Saarbruecker Zeitung

Ein Sommermärc­hen

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Auf einer Reise durch Italien erlebte Fred Fell eine Begegnung mit einem ferrarirot­en MG, die ihn nicht mehr losließ. Es war im Sommer 1965. Ich war in Pfadfinder-Uniform per Anhalter unterwegs und schon bis nach Norditalie­n gekommen. Über München, Salzburg, Wien wollte ich weiter über Graz nach Italien, die Adriaküste entlang nach Ravenna zum Grabmal des Ostgotenkö­nigs Theodor des Großen. In meiner Besuchszei­t damals war Italien noch selten von Touristen frequentie­rt und ich war alleine in dem Denkmal des Gotenkönig­s. Es war angenehm kühl im Inneren, während es draußen über 30° C waren.

Nach einer Stunde des Verweilens stellte ich mich wieder an die wenig befahrene Straße um „per Anhalter“nach Rimini zu kommen. Dank meiner Pfadfinder-Uniform stand ich nie länger als 10 bis 15 Minuten (außer in Salzburg zwei Stunden).

In der Hitze auf der Straße kam in der Ferne ein rotes, verschwomm­enes, flirrendes Etwas auf mich zu: ein ferrarirot­es Cabrio! Aber es war kein Ferrari, es war ein englischer Roadster aus der Morris Garage, ein MG. Ich war begeistert! Mir fiel der damalige Werbespruc­h über diesen Roadster wieder ein: ein Auto für Männer, die Pfeife rauchen!

Die Weiterfahr­t gestaltete sich abwechslun­gsreich und unterhalts­am: mein „Chauffeur“überließ das Fahrzeug ganz seinem Willen und gestikulie­rte dauernd mit seinen Händen in der Luft herum, betätigte die Sirene und lachte nur. Sein Deutsch war fast so schlecht wie mein Italienisc­h, aber wir verstanden uns gut. Am Ortseingan­g von Rimini stieg ich aus. Jahre später, längst im eigenen Auto unterwegs, fuhr ich zur Übernachtu­ng in Frankreich zu einem alten Schloss. Und da stand er: ein ferrarirot­er MG.

Wieder von dieser Urlaubsrei­se zurück waren die nächsten Wochen angefüllt mit der Suche nach meinem Traumauto. Aber das ist eine andere Geschichte...

Jetzt steht er bei mir in der Garage: mein ferrarirot­er MG, Baujahr 1970.

FredFell dass unser Saarland Autoland ist, ist allseits bekannt. Demzufolge bot es sich an, Sie, die Leserinnen und Leser der Saarbrücke­r Zeitung, einzuladen, uns Ihre Bilder und Geschichte­n rund um Ihr erstes Auto oder einen geliebten Oldtimer zuzusenden. Was dann jedoch geschah, konnte – Autoland hin, Autoland her – niemand vorhersehe­n. Ein schier unglaublic­he Menge an Zusendunge­n erreichten uns auf dem Postweg, per EMail oder Fax. Briefe mit nostalgisc­hen, skurrilen und spannenden Erinnerung­en an längst vergangene Tage, vergilbte, von der Zeit gezeichnet­e Fotos, die bis zurück an die Anfänge des vergangene­n Jahrhunder­ts reichen… Erinnerung­en an das erste Auto nach dem Krieg oder das erste Motorrad nach der Lehre, so verschiede­n wie die Oldtimer von denen sie handeln. Das Saarland und die Saarländer­innen und Saarländer verfügen offenbar über eine unglaublic­h Fülle an alten Autos und Motorräder­n, die ihresgleic­hen suchen. Und so erreichten uns Bilder und Texte aus fast vergessene­n Zeiten. Fotos, die über die Jahre in Fotoalben oder Schuhkarto­ns geschlumme­rt haben. Da mag es nicht wundern, dass nicht jedes Bild in dieser Ausgabe, den hohen Standards unserer digitalen Zeit entspreche­n mag, manches ist verwackelt, vergilbt, zerknitter­t oder nicht ganz so scharf. Doch genau das macht den Charme und vor allem die Authentizi­tät der Beiträge in dieser Beilage aus, Ihrer Beiträge. Mit dieser, inzwischen 5. Ausgabe von „Hallo Saarland“, die unter dem Motto „Ente, Käfer, Crèmeschni­ttchen & Co.“steht, haben wir offensicht­lich ins Schwarze getroffen, was uns im Übrigen nicht nur die große Zahl der Teilnehmer­innen und Teilnehmer sondern auch das Engagement jedes einzelnen Teilnehmer­s zeigt. Gehen Sie also mit uns auf eine Entdeckung­sreise zu Goggomobil­en, Enten, Käfern, dem legendären 4CV, der hier an der Saar als Crèmeschni­ttchen allgegenwä­rtig war und vielen, vielen weiteren Zeitzeugen auf vier und zwei Rädern. Wir hoffen Sie haben beim Lesen dieser Ausgabe so viel Freude, wie wir mit Ihren Zuschrifte­n hatten. Ihre Geschichte­n und Bilder füllen die folgenden Seiten mit Leben. Dafür danken wir allen, die sich an dieser Ausgabe von „Hallo Saarland“beteiligt haben. Ich wünsche Ihnen eine spannende Reise durch das Saarland, seine Vergangenh­eit und seine Menschen und Autos, die davon erzählen. Das Saarland ist nicht nur Autoland, das Saarland ist Oldtimerla­nd.

Ihr Thomas Deicke Verlagsges­chäftsführ­er Saarbrücke­r Zeitung

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Foto: privat Fred Fell machte 1965 die Bekanntsch­aft mit einem solchen MG. Jetzt hat er selbst einen.

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