Was Sie schon immer über Medien wissen wollten
Martina Bachmann und Chefredakteurin Andrea Kümpfbeck von der Augsburger Allgemeinen sprechen in der Alten Schranne über Journalismus.
Welche Rolle haben Medien in einer Demokratie? Welche Standards gelten bei der Augsburger Allgemeinen und ihren Heimatzeitungen, und wer entscheidet, worüber geschrieben wird und worüber nicht? Über diese und andere Fragen sprachen am Donnerstagabend Andrea Kümpfbeck, Chefredakteurin der Augsburger Allgemeinen, und Martina Bachmann, Redaktionsleiterin der Rieser Nachrichten und der Donauwörther Zeitung in Nördlingen. Dabei erfuhren Interessierte unter anderem, wie die KI aktuell Einzug in den Journalismus hält, wie mit Parteien wie der AfD umgegangen wird und welche Politiker ihre bereits gegebenen Interviews am meisten beeinflussen wollen. Circa 50 Gäste waren in den Saal der Alten Schranne gekommen, um an der Veranstaltung teilzunehmen. Eingeladen hatte die Rieser Volkshochschule im Rahmen eines Sonderprogramms zur politischen Bildung. Wie es denn sei, Markus Söder zu interviewen, war eine der ersten Fragen von Martina Bachmann an die Chefredakteurin – und sie erfuhr, dass der Ministerpräsident ganz schön sperrig sein könne, wenn man ihm von Angesicht
zu Angesicht Fragen stelle, vor Publikum sei er dagegen „ganz anders, da ist er der Smarte“. Im Nachgang eines Interviews gebe es mit Herrn Söder dagegen weniger Probleme, anders als bei seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger von den Freien Wählern. In
Deutschland werden Interviews vor Veröffentlichung an die Interviewten zur Autorisierung geschickt, vor allem, um fachliche Fehler zu vermeiden. Nach der Autorisierung des Interviews mit Aiwanger zur Flugblattaffäre seien von der Pressestelle des bayerischen Wirtschaftsministers Fragen und Antworten verändert oder gar gestrichen worden, „das ist mir so noch nie passiert“, sagte Kümpfbeck. Eine Frage, die ihr immer wieder gestellt werde, wiederholte Martina Bachmann am Abend auch: Wer ihr denn sage, was sie zu schreiben habe. „Ich bin es nicht!“, stellte Kümpfbeck klar. Bei der Augsburger Allgemeinen hätten die Redakteure alle Freiheiten, Meinungsvielfalt sei erwünscht. „Es gibt nicht die da oben“, so Kümpfbeck über angebliche Strippenzieher im Hintergrund. Worüber berichtet wird, sei eine Mischung aus den großen Themen, die alle Medien aufgreifen, selbst gesetzten Themen und dem, worauf die Zeitung von außen hingewiesen werde, zum Beispiel von der Polizei oder von Leserinnen und Lesern.
Der Umgang mit der in Teilen rechtsextremen Partei AfD durch die Medien und die Augsburger Allgemeine im Speziellen kam ebenfalls zur Sprache. Über die AfD werde berichtet, wie über jede andere Partei auch, so Kümpfbeck. Es kämen sowohl Klagen, dass die Partei ungerecht behandelt werde, als auch, dass sie in der Berichterstattung zu viel Platz bekäme. Im weiteren Verlauf des Gesprächs ging es um die Zunahme juristischer Klagen gegen die Zeitung, die immer öfter auftretenden Anfeindungen und Drohungen gegen Journalisten und die Arbeitsweise der Redaktionen in Augsburg, in Donauwörth und Nördlingen. Danach konnten die Gäste Fragen stellen – und sie erfuhren, wie entschieden wird, welche Leserbriefe in die Zeitung kommen, wie Artikelüberschriften entstehen, wie mit Agenturmeldungen, zum Beispiel von der Deutschen Presseagentur, verfahren wird, und dass die Panorama-Rubrik die meistgelesene in der Zeitung ist. Auf die Frage, wie künstliche Intelligenz die Arbeit der Zeitung beeinflusst, antwortete Andrea Kümpfbeck, dass sie die KI nicht als großen Feind, sondern als technische Unterstützung sehe. Um Geschichten zu recherchieren, werde auch weiterhin ein Mensch gebraucht.
Ob es denn stimme, dass gegen den Oberbürgermeister, die Polizei und große Anzeigenkunden nichts geschrieben werde, war eine andere Frage – und die wurde in jeder Hinsicht verneint. RN-Heimatverleger Christoph Eigenrauch erinnerte an den Fall des zu einer Gefängnisstrafe verurteilten Inhabers einer hiesigen Großbrauerei, worüber trotz großer Jubiläumsanzeigen berichtet wurde.