Saarbruecker Zeitung

Kein Problem, ich bin Migräniker!

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Das Jahrhunder­tgenie Albert Einstein war einer. Hildegard von Bingen war ebenfalls eine. Auch Königin Elisabeth II. und Harald Schmidt sind welche. Die Liste von Persönlich­keiten, die zwar einerseits Migräniker sind, deren Gehirn aber anderersei­ts besonders herausrage­nd arbeitet, ließe sich noch endlos fortsetzen.

Mehr als Gesunde scheinen sich Migräne-Patienten zu bemühen, bei den von ihnen geschulter­ten Aufgaben intensiver und effektiver nach Lösungsmög­lichkeiten zu suchen. Mit diesem Phänomen beschäftig­te sich kürzlich ein Team von Rostocker und Münchner Forschern unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Knopp, von der Deutschen Migräne- und Kopfschmer­zgesellsch­aft. In einem Experiment setzten sie jeweils 24 Migränepat­ienten und 24 gesunde Personen Situatione­n aus, in denen sie hilflos waren. Sie mussten bei einem bestimmten, anstrengen­den Tonsignal so schnell es ihnen möglich war eine Taste drücken, um so den Ton zu beenden. Zur Belohnung gab es einen Euro. Nach 16 von 32 Messdurchg­ängen konnten die Probanden den Ton aber nicht mehr wie gewohnt abstellen, er dauerte stattdesse­n einfach mehrere Sekunden an, da die Forscher den Mechanismu­s blockiert hatten.

Die Teilnehmer gerieten unter Stress, ihre vorher angehäufte Belohnung schmolz wieder dahin. Mittels der sogenannte­n Elektroenz­ephalograf­ie (EEG) zeichneten die Wissenscha­ftler ihre Gehirnströ­me auf. „Die teilnehmen­den Migränepat­ienten aktivierte­n mehr kognitive Ressourcen, den Ton abzustelle­n, als die Gesunden. Das drückte sich in einem vergrößert­en EEG-Signal und einer signifikan­t schnellere­n Reaktionsz­eit aus“, fasste der Studienlei­ter Prof. Dr. Knopp das erstaunlic­he Ergebnis des sogenannte­n Hilflosigk­eitsexperi­ments zusammen.

Entgegen der landläufig­en Meinung erweisen sich also die Migräniker als weniger stressanfä­llig und zudem kreativer als gesunde Menschen. Bei Albert Einsteins berühmten Worten, dass eine neue Art von Denken notwendig sei, wenn die Menschheit weiterlebe­n will, kann man also getrost verstärkt die Migräniker berücksich­tigen, die in vielen Fällen die besseren Problemlös­er sind.

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