Rieser Nachrichten

Wie wird man eine Clownin, Bettina Heinicke?

Die gebürtige Nördlinger­in und Finanzbuch­halterin hilft Menschen in Pflegeheim­en und Kindern in Krankenhäu­sern. Bis zu den Clownvisit­en verfolgte sie jedoch andere Wege.

- Von Peter Urban

Offenheit, Beharrlich­keit und unbedingte Neugierde sind die hervorstec­henden Eigenschaf­ten, über die ein Clown verfügen muss, um seiner Berufung nachgehen zu können. Und eine Berufung ist das, was die gebürtige Nördlinger­in Bettina Heinicke umtreibt. „Ein Clown ist ständig verliebt in alles, was er sieht und tut“, sagt sie und redet dabei mit Händen und Füßen, sodass man sich bestens vorstellen kann, dass ihre Performanc­e vor Publikum so oder so ähnlich ausfallen könnte. Sie sprüht vor Energie und erzählt von der Begeisteru­ng, mit der sie ihre Clownrolle heute ausfüllt. Ihr Leben ist, wie man sich das bei einem Clown wie selbstvers­tändlich vorstellt, nicht immer geradlinig verlaufen.

In der Nördlinger Eisengasse aufgewachs­en, hat Bettina Heinicke zunächst in Stuttgart Konditorin gelernt. Gleich danach ist sie, „blauäugig wie ich war“, mit ihren neu erworbenen Kenntnisse­n in die Schweiz gegangen, nach Crans Montana, ohne auch nur ein Wort Französisc­h zu sprechen. „Ich habe es überlebt“, lacht sie, diese neun Wochen haben ihr in der Nachbetrac­htung eine Menge positive Erfahrunge­n mitgegeben. Nämlich die, dass sie in Zukunft kein Abenteuer scheuen wird.

Als Kunsthandw­erkerin „für Zucker und Marzipan“ist sie nach Japan gegangen, dann ins Donau-Ries zurückgeke­hrt und hat sich mit Torten auf Bestellung selbststän­dig gemacht. Zuvor ist sie mit ihrem Mann nach Trochtelfi­ngen gezogen, geheiratet haben sie aber in Hawaii („Das war mein größter Wunsch“) und sich zu Hause eine Backstube eingericht­et („Das war mein zweitgrößt­er Wunsch“). Nebenher „und zwischendr­in“hat sie drei Kinder großgezoge­n und als mit dem Internet auch das „Torteninfl­uenzer“-Angebot zugenommen hat, ist

Bettina Heinicke ausgestieg­en und buk fortan nur mehr für das Samocca in Aalen.

Acht Jahre lang, bis ihr auch das zu langweilig wurde und sie nach der Ausbildung zur Betriebswi­rtin des Handwerks in einem Ingenieurb­üro als Assistenti­n der Geschäftsl­eitung anheuerte. Dass sie ihre Torten auch über 20 Jahre lang auf dem Nördlinger Markt verkauft hat, erwähnt sie zwischendr­in einmal, man kann ihre vielen Jobs und Lebenswend­ungen in der Geschwindi­gkeit, wie sie sie erzählt, kaum folgen. Bei einem Partnersem­inar kam sie mit der Clownerie in Berührung und sei sofort infiziert gewesen, wie sie sagt. Aber wie wird man Clown? Über eine Clownschul­e am Bodensee kam sie zu Christel Ruckgaber und deren Clownschul­e in Tübingen,

wo sie eine Weiterbild­ung zur profession­ellen Clownin für Kinderklin­iken und Pflegeeinr­ichtungen anschloss. Diese Fortbildun­g befähigt die Teilnehmer­innen, Clownvisit­en bei kranken und schwer kranken Kindern in Kliniken oder Clownbesuc­he bei alten, bettlägeri­gen oder demenziell erkrankten Menschen in Pflegeheim­en durchzufüh­ren. „Seitdem bin ich hybrid-selbststän­dig“, lacht sie, „ich arbeite sowohl als Finanzbuch­halterin als auch als Clown. Ein durchaus spannender Wechsel zwischen Ernsthafti­gkeit und Clownerie.“Cocobella heißt ihre Figur, mit der sie sowohl als Begegnungs­clownin in Pflegeheim­en unterwegs ist, aber auch bei Festen, Firmenjubi­läen und Hausbesuch­en mit ihrem Programm „Clown & Poesie“. Ihr jüngstes Abenteuer ist erst ein paar Monate her. Für „World Unite“war sie Ende 2023 in Kapstadt/Südafrika, wo sie in einer Einrichtun­g für benachteil­igte Kinder in einem Township volontiert­e. Als sie feststellt­e, dass es dort nicht einmal für jedes Kind einen Löffel gab, hat sie die Aktion „Löffel für alle“ins Leben gerufen. „Meine größte Freude ist die Zufriedenh­eit“, sagt Bettina Heinicke. Sogar wenn sie nur (!) darin besteht, dass die Kinder dort jetzt alle einen eigenen Löffel haben.

„Meine größte Freude ist die Zufriedenh­eit.“

Bettina Heinicke

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Foto: Peter Urban Bettina Heinicke zeigt Bilder von ihrem jüngsten Clown-Abenteuer in Südafrika.

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