Obama setzt auf Geduld
US-Präsident:Kampf gegen Islamisten ist Generationenaufgabe
Sicher, eine Konferenz allein löst noch kein Problem. Und das Wort vom Gipfel wird so inflationär bemüht, dass man es gar nicht mehr lesen möchte. Es sind Minister und Bürgermeister, Gelehrte und Geistliche, die sich in Washington versammelt haben, um über Strategien gegen Terroristen zu reden. Eine solche Runde einen Antiterrorgipfel zu nennen, nur weil der amerikanische Präsident sie ausrichtet, ist schon ziemlich vermessen.
Dennoch hat der Kongress seinen Wert, schon deshalb, weil er deutlich macht, wo Barack Obama die Akzente setzt. Anders gesagt, worin sich die Nummer 44 in der Amtschronik des Weißen Hauses von der Nummer 43 unterscheidet, von jenem George W. Bush, dessen überstrapazierte Parole vom „Krieg gegen den Terror“der Nachfolger konsequent aus all seinen Reden strich.
Was man gerade erlebt, erinnert an den Sozialarbeiter Obama, wie er einst in den Problemvierteln Chicagos, wo Stahlarbeiter ihre Jobs verloren und Teenager früh auf die schiefe Bahn gerieten, zu helfen versuchte. Er weiß genauso gut wie seine Berater, dass es soziale Ursachen hat, wenn junge Leute ihr Heil bei den Rattenfängern der IS-Miliz suchen. Die Perspektivlosigkeit in den Satellitenstädten mancher europäischer Metropolen, die Korruption in der arabischen Welt: Gäbe es den Nährboden nicht, könn-
GLOSSE ten die Propagandisten des Fanatismus nicht so erfolgreich um Fußsoldaten werben.
Dass es dagegen keine einfachen Rezepte gibt, und schon gar keine mit schneller Wirkung, weiß man auch im Weißen Haus. Deshalb klingt Barack Obama fast wie Angela Merkel, wenn sie jene Geduld beschwört, die ja irgendwann auch zum Fall der Berliner Mauer führte. Islamistischen Terroristen das Wasser abzugraben – Obama nennt dass eine Generationenaufgabe.
Zugegeben, es klingt nach der Trägheit einer schwerfälligen Bürokratie, wenn seine Regierung verspricht, nun endlich ihre Online-Auftritte zu verbessern, um den geschickt twitternden Fanatikern das Wasser reichen zu können. Ein bisschen klingt es auch nach Ratlosigkeit. Doch Obama hat recht mit dem Prinzip des langen Atems, zumal, wenn man die Alternativen bedenkt. Bush reagierte auf die Anschläge des 11. September, indem er Truppen in Marsch setzte. Bekanntlich war es die Invasion im Irak, die die Vorläufer dessen, was sich heute IS nennt, auf dem nahöstlichen Spielfeld erscheinen ließ. Daraus zieht Obama den Schluss, nicht noch einmal Bodentruppen in die Krisenzone zu beordern, jedenfalls nicht in großem Stil. Mögen ihn konservative Hardliner noch so scharf als ewigen Zauderer kritisieren, ein massiver Militäreinsatz, wie sie ihn die Falken vorschlagen, würde langfristig nichts zur Lösung beitragen.