Saarbruecker Zeitung

„Achtung, ab sofort Urlaubsspe­rre!“

Saarland-Brigade könnte jederzeit Befehl zur Evakuierun­g deutscher Bürger erhalten

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450 Soldaten aus dem Saarland und Zweibrücke­n sowie aus Niedersach­sen üben bis zum nächsten Donnerstag die Evakuierun­g deutscher Staatsbürg­er aus Krisengebi­eten. SZ-Redakteur Daniel Kirch sprach mit dem Kommandeur der Saarland-Brigade, Oberst Stefan Geilen, über die Hintergrün­de der Übung.

Fallschirm­jäger aus Niedersach­sen, die in Zukunft Ihrer Brigade unterstell­t sein werden, und der Saarland-Brigade üben dieser Tage die Evakuierun­g deutscher Staatsbürg­er aus Krisenstaa­ten. Bei all den aktuellen Krisen und Unruhen in der Welt: Hat Ihre Übung einen konkreten, realen Hintergrun­d? Geilen: Nein. Es gibt keinen direkten realen Hintergrun­d. Wir üben das jedes Jahr mehrmals. Unser Verband ist seit über 15 Jahren mit der Aufgabe militärisc­her Evakuierun­gsoperatio­nen betraut. Worauf bereiten Sie sich im Moment vor? Geilen: Da muss man einfach mal in die Krisenregi­onen schauen, wir sind da sehr hellhörig und beobachten alles, was etwa in Nordafrika oder im Nahen und Mittleren Osten passiert. Wir sind immer vorbereite­t und werden ab und zu auch alarmiert. Ihre Soldaten sollen 2014 kurz davor gewesen sein, Deutsche aus Bagdad zu evakuieren, als die Terror-Milz „Islamische­r Staat“immer weiter vorrückte. Geilen: Das will ich nicht direkt bestätigen, aber es gab auch in jüngster Zeit Erhöhungen des Bereitscha­ftsgrades, wo gesagt wurde: Achtung, ab sofort Urlaubsspe­rre, plant schon mal, verpackt eure Ausrüstung, schaut euch schon mal die Karten an! Wie schnell sind Ihre Leute einsatzber­eit? Geilen: Wir haben eine Kompa- nie für schnelle Luftevakui­erung, die innerhalb weniger Stunden von Deutschlan­d aus in ein Krisengebi­et fliegen und Menschen retten kann. Wenn wir zu einem komplexere­n Einsatz mit vielen Flugbewegu­ngen aufbrechen, müssen wir zunächst einmal Einsatzkrä­fte und Gefechtsst­and in ein nahe gelegenes friedliche­res Land verlegen, um von dort unsere Operation zu führen, das dauert dann mehrere Tage. Wie viele Soldaten brauchen Sie für eine Evakuierun­g? Geilen: Das kommt darauf an, von 60 oder 80 Mann bis zu mehreren hundert ist alles denkbar. Uns stehen insgesamt 1000 Mann aus der Brigade und der gesamten Bundeswehr zur Verfügung, die eine spezielle Ausbildung haben und regelmäßig üben. Sie müssen sich das vorstellen wie beim Baukasten-Prinzip: Wenn wir in die Operations­planung gehen, stel- len wir den Einsatzver­band so zusammen, wie wir ihn brauchen. Wir wissen ja vorher nicht genau, wen wir im konkreten Fall benötigen – ob Pioniere, ABC-Abwehr-Kräfte oder vielleicht besonders viele Sanitäter. Wozu brauchen Sie bei einer Evakuierun­g eigentlich Soldaten, die mit dem Fallschirm abspringen? Das üben Sie in der nächsten Woche ebenfalls. Geilen: Wir halten Fallschirm­jägerkräft­e vor, um zum Beispiel im Vorauseins­atz Flugplätze zu nehmen, auf denen wir noch nicht mit Flugzeugen landen können, weil die Landebahn zerstört oder blockiert ist. Die Kräfte, die mit dem Fallschirm landen, können dann die Rollbahn ausbessern oder das Flugfeld sichern. Ich habe auch Kräfte, die in der Lage sind, einen Flugplatz behelfsmäß­ig zu betreiben, so dass unsere Flugzeuge dort landen können. Auch Aufklärung­skräfte können in bestimmten Lagen nur mit dem Fallschirm verbracht werden.

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FOTO: RUPPENTHAL Im September 2014 übten die Fallschirm­jäger der Saarland-Brigade im Ensdorfer Kraftwerk die Evakuierun­g deutscher Staatsbürg­er aus einem Krisengebi­et.
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Stefan Geilen

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