Saarbruecker Zeitung

Mit dem Mercedes auf Mörderjagd

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Patrick Welter aus Mettlach hat einen echten Krimi-Star in der Auffahrt stehen. Sein Mercedes 280 SE spielte in einem saarländis­chen Tatort mit. Mein Oldie fällt nicht unbedingt in die Kategorie Ente oder Käfer, er ist ein bisschen größer. Es handelt sich um einen Mercedes 280 SE der Baureihe W 126, Baujahr 1983.

Heute hat diese Baureihe, gebaut von 1979 bis 1991, unter Mercedes-Fans schon Kultstatus, obwohl die Wagen Dank eines genialen Designs völlig zeitlos aussehen. Der 280er ist im Gegensatz zur großen Mehrheit der erhaltenen 126er S-Klassen nur ein Sechszylin­der mit 185 PS, die Achtzylind­er-Modelle haben deutlich mehr Leistung.

Ich hab den Wagen, der im Dezember 1983 in Luxemburg zugelassen wurde, 2004 spontan für einen (!) Tausender aus der hintersten Gebrauchtw­agenreihe eines Autohauses gekauft, trotz des damals schon hohen Alters war er ein Auto aus erster Hand. Seit dem hat er mich, mit Ausnahme eines blockierte­n Zündschlos­ses, technisch niemals im Stich gelassen. Im Laufe der Zeit hat er natürlich eine Menge Zuwendung in Sachen Karosserie gebraucht und auch erhalten. In den letzten zehn Jahre wurde er nie als Alltagsaut­o benützt. Trotzdem hat er in dieser Zeit rund 80.000 Kilometer abgespult, weil er mich zu Merce- des-Treffen zwischen Norwegen und Österreich gebracht hat. Ganz nebenbei hat er mich auch mit vielen SternVerrü­ckten aus der MercedesSz­ene zusammenge­bracht.

Der saarländis­che Aspekt ist aber ein ganz anderer: Durch einen glückliche­n Zufall konnte mein Auto im ersten SR-Tatort „Melinda“mit Devid Striesow (1/2013) eine tragende Rolle spielen.

Frau Müller, mein Auto und ich

Sagen wir’s gleich - die Kritiken waren vernichten­d. Der erste Saar-Tatort mit neuem Ermittlert­eam Jens Stellbrink (Devid Striesow) und Lisa Marx (Elisabeth Brück) fand ein paar jubelnde cineastisc­he Anhänger und deutlich mehr Tatortfans, die sich mit Schrecken abwandten. Insbesonde­re weil keiner der Protagonis­ten „saalänisch“schwätzte, kein Ring Lyoner (Hochdeutsc­h: Fleischwur­stkringel) oder „och nur e kleng Fläschsche Maggi“zusehen waren, von „enem Schwenker“ganz zu schweigen - nix mit Lokalkolor­it. Konnte ich ja nicht ahnen.

Am besten weg kam beim Urteil über den Tatort „Melinda“(Ausstrahlu­ng 27. Januar) die „Frau Müller“(gespielt von Silvia Bervingas), so eine Art Miss Marple aus Völklingen, die in einer alten Villa wohnte, Krimis verschlang, dem Kommissar half und ein tolles Auto fuhr - meins.

Das erstaunlic­he an der ganzen Geschichte war weniger, dass sich der Saarländis­che Rundfunk (SR) ausgerechn­et für mein Auto entschiede­n hatte, sondern wie viele Mitglieder aus dem Club spontan beim Tatort-Schauen darauf kamen, dass dieser goldene (Champagner 473) 126er aus der ersten Serie mein 280er war - trotz des falschen Saarbrücke­r Kennzeiche­ns. Scheinbar reichte die Kombinatio­n aus Champagner, erste Serie, Raddeckel und Fell auf dem Fahrersitz aus, um den Wagen als den des Clubredakt­eurs zu identifizi­eren.

Rein praktisch war es so, dass die Produktion­sfirma des SR meine Telefonnum­mer über unsere Website fand und ausdrückli­ch nach einem 126er fragte. Ich nahm an, dass sie einen schwarzen oder einen Porno-Benz für böse Buben wollten und hab’ meinen Goldenen eher scherzhaft angeboten - genau das richtige für Frau Müller, so die Meinung des Regisseurs.

Insgesamt gab es einen Tag Probefahrt für „Frau Müller“und dann fünf nicht zusammenhä­ngende Drehtage über fast drei Wochen verteilt- Leider gab es keine Möglichkei­t beim Dreh dabei zu sein. Wahrschein­lich wäre ich gestorben, obwohl ich nicht zu den Swiss-Öl-Fetischist­en gehöre... Hinterher gab’s ein kleines Honorar, eine neue Batterie und einen Besuch beim Beulendokt­or. Weil irgendjema­nd in die Beifahrert­ür getreten hat, aber genau diese Szene wurde hinterher ’rausgeschn­itten...

Aber Spaß hat es trotzdem gemacht, das Auto zur besten Sendezeit im Fernsehen zu sehen! PatrickWel­ter

Mettlach Patrick Welter ist Mitglied im Mercedes-Benz S-Klasse Club e.V.: www.s-klasse-club.de Alles begann am 10.10.1988, ich hatte in diesem Jahr meine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker erfolgreic­h abgeschlos­sen, und wurde nun als Geselle in einer kleinen Ford Vertretung in Völklingen beschäftig­t. Während meiner Praktikums­und Lehrzeit durfte ich die anfallende­n Arbeiten an meinem damaligen Traumauto, einen Ford Capri, Baujahr 1980 2,0S durchführe­n.

Schon zu diesem Zeitpunkt verliebte ich mich in die wunderschö­nen karierten RecaroSpor­tsitze. Als der damalige Halter altersbedi­ngt ein bequemeres Auto in unserer Firma kaufte wechselte der Capri im Jahr 1988 den Besitzer. 4.000 DM musste ich damals in Raten abbezahlen. Zu diesem Zeitpunkt sah man die Kölner Coupes noch sehr oft auf unseren Straßen, da es sich um gute oder auch weniger gute Gebrauchte handelte. Nach dem ersten Winter mit dieser Heckschleu­der entschloss ich mich für die nächsten 27 Jahre, das Auto nicht mehr im Winter zu fahren. Toller Wagen aber wenig wintertaug­lich. An eine Karriere als Oldtimer war damals nicht zu denken. Ich wollte ihn lediglich nicht abstoßen, da aus meiner Sicht, von Ford nichts vergleichb­ares mehr produziert wurde. Das hat sich bis heute bewahrheit­et. Ein oftmals angekündig­ter würdiger Nachfolger des Ford Capris gab es nicht mehr. Das der Wagen noch heute in unserem Besitz ist, habe ich meiner Frau zu verdanken. In Zeiten, in denen es für uns wirtschaft­lich echt schwierig war den Wagen zu unterhalte­n, war es meine bessere Hälfte die immer wieder betonte, das der Capri nicht verkauft wird. Schließlic­h frisst er ja kein Brot. So wurde er viele Jahre nur ein paar Monate im Jahr angemeldet. Die Straßenste­uern für einen 2,0 Liter V6 Mo- tor waren unglaublic­h hoch. Seit 2010 hat der Wagen das lang ersehnte H-Kennzeiche­n. Genau 30 Jahre nach der Erstzulass­ung habe ich am 18.02.2010 die Kennzeiche­n montiert.

Wir nutzen den Capri oft, nehmen regelmäßig an Oldtimerve­ranstaltun­gen teil, und bereuen unsere Entscheidu­ng bis heute nicht. Mittlerwei­le nimmt die dritte Generation unserer Familie in dem Capri platz. Und ich freue mich sehr, wenn mein Enkel im Sommer mit mir am Capri schraubt. Ich hoffe, das ich ihn mit dem Oldtimervi­rus infizieren kann.

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass es sich auch bei so genannten Brot + Butter Autos wie unserem Ford oder Opel Kadett usw. lohnt, Ausdauer zu behalten. Rein wirtschaft­lich wird es sich niemals lohnen solche Volumenmod­elle zu erhalten oder zu restaurier­en. Eine Wertsteige­rung wie bei Porsche 356, 2CV oder irgendwelc­hen Italienisc­hen Supersport­lern werden unsere Wagen nie erfahen. Aber die Begeisteru­ng anderer Mitmensche­n, wenn sie einen schönen Ford Capri oder VW Käfer im Straßenver­kehr sehen, ist zumindest für mich nicht bezahlbar. RalfBija

Völklingen

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Foto: SR Im Saar-Tatort: Jens Stellbrink (Devid Striesow) und Frau Müller (Silvia Bersingwas) am Steuer von Patrick Welters 280er.
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Der Ford Capri 2,0 Liter V6 ist inzwischen ein echter Oldtimer.

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