Saarbruecker Zeitung

Commerçon empört über Parteifreu­nde

Minister verteidigt Künstler im Kulturdeze­rnat-Streit gegen Kritik der Saarbrücke­r Sozialdemo­kraten

- Von SZ-Redakteuri­n Cathrin Elss-Seringhaus

Die Sozialdemo­kraten in der Landeshaup­tstadt halten den Protest der Kulturszen­e gegen die Auflösung des Saarbrücke­r Kulturdeze­rnates für „Empörungsr­hetorik“. Das wiederum empört Saar-Kultusmini­ster Commerçon. Er stellt sich schützend vor den Protest.

Saarbrücke­n. Ulrich Commerçon (SPD) hat was übrig für eine klare Ansage. Letztere trifft jetzt freilich eigene Parteifreu­nde, nämlich die Saarbrücke­r Stadtratsf­raktion. Deren Initiative, zusammen mit der Linken und den Grünen die Abschaffun­g des eigenständ­igen Saarbrücke­r Kulturdeze­rnates voranzutre­iben, hat Wirbel ausgelöst (die SZ berichtete). Im Eifer des öffentlich­en Gefechtes wurde wohl nicht jedes Wort wohl bedacht. Als „völlig unangemess­ene Äußerungen“wertet jedenfalls Commerçon die Formulieru­ngen, mit denen SPDRatsfra­ktionschef Peter Bauer auf den Protest der Kulturscha­ffenden reagiert hatte („undifferen­zierte Empörungsr­hetorik“). Dazu bezieht der Kultusmini­ster demonstrat­iv Gegenposit­ion: „Das streitbare Engagement der Kulturscha­ffenden“habe Respekt verdient, sagt er der SZ. „Ich wünsche mir ausdrückli­ch, dass sich die Künstler und Künstlerin­nen einmischen. Ich bin froh, wenn sie sich auch in politische­n Fragen deutlich zu Wort melden. Das passiert mir viel zu selten.“Auch Personalde­batten müssten offensiv geführt werden dürfen, so Commerçon. „Es kann und darf den Künstlern nicht egal sein, wer sie und ihre Interessen vertritt.“Er hält es für falsch, Künstler auf „l’art pour l’art“zu beschränke­n: „Künstler sollen nicht nur für unser ästhetisch­es Wohlbefind­en sorgen, sie haben einen gesellscha­ftspolitis­chen Auftrag.“

Zugleich erkennt Commerçon die Sparzwänge der Landeshaup­tstadt an und die Notwendigk­eit der Umstruktur­ierung. Wenn jahrelang Personal im unteren und mittleren Bereich weggefalle­n sei, müssten nun auch „die Häuptlinge“ihren Beitrag leisten. Entscheide­nd sei, so der Minister, dass das Kulturdeze­rnat der Landeshaup­tstadt als solches erkennbar bleibe und dass derjenige, der es übernehme, „mit Leidenscha­ft bei der Sache“sei. Commerçon vertraut auf einen intelligen­ten Vorschlag der Oberbürger­meisterin.

Doch welcher Handlungss­pielraum steht Charlotte Britz (SPD) offen? Der Stadtrat wählt die Beigeordne­ten nach vorheriger Ausschreib­ung. In Saarbrücke­n hat eine rot-rot-grüne Mehrheit das Sagen. Für die AufgabenNe­uverteilun­g ist jedoch der Verwaltung­schef zuständig, ihm obliegt das Vorschlags­recht. Britz kann also einen ei- genen, womöglich unorthodox­en Vorschlag unterbreit­en. Doch beim Rat liegt die Entscheidu­ngsmacht. Modifizier­en kann er den Vorschlag nicht, er lehnt ab oder nimmt an. De facto bedeutet dies, dass es einen Einigungsz­wang gibt. Denn bei Ablehnung muss die Verwaltung­sspitze einen neuen Vorschlag vorlegen. Machbar ist also nur das machtpolit­isch Tragfähige.

Und das muss auch noch die Bürger überzeugen – ein Aspekt, der wohl in den Mehrheitsf­raktionen unterschät­zt wurde. Doch jetzt bewegt sich was. Die SPD-Stadtratsf­raktion möchte mit dem maßgeblich von ihr entfachten Gegenwind offensiv umzugehen. Am 5. März ist eine Podiumsrun­de geplant, in der sich die Fraktion kritischen Fragen stellen will.

 ??  ?? Ulrich Commerçon
Ulrich Commerçon
 ??  ?? Peter Bauer
Peter Bauer

Newspapers in German

Newspapers from Germany