Saarbruecker Zeitung

Mit Meditation gegen die Migräne

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Für Migränepat­ienten werden immer häufiger Meditation­sübungen angeboten. Tatsächlic­h sind sich Fachleute darüber einig, dass eine Stressredu­ktion über Meditation Erfolge gegen den heimtückis­chen Schmerz verspricht. „Man kann die Augen nicht heilen ohne den Kopf, den Kopf nicht ohne den Leib, den Leib nicht ohne die Seele“– diese simple Wahrheit erkannte bereits der griechisch­e Philosoph Platon. Doch für viele Migränepat­ienten sind das womöglich nur leere Worte, wenn eine Attacke sie fest im Griff hält und sie ihrem pochenden oder pulsierend­en Schmerz ausgeliefe­rt sind. Häufig werden diese ein bis zwei Tage währenden Schmerzen noch von Übelkeit, Brechreiz und Empfindlic­hkeit gegen Licht, Gerüche, ja sogar gegen Musik und Berührung begleitet. Die lähmenden Kopfschmer­zen schränken die Lebensqual­ität der Betroffene­n drastisch ein, Stress gilt als einer der Hauptauslö­ser für häufige Migräneanf­älle.

Pilotstudi­e beschäftig­t sich mit Stressredu­ktion

Da ist es nicht verwunderl­ich, dass eine kleine Pilotstudi­e, die das Prinzip der Stressredu­ktion untersucht, wieder ein wenig Anlass zu Hoffnung gibt. Wie kürzlich in dem Fachmagazi­n „Headache“beschriebe­n wurde, untersucht­en Wissenscha­ftler der Universitä­t Wake Forest Baptist Medical Center im US-Bundesstaa­t North Carolina den Nutzen von standardis­ierten Entspannun­gsübungen auf Migränethe­rapie- und prävention. Die randomisie­rte klinische Studie beruht auf dem in den späten 70er Jahren von dem Molekularb­iologen Jon Kabbat-Zinn entwickelt­en Programm zur Achtsamkei­tsbasierte­n Stressredu­ktion (Mindfulnes­s-BasedStres­s-Reduction, kurz MBSR).

Zehn Studientei­lnehmer wurden in dieser Technik unterricht­et, die auf einigen Yoga-Haltungen und der buddhistis­chen Vipassana-Meditation beruht – die man jedoch auch ohne deren spirituell­en Hintergrun­d ausüben kann. In Gruppen und einzeln lernten die Probanden dabei ihre Aufmerksam­keit auf den gegenwärti­gen Moment zu lenken. Mit den Übungen sollten sie lernen, ihre Gefühle und Ge- danken wahrzunehm­en – ohne sie zu bewerten.

35 Minuten Meditation

Durchschni­ttlich 35 Minuten täglich meditierte­n die Teilnehmer, was von Studienlei­terin Rebecca Erwin Wells als optimal bezeichnet wurde. Eine Kontrollgr­uppe von neun Migränepat­ienten erhielt die übliche medizinisc­he Betreuung, alle Teilnehmer mussten ein Kopfschmer­z- und Migränetag­ebuch führen. Das gar nicht so verwunderl­iche Ergebnis: Diejenigen Probanden, die gelernt hatten ihren Schmerz gelassen zu beobachten und zu kontrollie­ren, litten tendenziel­l weniger an Migräne bzw. hatten weniger schwere Anfälle. Auch die Dauer der Attacken war weniger lang und schränkte die Leidgeplag­ten weniger ein. Obwohl die Neurologen einräumten, dass zu wenig Personen an der Studie teilnahmen, um wissenscha­ftlich fundierte Abweichung­en bei der Schwere und Häufigkeit von Migräneanf­ällen zu erfassen, seien die positiven Effekte des MBSR-Trainings deutlich sichtbar geworden - auch wenn natürlich das vielschich­tige Problem damit nicht völlig beseitigt werden kann.

Aber für viele Migränepa- tienten bedeutet es sicher schon einen großen Fortschrit­t und einen Zugewinn an Lebensqual­ität, wenn die monatliche Anzahl, sowie die Dauer und Schwere der berüchtigt­en Attacken sich vermindern ließe. Deshalb wollen die USWissensc­haftler in weiteren, größer angelegten Studien, die nebenwirku­ngsfreien Effekte dieser standardis­ierten Meditation­spraxis noch eingehende­r untersuche­n. Schließlic­h sinnierte schon der Dichterfür­st Goethe, dass Meditation uns mit dem in Berührung bringt, was die Welt im Innersten zusammenhä­lt. Und das ist sicher nicht Schmerz.

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