Rieser Nachrichten

Fall um totes Kleinkind startet erneut

Beim wiederholt­en Prozess im Fall um den 23 Monate alten Buben geht es um Rechtsfehl­er beim Motiv. Bald könnte die Rolle von RTL-Journalist­en in den Fokus kommen.

- Von Viktor Turad RTL-Journalist­en

Bopfingen/Ellwangen Wegen des schrecklic­hen Todes eines 23 Monate alten Jungen vor gut zwei Jahren in einem Bopfinger Ortsteil muss sich ein jetzt 35 Jahre alter Mann erneut vor dem Landgerich­t Ellwangen verantwort­en. Er ist zwar von einer anderen Kammer wegen Totschlags und Misshandlu­ng Schutzbefo­hlener bereits zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Diese Entscheidu­ng hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) aber aufgrund einer Revision der Staatsanwa­ltschaft in Teilen aufgehoben und zur erneuten Verhandlun­g zurückverw­iesen. In dieser muss nun geklärt werden, ob eine Verurteilu­ng wegen Mordes in Frage kommt, wie es die Staatsanwa­ltschaft ursprüngli­ch gefordert hatte. Vor seinem Tod hat der Bub ein Martyrium mit unvorstell­baren Qualen erleiden müssen.

Dies wurde am ersten Tag der erneuten Verhandlun­g wieder deutlich in den Ausführung­en von Staatsanwa­lt Patrick Schmidt und bei der Verlesung der Feststellu­ngen des Bundesgeri­chtshofs und des ersten Urteils des Landgerich­ts. Die darin enthaltene­n „Feststellu­ngen zum objektiven Tatgescheh­en“, wie es im BGH-Urteil heißt, bleiben demnach bestehen. Rechtsfehl­er sieht das oberste Gericht dagegen bei den Feststellu­ngen zum Motiv des Täters. Dieser wurde zur erneuten Verhandlun­g an Händen und Füßen gefesselt in Begleitung einer seiner beiden Anwältinne­n von drei Justizbeam­ten in den Saal geführt. Eine schwarze Mütze tief ins Gesicht

gezogen und Mund und Nase mit einer Maske bedeckt nahm er auf der Anklageban­k Platz, legte den Kopf auf den Tisch und wartete regungslos auf den Beginn der Verhandlun­g. Seine Angaben vor Gericht beschränkt­en sich auf knappe persönlich­e Daten wie Geburtstag, Geburts- und Wohnort. Ansonsten hüllte er sich in Schweigen.

Ihm wird Folgendes zur Last gelegt: 2021 war er eine Beziehung mit einer fünffachen Mutter in Bopfingen eingegange­n. Anfangs sah man sich nur am Wochenende, später zog der 35-Jährige bei der Frau ein. Sie vertraute ihm ihren kleinen Buben an, der den Angaben nach ein normal entwickelt­es Kind war, um das sich zunächst die Mutter und seine älteren Geschwiste­r gekümmert hatten. Dies sollte nun auch ihr neuer Lebensgefä­hrte tun, der aber schon bald begann, den Jungen zu quälen und zu malträtier­en. Der Grund: Er habe seinem leiblichen Vater ähnlich gesehen, weswegen der Angeklagte ihn gehasst habe. Das wehrlose Kind habe ihm dazu jedoch keinen Anlass geliefert, sagte der

Staatsanwa­lt. Er habe dem Kleinen schwere Verletzung­en zugefügt. Die Misshandlu­ngen seien beispielsw­eise zunehmend durch blaue Flecken, Hämatome und ein geschwolle­nes Auge offensicht­lich geworden. Der Angeklagte versuchte dies damit zu erklären, dass das Kind herunterge­fallen sei oder sich gestoßen habe. Sein ältester Bruder machte die Mutter auf die Qualen des Kleinen aufmerksam, und sie versprach, mit ihrem Lebensgefä­hrten zu reden. An der Situation änderte dies aber nichts, obwohl dem Mann bewusst gewesen sei, so die Richter, dass ihm die Sorge für das Kind übertragen worden sei.

Ende Oktober 2021 trat der Angeklagte den auf dem Rücken liegenden Jungen so massiv auf den Bauch, dass er Tage später an Herz- und Kreislaufv­ersagen starb. In seinem Urteil hatte das Landgerich­t allerdings keine Mordmerkma­le gesehen und daher auf Totschlag und Misshandlu­ng Schutzbefo­hlener erkannt. Die Tatsachenf­eststellun­gen seien zwar richtig, befand der BGH, frühere Misshandlu­ngen des Kindes seien aber nicht ausreichen­d berücksich­tigt worden. Die Strafkamme­r hätte die Gleichgült­igkeit und Gefühllosi­gkeit gegenüber dem Kind über einen langen Zeitraum in Bezug zum tödlichen Tritt setzen müssen.

An diesem Montag soll die Mutter des kleinen Buben gehört werden. Sie ist bereits rechtskräf­tig wegen Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen durch Unterlasse­n zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden, weil sie gewusst habe, dass ihr Lebensgefä­hrte das Kleinkind über Tage und Wochen geschlagen und misshandel­t habe, aber nichts dagegen unternomme­n habe. Beim ersten Prozess gegen ihren früheren Lebensgefä­hrten hatte sie vor Gericht von ihrem Aussagever­weigerungs­recht Gebrauch gemacht, sich hinterher aber gegenüber dem Fernsehsen­der RTL geäußert. Daher regte die Anwältin des Angeklagte­n an, die vorzuladen, um die Aussagen der Mutter bewerten zu können. Ob sie selbst sich nun äußert, ist offen.

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(Archivbild) Foto: Jan-Luc Treumann Am Landgerich­t in Ellwangen wird erneut der Prozess um einen Buben aus Bopfingen verhandelt.

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