Saarbruecker Zeitung

Der Mann, der nicht nur Merkel kann

Reiner Kröhnert nahm sein Publikum bei den Winzern mit zu den Großen der Politik

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Er lässt verblichen­e Machtmensc­hen aus der Vorhölle lästern und macht sich treffsiche­r über Angela Merkel und ihren Hofstaat lustig. Reiner Kröhnert demaskiert­e einmal mehr mit wandelbare­r Stimme und Mimik die Wichtigen.

Saarbrücke­n. Aggression? Durchsetzu­ngsfähigke­it? Klare Ansagen? Testostero­n war gestern. Die neue Mutti-Weltordnun­g kommt gewaltig, nach dem Motto: „Wenn ich eine Wand auf mich zukommen sehe, dann bremse ich und wende!“Und selbstvers­tändlich ist eine umsichtige Mutti auch bereits an Situatione­n angepasst, die noch gar nicht stattgefun­den haben. Mutti? Das Programm „Mutti reloaded“, mit dem der Kabarettis­t Reiner Kröhnert dem ausverkauf­ten „Kultur-Salon“bei den Winzern einen politische­n Aschermitt­woch bescherte, ist natürlich, wie könnte es bei Kröhnert anders sein, auf Bundeskanz­lerin Angela Merkel gemünzt. Deren „System“nahm der Meister der süffisante­n Parodie genüsslich auseinande­r

Die Hände als Merkel-Raute, die Augen himmelwärt­s gerichtet: Reiner Kröhnert war auch in Saarbrücke­n nah am Original.

und ließ dabei etliche andere Prominente, darunter nicht nur Politiker, zu Wort kommen. Zum Beispiel Peter Hintze und Ronald Pofalla, die sich einen Wettbewerb in Arschkriec­herei liefern und mit Begeisteru­ng an den Winden aus Merkels „gebenedeit­em Gekröse“schnuppern. Oder das senile Trio Hans-Dietrich Genscher, Bernhard Vogel und Rita Süßmuth, das dem politische­n Gegner gern die dritten Zähne zeigen würde, aber sich selbige schon an der eigenen Partei ausbeißt. Ebenfalls urkomisch: die Talkshow „Der Intellekt hat viele Gesichter“, bei der Michel Friedman und Rüdiger Safranski sich verzweifel­t um einen philosophi­schen Diskurs mit einem intellektu­ellen Grundlinie­nspieler wie Boris Becker oder anderen Geistesgrö­ßen wie Dieter Bohlen, Franz Beckenbaue­r oder Daniela Katzenberg­er be- mühen. Wolfgang, „der Drachmentö­ter“, Schäuble darf das Freihandel­s-Abkommen TTIP als „feine Sache“feiern, „wenn man’s mal mit den Augen eines Optimisten sieht“– schließlic­h werde auch Gen-Mais nicht so heiß gegessen, wie er gekocht werde. Bundespräs­ident Joachim Gauck wird als Worthülsen­fabrikant geschmäht, der eine ernsthafte Debatte über Krieg und Frieden verweigert, indem er sie auf Kindergebu­rtstags- und Ponyhof-Niveau herabzieht. Scharfzüng­ig und böse auch die Begegnung von „Mauermörde­r“Erich Honecker und „Wannenwürg­er“Gerhard Stoltenber­g, die sich in der Vorhölle verbrüdern, oder das Porträt eines verklärten, aber mit vitalen Metaphern wütenden Wolf Biermann, der den Linken als „letzten Maden in der ideologisc­hen Phrasensül­ze“den Kampf ansagt. Das begeistert­e Publikum erklatscht­e Zugaben. kek

Wieder: Donnerstag, 12. März, 20 Uhr. Karten im Internet unter www.ticket-regional.de/kir

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FOTO: KERSTIN KRÄMER

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