Gerüstet für einen längeren Stromausfall
Vor fünf Jahren war Wemding sieben Stunden lang ohne Elektrizität. Das Ereignis sorgte überregional für Aufsehen. Was seitdem passiert ist.
Dieser Tag, oder besser gesagt dieser Abend, könnte es schaffen, in die Geschichte der Stadt Wemding einzugehen. Rund sieben Stunden lang fiel am 27. März 2019 durch einen Brand in der Schaltzentrale des Elektrizitätswerks Wennenmühle Schörger KG praktisch im kompletten Ort der Strom aus. Zwischen 17 und 23 Uhr kam die Stadt immer weiter zum Stillstand. Dinge, die als selbstverständlich betrachtet werden, funktionierten nicht mehr. Der Fall sorgte weit über die Kommune und den DonauRies-Kreis hinaus für Aufsehen. Die Furcht, dass sich ein solcher Stromausfall wiederholen könnte, vielleicht über Tage hinweg und das auch noch flächendeckend, war groß. Deshalb wollten sich gerade Gemeinden, Städte und Landkreise besser wappnen. Nach fünf Jahren kann die Stadt Wemding behaupten, dies geschafft zu haben. In Wemding gingen an jenem „schwarzen Mittwoch“nicht nur die Lichter aus. Die Kassen in Geschäften funktionierten nicht mehr, die Tiefkühlware in Supermärkten drohte zu verderben (weshalb sich bereits Kühl-Lkw auf den Weg nach Wemding machten), Telefon- und Handynetze gaben den Geist auf, in kleinen und großen Firmen sowie in Tankstellen ging nichts mehr, die Heizungen fielen aus. Lediglich in der Druckerei Appl, die einen gesonderten Stromanschluss hat, und im Kreisseniorenheim, das bereits über ein Notstromaggregat verfügte, herrschte noch so etwas wie Normalzustand.
In der Stadt hingegen machte sich Geisterstimmung breit. Rettungsorganisationen und Bereitschaftspolizei rückten an. Das Ereignis weckte überregional Interesse. Heinz Mayr, damals Kreisbrandinspektor und Einsatzleiter vor Ort, erhielt in der Folge bis aus Kelheim Einladungen als Referent in Sachen Katastrophenschutz. Viele Kommunen erarbeiteten Notfallpläne, um rasch und koordiniert reagieren zu können, wenn der Strom länger weg ist. So auch in Wemding. Seitdem ist die Stadt darüber informiert, in welchen Haushalten Pflegebedürftige und Schwerkranke leben, die lebensnotwendig auf Strom angewiesen sind, beispielsweise um Sauerstoff zu erhalten. In den Plänen ist laut Bürgermeister Martin Drexler unter anderem umfangreich dargestellt, „wer wofür zuständig ist“. Die Kommune machte sich auch daran, eine Notstromversorgung für verschiedene öffentliche Gebäude aufzubauen, die für Bürgerinnen und Bürger wichtige Anlaufpunkte – auch „Leuchttürme“genannt – sind und von denen aus Hilfsmaßnahmen koordiniert werden können. Das Vorhaben sei nicht von einem Tag auf den anderen umzusetzen gewesen, berichten Drexler und Frank Fackler, vom Ingenieurbüro Planplus, das die Stadt mit den Planungen und der Umsetzung des Projekts beauftragt hat.
In der Stadthalle zum Beispiel hätten ohnehin bauliche Maßnahmen bei der Stromversorgung angestanden. Deshalb habe man so lange abgewartet, bis diese vor circa zwei Jahren verwirklicht wurden. Das neue Feuerwehrhaus wird gerade gebaut, seit Kurzem ist das Heizhaus
nebenan in Betrieb. Im VG-Gebäude in der Altstadt waren Umbauten nötig, um einen Anschluss zu installieren, denn: Ein Notstromaggregat kann aus technischen Gründen nicht so einfach an das Stromnetz in einem Gebäude angeschlossen werden. Mittlerweile verfügen die VG-Verwaltung, die Stadthalle und das neue Heizhaus südlich der Altstadt über Zu- und Ableitungen, Zählerschränke und Netzumschalter.
Damit könne die Verwaltung für Wemding, Fünfstetten, Huisheim, Otting und Wolferstadt im Ernstfall weiter arbeiten, so Drexler. Die Stadthalle könne als Sammel- und Aufenthaltsraum dienen, in dem warmes Essen zubereitet werden kann. Gerade für die Eltern von Säuglingen sei dies wichtig. Vom Heizhaus aus können das neue Feuerwehrhaus, der städtische Bauhof und die Kindertagesstätte St. Marien
mit Strom versorgt werden, womit sich eine gewisse Infrastruktur aufrechterhalten ließe. Das Feuerwehrhaus würde Blaulichtorganisationen (unter anderem Rettungsdienst, THW) als Einsatzzentrale dienen.
Die nötige Elektrizität käme von drei baugleichen Notstromaggregaten, welche die Stadt angeschafft hat. Kosten: jeweils 22.000 Euro. Die 100-Kilowatt-Aggregate – jedes von ihnen wiegt rund 1,5 Tonnen – werden zentral gelagert und bei Bedarf vom Bauhof per Gabelstapler und Transporter zum jeweiligen Anschlusspunkt gebracht. Weil den Aggregaten irgendwann der Sprit (Diesel) ausgeht, hat die Stadt auch hier vorgesorgt. Vom Heizhaus aus wurde eine Stromleitung zur benachbarten Tankstelle der Firma Richter gelegt, damit diese stets funktioniert.
Neben den Kosten für den Kauf der Notstromaggregate und den Umbau der Elektroverteilung in den Gebäuden (insgesamt etwa 17.000 Euro) müssen jährlich 900 Euro für den Unterhalt der Aggregate aufgebracht werden. Für diese muss es mindestens vier geschulte Bediener (Mitarbeiter des Bauhofs) geben, alle zwei Wochen muss ein Testlauf stattfinden, alle acht Wochen ein langer Lastlauf und einmal pro Jahr eine Notfall-Simulation.
Der scheidende Kreisbrandrat Rudolf Mieling warnt schon seit Jahren vor größeren Stromausfällen und deren Folgen. „Anfangs wurde ich oft als Schwarzseher bezeichnet“, so Mieling, „doch das hat sich geändert“. Was die Notversorgung mit Strom betreffe, stehe man in der Region noch „am Anfang“. Jedoch habe inzwischen eine ganze Reihe von Kommunen reagiert, Notstromaggregate gekauft und Einspeisevorrichtungen an Gebäuden installiert. Wemding sei nun gut aufgestellt: „In diese Richtung muss es gehen.“
Defizite sieht Mieling im Landkreis noch bei Kläranlagen und bei Trinkwasserversorgern. Ohne Strom funktionierten auch deren Anlagen nicht. Deshalb habe er immer wieder auf diesen Umstand hingewiesen, denn: „Diese Grundversorgung muss stehen.“Nachgebessert hat in Wemding übrigens auch der Stromlieferant. Die Schörger KG verlegte in Zusammenarbeit mit dem Energie-Unternehmen EnBW OdR eine zweite Zuleitung, sodass die Versorgungssicherheit höher ist und einiges zusammenkommen muss, damit sich die Ereignisse des 27. März 2019 wiederholen.