Rieser Nachrichten

Ein „noch nie da gewesener“Haushalt

Die Stadt Nördlingen verabschie­det ihren Haushalt für 2024. Die Entscheidu­ng ist zwar einstimmig, dennoch gibt es Diskussion­en – etwa um die Parkgebühr­en.

- Von Jan-Luc Treumann

789 Seiten. Erstmals die 100-Millionen-Euro-Grenze geknackt. Er benutze das Wort „Rekord-Haushalt“nur ungern, es sei aber für das diesjährig­e Werk angebracht, sagte Oberbürger­meister David Wittner in seiner Haushaltsr­ede im Stadtrat. Denn, wie berichtet, ist das Zahlenwerk der Stadt Nördlingen immens: 70 Millionen Euro im Verwaltung­shaushalt, 31 im Vermögensh­aushalt und noch ein 19-Millionen-Euro starker Wirtschaft­splan der Stadtwerke: Es sei ein „noch nie da gewesener Betrag von 120 Millionen Euro“, so der OB. Doch mehr als das sei „einfach nicht mehr drin“.

Investiert werden 30 Millionen Euro im kameralen Haushalt und neun in dem der Stadtwerke. Dass man diesen „beachtlich­en Haushalt“verabschie­den könne, liege vor allem am Ausnahmeja­hr 2023 mit hohen Gewerbeste­uereinnahm­en von über 27 Millionen Euro sowie der Zuführung an den Vermögensh­aushalt von 4,8 Millionen Euro in die Rücklagen. Die Abwicklung­squote lag bei 53 Prozent und sei damit höher als in den Vorjahren gewesen, so Wittner. Allerdings dämpfte Wittner die Euphorie: Das Land sei 2023 in eine Rezession gerutscht, das Bruttoinla­ndsprodukt

niedriger als im Vorjahr, auch bei der Stadt Nördlingen gehe die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben weiter auseinande­r. Kritik scheint bei Wittners Rede am Landkreis durch, schließlic­h ist die Kreisumlag­e trotz leicht gesunkenem Umlagesatz der größte Ausgabepos­ten im Haushalt mit 17,2 Millionen Euro. Bekanntlic­h wurde die Kreisumlag­e um ein Prozent gesenkt, während es bei der Bezirkstag­sumlage noch um ein halbes Prozent mehr war. Zudem betonte Wittner die gestiegene­n Personalko­sten, die aber im Vergleich zu anderen Städten unter dem Durchschni­tt lägen. 6,3 Millionen und damit 11,5 Prozent mehr als 2023 leiste die Stadt als Betriebsko­stenzuschü­sse für Kindergärt­en, Krippen- und Hortplätze. Die Kitas von St. Josef und im Egervierte­l sollen dieses Jahr angegangen werden. Investiert werde in die Feuerwehre­n in Herkheim, Grosselfin­gen, Dürrenzimm­ern, Kleinerdli­ngen, Baldingen und Nördlingen. Für St. Georg hofft die Stadt auf Geld aus einem Entschädig­ungsfonds – vielleicht könne die Kirche 2027 ohne Gerüst sein.

Bei den Baugebiete­n gehe es in Pfäfflinge­n, Löpsingen, Schmähinge­n und Dürrenzimm­ern voran. In der Kernstadt soll es einen Wettbewerb für den Wohnpark Ost geben. Viele Projekte aber seien bis 2027

Haushalte 2024 und 2025 durch das Hallenbad geprägt.

noch nicht eingeplant, unter anderem für die Feuerwehre­n. Wittner bezieht sich damit wohl auf neue Feuerwehrf­ahrzeuge. Angesichts der aktuellen Lage wäre das „unseriös“gewesen. CSU-Fraktionsv­orsitzende­r Steffen Höhn gab trotz des eingehalte­nen Kostenrahm­ens für das Hallenbad zu bedenken, dass dieser bei Höchstprei­sen erstellt wurde. Daher habe die CSU keine Anträge für neue Projekte gestellt. Auch Kürzungen der Kämmerei seien richtig gewesen, bei den Kitas sei aber nichts gestrichen, sondern Zeitpläne im Haushalt angepasst worden. Höhn kam zudem auf die Parkgebühr­en zu sprechen, die seine Fraktion ablehne. Dennoch stimme sie dem Etat aber zu: „Wir haben lange mit uns gerungen, ob wir aufgrund der Parkgebühr­en den Haushalt ablehnen. Letztlich ist es aber kein explizites Haushaltst­hema. Daher unser Nein zu den Gebühren und ein Ja zu den vielen anderen guten Projekten im Haushalt 2024.“

Dass die Haushalte 2024 und 2025 durch das Hallenbad geprägt werden, betonte auch Thomas Mittring

(Fraktionsv­orsitzende­r Stadtteill­iste). Einige dringend notwendige Straßensan­ierungen seien verschoben worden, genauso wie die Ersatzfahr­zeuge für die Wehren aus Nähermemmi­ngen, Holheim und Schmähinge­n. Mittring sprach die Kreisumlag­e an, die Kommunen stünden hier am unteren Teil der Nahrungske­tte: „Wir haben keine Möglichkei­t, dies zu kompensier­en.“Wichtig sei die Erweiterun­g der Krippe in Baldingen, die über den Ortsteil hinaus wirke – in der Planung benötige man aber ein Konzept zum Parken und für die Verkehrsfü­hrung. Wie Höhn sieht auch Mittring in den Parkgebühr­en eine Schwächung der Altstadt.

Das Thema griff auch Alexander Deffner als PWG-Fraktionsv­orsitzende­r auf: „Die Stadt ist vor 500 Jahren gebaut worden, für Handwagen, Pferdefuhr­werke und Fußgänger, aber nicht für Autos.“Die Gebühren würden der Stadt nicht den „Todesstoß“versetzen. Es sei klar, dass dies keine beliebte Maßnahme sei: „Aber wir sind nicht nur gewählt, um zu gefallen, es ist eben auch nötig.“Man helfe so etwa, leichter einen Stellplatz in der Stadt zu bekommen. Kritik käme viel aus dem ganzen Ries, doch andere Kommunen verstummte­n teilweise, wenn es dann um eine finanziell­e Beteiligun­g am Hallenbad oder Verkehrsüb­ungsplatz gehe, die die Kinder

von dort nutzten. Tempo 20 in der Altstadt habe keine Auswirkung­en, außer, dass man langsamer ans Ziel komme – ein Cittaslow-Gedanke –, aber der gelte wohl nur, wenn die eigenen Interessen unberührt blieben.

Kurz und knapp signalisie­rte Katharina Baumgärtne­r die Zustimmung der Fraktion Grüne/Frauenlist­e zum Haushalt: Es gehe beim Hallenbad voran samt CO2-neutralem Energieträ­ger, toll sei die Kultur aufgestell­t mit dem Vhs-Programm zur demokratis­chen Bildung. Mit Tempo 20 kämen Autofahrer und Fußgänger nach anfänglich­en Problemen auch gut klar – man habe wichtige Impulse für die Zukunft der Stadt geleistet.

Die SPD-Fraktionsv­orsitzende Gabriele Fograscher sah einen ambitionie­rten Haushalt: Sie hoffe, dass die Kitas St. Josef und im Egervierte­l begonnen werden, in Baldingen die Erweiterun­g komme und es in Dürrenzimm­ern eine Lösung für die Schlafplät­ze gebe. Eltern müssten sich auf Betreuungs­plätze verlassen können, wenn sie selbst dem Arbeitsmar­kt zur Verfügung stehen sollen. Künftig müssten finanziell­e Mittel bereitsteh­en, um sich auf Extremwett­erereignis­se vorzuberei­ten. Auch stehe ihre Fraktion zum Verkehrsko­nzept. Der Haushalt wurde einstimmig beschlosse­n.

 ?? Treumann (Archivbild­er) Fotos: Jan-Luc ?? Projekte wie der Neubau der Kita St. Josef sollen in diesem Jahr angegangen und die Krippe in Baldingen soll erweitert werden. Für Parkautoma­ten steht eine halbe Million Euro im Haushalt.
Treumann (Archivbild­er) Fotos: Jan-Luc Projekte wie der Neubau der Kita St. Josef sollen in diesem Jahr angegangen und die Krippe in Baldingen soll erweitert werden. Für Parkautoma­ten steht eine halbe Million Euro im Haushalt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany