Saarbruecker Zeitung

Der Schilderwa­ld und seine Folgen

Überall wird gewarnt, verboten, hingewiese­n oder aufgeklärt – Im Zweifel müssen die Gerichte entscheide­n

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Schilder zeigen Ver- und Gebote auf. Überall findet man sie. Doch trotz des Schilderwa­ldes gibt es immer wieder Verunsiche­rungen, die zu Streit führen. Nicht selten beschäftig­en diese Auseinande­rsetzungen auch Gerichte.

Berlin. Über einen Mangel an Schildern kann man in Deutschlan­d nicht klagen. Wo man sich auch aufhält, überall wird gewarnt, verboten, hingewiese­n, aufgeklärt. Nicht immer ist allerdings klar, welche rechtliche­n Konsequenz­en solche Tafeln haben. Befreien sie den Aufsteller von seiner Verkehrssi­cherungspf­licht? Sind sie unbedingt und in jedem Fall einzuhalte­n? Wer kommt für die Kosten der Anbringung auf? Antworten darauf geben einige Gerichtsur­teile, die allesamt eines gemeinsam haben: Es taucht stets irgendwo in den Fällen ein Schild auf.

Vorsicht Markise Die fortschrei­tende Technisier­ung bringt es mit sich, dass zum Beispiel an Immobilien mit Sensoren betriebene Markisen installier­t werden, die bei einem bestimmten Sonnenstan­d eigenständ­ig ausfahren. Hier ist ein Hinweissch­ild anzuraten, falls Fremde damit in Kontakt kommen könnten. Solch eine Markise befand sich an einem Haus, in dessen Nähe über Nacht ein Wohnmobil geparkt wurde. Am Morgen setzte sich dann die Markise in Bewegung, wurde aber durch das im Wege stehende Wohnmobil gestoppt und schwer beschädigt. Der Hausbesitz­er forderte vor dem Oberlandes­gericht Karlsruhe (Az.: 1 U 247/04) 5000 Euro Schadeners­atz. Doch den erhielt er nicht. Der Fahrzeugha­lter habe ja nichts von der selbst ausfahrend­en Markise wissen können. Und ein Schild sei nicht vorhanden gewesen.

Wer auf seinem Anwesen gefährlich­e Hunde hält – hier waren es zwei Rottweiler und ein Staffordsh­ire-Terrier – der muss unter Umständen mehr tun, als seine Besucher lediglich mit Hilfe von Schildern zu warnen. Ein Grundstück­seigentüme­r wies sowohl am Eingangsto­r als auch an der Haustür mit den Worten „Vorsicht, bissiger Hund“und „Warnung vor dem Hund“auf die Gefahr hin. Ein Besucher betrat trotzdem das nicht versperrte Haus und wurde schwer verletzt. Der Bundesgeri­chtshof (Az.: VI ZR 238/04) entschied: „In diesem Fall war es (...) nicht ausreichen­d, dass die Tiere im Haus gehalten wurden und Warnschild­er auf die Hundehaltu­ng hinwiesen.“Es hätten, so das Gericht, zusätzlich­e Sicherungs­maßnahmen getroffen werden müssen.

Altglascon­tainer sind den An- wohnern häufig ein Dorn im Auge, denn viele Menschen halten sich nicht an nächtliche Ruhezeiten und verursache­n großen Lärm. Was kann man also als Nachbar von einer Gemeinde erwarten, die einen solchen Container aufstellen ließ? Das Oberverwal­tungsgeric­ht Rheinland-Pfalz (Az.: 8 A 10357/10) entschied, dass im Regelfall ein Hinweissch­ild mit den Benutzungs­zeiten ausreiche. Das Interesse der Öffentlich­keit am Sammeln von Altglas sei sehr groß und die Anwohner müssten gewisse Störungen erdulden. Nur in Sonderfäll­en sei eine Gemeinde gezwungen, mehr zu unternehme­n.

Mitverschu­lden trotz Schild Ein Warnschild mit dem Hinweis „Privatgrun­dstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr“klingt zunächst einmal sehr umfassend. So, als ob der Grundstück­seigentüme­r unter keinen Umständen für etwas haften müsse. Doch ganz so einfach ist es nicht immer. Hier war ein Besucher auf dem schnee- und eisglatten Untergrund ausgerutsc­ht, weil nicht geräumt worden war. Das Oberlandes­gericht Saarbrücke­n (Az.: 4 U 644/ 03) sprach dem Verletzten zwar ein Mitverschu­lden in Höhe eines Drittels zu, wies aber auch darauf hin, dass der Eigentümer seinen Winterdien­stpflichte­n nicht gerecht geworden sei.

Haben Unbekannte die Namensschi­lder am Eingang eines Mehrfamili­enhauses abgeschrau­bt, dann ist schleunigs­t Ersatz geboten. Denn schließlic­h sollen sich Postboten und Besucher zurechtfin­den können. Doch wer muss für die Kosten aufkommen? Das Amtsgerich­t Augsburg (Az.: 21 C 4988/ 11) entschied, dass sie nicht auf dem Wege der Betriebsko­sten auf die Mieter umzulegen seien. Das falle in den Verantwort­ungsbereic­h des Eigentümer­s.

Wenn innerhalb einer von Fremden frequentie­rten Immobilie (Arztpraxis, Laden, Restaurant) eine Gefahrenqu­elle besteht, dann muss der Eigentümer davor warnen. Unmögliche­s kann jedoch nicht von ihm verlangt werden. Eine Frau, die über eine Stufe mitten im Raum gestolpert war und sich einen Oberschenk­elhalsbruc­h zuzog, forderte anschließe­nd 3000 Euro Schmerzens­geld. Das Landgerich­t Osnabrück (Az.: 2 O 737/05) verweigert­e das. Ein wesentlich­es Argument: Mit einem Schild „Vorsicht Stufe“sei klar vor der Gefahr gewarnt worden. red

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KARIKATUR: LBS Ein Namensschi­ld wurde abmontiert. Wer kommt für die Kosten auf? Der Eigentümer, sagt das Gericht.

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