Commerçon empört über Parteifreunde
Minister verteidigt Künstler im Kulturdezernat-Streit gegen Kritik der Saarbrücker Sozialdemokraten
Die Sozialdemokraten in der Landeshauptstadt halten den Protest der Kulturszene gegen die Auflösung des Saarbrücker Kulturdezernates für „Empörungsrhetorik“. Das wiederum empört Saar-Kultusminister Commerçon. Er stellt sich schützend vor den Protest.
Saarbrücken. Ulrich Commerçon (SPD) hat was übrig für eine klare Ansage. Letztere trifft jetzt freilich eigene Parteifreunde, nämlich die Saarbrücker Stadtratsfraktion. Deren Initiative, zusammen mit der Linken und den Grünen die Abschaffung des eigenständigen Saarbrücker Kulturdezernates voranzutreiben, hat Wirbel ausgelöst (die SZ berichtete). Im Eifer des öffentlichen Gefechtes wurde wohl nicht jedes Wort wohl bedacht. Als „völlig unangemessene Äußerungen“wertet jedenfalls Commerçon die Formulierungen, mit denen SPDRatsfraktionschef Peter Bauer auf den Protest der Kulturschaffenden reagiert hatte („undifferenzierte Empörungsrhetorik“). Dazu bezieht der Kultusminister demonstrativ Gegenposition: „Das streitbare Engagement der Kulturschaffenden“habe Respekt verdient, sagt er der SZ. „Ich wünsche mir ausdrücklich, dass sich die Künstler und Künstlerinnen einmischen. Ich bin froh, wenn sie sich auch in politischen Fragen deutlich zu Wort melden. Das passiert mir viel zu selten.“Auch Personaldebatten müssten offensiv geführt werden dürfen, so Commerçon. „Es kann und darf den Künstlern nicht egal sein, wer sie und ihre Interessen vertritt.“Er hält es für falsch, Künstler auf „l’art pour l’art“zu beschränken: „Künstler sollen nicht nur für unser ästhetisches Wohlbefinden sorgen, sie haben einen gesellschaftspolitischen Auftrag.“
Zugleich erkennt Commerçon die Sparzwänge der Landeshauptstadt an und die Notwendigkeit der Umstrukturierung. Wenn jahrelang Personal im unteren und mittleren Bereich weggefallen sei, müssten nun auch „die Häuptlinge“ihren Beitrag leisten. Entscheidend sei, so der Minister, dass das Kulturdezernat der Landeshauptstadt als solches erkennbar bleibe und dass derjenige, der es übernehme, „mit Leidenschaft bei der Sache“sei. Commerçon vertraut auf einen intelligenten Vorschlag der Oberbürgermeisterin.
Doch welcher Handlungsspielraum steht Charlotte Britz (SPD) offen? Der Stadtrat wählt die Beigeordneten nach vorheriger Ausschreibung. In Saarbrücken hat eine rot-rot-grüne Mehrheit das Sagen. Für die AufgabenNeuverteilung ist jedoch der Verwaltungschef zuständig, ihm obliegt das Vorschlagsrecht. Britz kann also einen ei- genen, womöglich unorthodoxen Vorschlag unterbreiten. Doch beim Rat liegt die Entscheidungsmacht. Modifizieren kann er den Vorschlag nicht, er lehnt ab oder nimmt an. De facto bedeutet dies, dass es einen Einigungszwang gibt. Denn bei Ablehnung muss die Verwaltungsspitze einen neuen Vorschlag vorlegen. Machbar ist also nur das machtpolitisch Tragfähige.
Und das muss auch noch die Bürger überzeugen – ein Aspekt, der wohl in den Mehrheitsfraktionen unterschätzt wurde. Doch jetzt bewegt sich was. Die SPD-Stadtratsfraktion möchte mit dem maßgeblich von ihr entfachten Gegenwind offensiv umzugehen. Am 5. März ist eine Podiumsrunde geplant, in der sich die Fraktion kritischen Fragen stellen will.