Als VAN und Knabenkapelle gegründet wurden
Eine neue Ausstellung ist im Stadtmuseum eröffnet worden. In den Reden spielte der damalige Bürgermeister Dr. Otto Mainer eine Rolle – dank seiner hochfliegenden Pläne.
Die neue Sonderausstellung im Nördlinger Stadtmuseum ist von Zweiter Bürgermeisterin Rita Ortler eröffnet worden. Die Schau ist, wie berichtet, dem 100-jährigen Doppeljubiläum der Nördlinger Knabenkapelle und des Vereins Alt Nördlingen (VAN) gewidmet. Museumsleiterin Andrea Kugler war anlassgemäß im 20erJahre-Look gekleidet und auch einige Mitglieder des VAN zeigten mit ihren eleganten Stadtkleidern von vor 100 Jahren, wie groß das Gefälle Stadt und Land damals noch gewesen sein mag. Denn während in größeren Städten um 1924 das Leben, die
Kunst und Kultur erblühten, waren die Menschen in Nördlingen laut Andrea Kugler „schwäbisch-bodenständig, oft schwer arbeitend und vielfach noch in der Landwirtschaft tätig. Frivoles Nachtleben war ihnen fremd“. Aber dennoch freuten sie sich über Unterhaltung. In diesen schwierigen Zeiten hatte der damalige Bürgermeister Dr. Otto Mainer eine Vision: Er wollte mit Bildung die Menschen in der Kleinstadt bereichern und ihnen damit eine Zukunftsperspektive geben.
1919 gründete er zunächst die Gesellschaft für Volksbildung. Mit ihr bot er Konzerte und Theateraufführungen an, schaffte die Voraussetzungen für Großveranstaltungen wie die Rieser Heimatwoche,
veranstaltete Vorträge und Lesungen zu heimatkundlichen, literarischen, geologischen und historischen Themen. Auch Stadtarchivar Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler bezog sich in seiner Rede auf die umwälzenden Ideen des Otto Mainer: Der Bürgermeister wollte ein großes Festspiel auf die Bühne bringen und damit auch die Wirtschaft Nördlingens ankurbeln. Dafür initiierte er die Gründung des „Vereins Alt Nördlingen“und wurde auch dessen erster Vorsitzender. Der erste Vereinszweck war die Aufführung des Werkes „Anno 1634“, ein Stück, das die Schlacht bei Nördlingen zum Thema haben sollte. Beinahe zeitgleich fädelte Mainer auch die Gründung einer „Jugendkapelle“ein. 57 Buben erhielten die Gelegenheit, Noten und ein Instrument zu lernen – und schon beim Stabenfest 1925 konnten sie erstmals durch die Stadt marschieren.
Das verdankten sie auch einem Metzger: Der nach Chicago ausgewanderte Oskar Mayer unterstützte die Gründung der Kapelle mit der damals unglaublichen Summe von 500 Dollar. Was aus Otto Mainers Plänen – unter anderem für ein Festspielhaus – wurde, wie sich seine Visionen in den beiden jetzt 100-jährigen Nördlinger Institutionen manifestiert haben, zeigt die Ausstellung mit vielen liebevollen Details und visuellen Anekdoten. Aber auch, und darauf wiesen alle Redner am Eröffnungsabend hin, wohin der erstarkende Nationalismus führte.
Die Knabenkapelle spielte am Eröffnungsabend unter der Leitung von Oliver Körner souverän und musikalisch anspruchsvoll.