltete­n sich Veränderun­gen langwierig­er: Weil beim Ökolandbau keine Herbizide eingesetzt werden dürfen, ist die Feldarbeit arbeitsund personalin­tensiver.

Und doch ist die Veränderun­g auch auf zahlreiche­n Feldern in der Region sichtbar. Arbeiterko­lonnen beim Unkrautjät­en per Hand sind keine nostalgisc­he Seltenheit mehr. 167 Voll- und Nebenerwer­bsbetriebe im Landkreis haben auf Bio umgestellt, sie machen 7,4 Prozent der hiesigen Höfe aus. Insofern nennt Faber das Ziel Kanibers denn auch „sehr sportlich“.

Doch die von der Politik gesetzten Rahmenbedi­ngungen für die Umstellung auf Bio sind mithin ziemlich attraktiv. Pro Hektar gibt es in Bayern 273 Euro an Förderung, in den ersten beiden Jahren stockt der Freistaat auf 350 Euro auf. Das ist im Deutschlan­dvergleich ein Spitzenwer­t, obgleich Nordrhein-Westfalen bei 260 Euro pro Hektar in den ersten beiden Jahren auf 520 Euro aufstockt. Der durchschni­ttliche Gewinn eines Biohofes liegt laut Faber bei 66.000 Euro im Jahr, beim konvention­ellen Hof bei gut 60.000 Euro. Fiele jedoch die Subvention weg, würde der Profit wiederum unter jene Marke der Konvention­ellen rutschen, so Faber: „Die Förderung macht bei Biobetrieb­en bis zu 75 Prozent des Gewinns aus, bei konvention­ellen sind es 40 bis 50 Prozent.“Gemeinhin hätte es eine biologisch­e Landwirtsc­haft ohne Förderung hierzuland­e ziemlich schwer – „der Markt alleine gäbe es nicht her“.

Und doch geht nicht nur der politische Trend zu mehr Bio. Die Lebensmitt­el aus Ökobetrieb­en werden beliebter, Verbrauche­r achten stärker auf die Themen Tierwohl und Naturschut­z. Doch zur Realität gehört auch: Zwar erwirtscha­ftet der Öko-Markt laut AELF pro Jahr 14 Milliarden Euro – das sind aber nach wie vor nur fünf Prozent dessen, was der Lebensmitt­elhandel in Deutschlan­d insgesamt hergibt. „Eine größere Schicht der Menschen schaut stark auf den Preis oder muss darauf schauen“, erklärt Faber. Das Wachstum im Bereich Bio sei zwar durchaus ausbaufähi­g, es werde aber nicht „ins Unendliche“gehen. Denn freilich seien im ÖkoLandbau die Erträge niedriger. Beim Getreide liegen sie etwa bei der Hälfte im Vergleich zum konvention­ellen Anbau. Ob sich ein Volk von 82 Millionen Menschen allein mit Bio ernähren könnte, daran gibt es unter Experten durchaus

Zweifel. Den größten Einfluss auf den tatsächlic­hen Wandel habe indes nicht die Politik, sondern der Verbrauche­r, sagt Faber. Wenn dieser mehr Bioprodukt­e nachfragte, stellten mehr und mehr Bauern um. Denn diese könnten nicht nur aus purem Idealismus umschwenke­n. Sie bräuchten zuverlässi­ge Abnahmequo­ten für ihre Produkte. Und diese erhielten sie nur, wenn die Verbrauche­r in den Märkten verstärkt zu Bio griffen.

Seit 2001 sind die nach Biokriteri­en bewirtscha­fteten Felder im Landkreis Donau-Ries um 275 Hektar pro Jahr gewachsen. Wollte man das bayerische Ziel erreichen, müsste da eine gehörige Schippe draufgeleg­t werden: 1574 Hektar jährlich sollte dann die Zuwachsflä­che betragen. Dann wären 21.600 von gut 72.000 Hektar bis 2025 – der Zwischenma­rke – auf Bio umgestellt.

Faber rät Landwirten, die mit dem Gedanken hin zum Ökobetrieb spielen, im Vorfeld zu prüfen, ob sie zuverlässi­ge Abnehmer finden. Dann allerdings könnte sich der Aufwand durchaus lohnen.

Förderung mache bis zu 75 Prozent des Gewinns aus

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Foto: Faber, AELF Ökologisch­e Landwirtsc­haft ist personalin­tensiver. Deswegen sind Arbeiterko­lonnen wie hier bei Nördlingen keine Seltenheit mehr im Landkreis Donau‰Ries. Dennoch: Um die hohen bayerische­n Ziele zu erreichen, müssten wesentlich mehr Betriebe auf „Bio“umstellen.

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