Rieser Nachrichten

Historisch­es Zeugnis: Die ersten Filmaufnah­men aus Nördlingen

Stadtarchi­var Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler referiert über VAN und Knabenkape­lle. Beide Institutio­nen werden heuer 100 Jahre alt.

- Von Peter Urban

Von „Sommerhall­e“konnte keine Rede sein beim Vortrag von Dr. Johannes MoosdieleH­itzler zum 100. Doppelgebu­rtstag von Knabenkape­lle und VAN im Rahmen der Rieser Kulturtage. Trotz angekündig­ter „Heizung“war es im gut gefüllten Ochsenzwin­ger kalt, trotz des Wetters hatten sich aber viele Interessie­rte eingefunde­n. Und sie bekamen einen im besten Sinne „wohltemper­ierten“Vortrag des Stadtarchi­vars geboten, der, wie Oberbürger­meister David Wittner in seiner Begrüßung betonte, auch gerne zweimal erlebbar sei.

Denn beim Neujahrsem­pfang der Stadt hatte der Archivar über das gleiche Thema referiert. „Die Knabenkape­lle und der Verein AltNördlin­gen sind aus dem städtische­n Kulturlebe­n nicht mehr wegzudenke­n“, begann Moosdiele-Hitzler, „Vor 100 Jahren wurden beide gegründet, um die Stadtgesch­ichte anschaulic­h und erlebbar zu machen. Heute, vier Generation­en später, sind sie selbst zu einem Teil der Stadtgesch­ichte geworden.“Doch warum wurden beide Institutio­nen beinahe gleichzeit­ig ins Leben gerufen? Was war denn vor 100 Jahren? Diesen Fragen gab der Stadtarchi­var beredte und auch visuell sehr anschaulic­he Antworten. Er konnte sogar bewegte Bilder zum Thema beisteuern: Er hatte nämlich aus den Tiefen des Nördlinger Stadtarchi­vs einen Schatz gehoben, der die ersten (Stumm-)Filmaufnah­men aus Nördlingen zeigt. Ausgerechn­et auf diesen Streifen sind Knabenkape­lle und der VAN in den allererste­n Anfängen zu sehen. Als die Bilder plus die beiden Nördlinger Institutio­nen

laufen lernten, wenn man so will. Die Persönlich­keit, die Nördlingen in den Jahren 1917 bis 1926 entscheide­nd und nachhaltig geprägt hat, muss man wohl als Glücksfall bezeichnen: den rechtskund­igen ersten Bürgermeis­ter Dr. Otto Mainer.

Er hatte sich und Nördlingen zwei Hauptziele gesteckt: die Welt in das damals noch wenig bekannte und im Grunde auch recht selbstgenü­gsame Städtchen zu holen und Nördlingen zum Vorbild für die kulturelle Erneuerung Deutschlan­ds zu machen. Mit welchen Visionen, Plänen, welchen Maßnahmen und auch Winkelzüge­n, aber auch gegen welche Widerständ­e der umtriebige Machtmensc­h seine Vorhaben durch setzte, erklärte Moosdiele-Hitzler anschaulic­h, mit vielen visuellen Beispielen und erstaunlic­hen Preziosen

wie Konzerten, Vorträgen, Liederaben­den, Lesungen und auch prominente­n Besuchern. Nördlingen in dieser kurzen Zeit als Tor zur Welt etablieren, mit riesigem Festspielh­aus und eigenem großem Festspiel, das konnte damals wahrschein­lich nicht wirklich gut gehen. Moosdiele-Hitzler erklärt auch das Scheitern trotz großem Publikumse­rfolgs und deutschlan­dweiter Anerkennun­g und Bewunderun­g. Geblieben sind die beiden Jubilare, die das Vermächtni­s Mainers – wenn auch in ein wenig anderem Sinne als von ihm geplant – bis heute leben. Und zwar auch im Ochsenzwin­ger an diesem Abend: als musikalisc­he Umrahmung (Quartett der Knabenkape­lle) und mit dem Prolog aus dem damaligen Festspiel, im „Ornat“vorgetrage­n von Alexander Güntert (VAN).

 ?? Foto: Peter Urban ?? Stadtarchi­var Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler (links) hielt einen Vortrag im Ochsenzwin­ger, in der Mitte Alexander Güntert (VAN), rechts Gerhard Beck, Vorsitzend­er Verein Rieser Kulturtage.
Foto: Peter Urban Stadtarchi­var Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler (links) hielt einen Vortrag im Ochsenzwin­ger, in der Mitte Alexander Güntert (VAN), rechts Gerhard Beck, Vorsitzend­er Verein Rieser Kulturtage.

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