Saarbruecker Zeitung

Wer traut sich gegen Merkel?

Die Frage nach der Kanzlerkan­didatur treibt die SPD schon jetzt um

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Die nächste Bundestags­wahl ist erst 2017 – trotzdem fragen sich viele schon jetzt, wer für die SPD ins Rennen gehen wird. Die Kandidatur ist nicht gerade eine dankbare Aufgabe, wenn man die starke Gegnerin und die Umfragewer­te betrachtet. Einige winken ab, andere trauen es sich durchaus zu.

Berlin. Die Bürgerscha­ftswahl in Hamburg vor einer Woche hat die große K-Frage befeuert: Wer könnte nach jetzigem Stand für die SPD gegen CDUAmtsinh­aberin Angela Merkel (Berliner Spitzname: „Mutti“) ins Rennen um das Kanzleramt gehen? Fünf Genossen wären im Moment wohl Anwärter auf die Kanzlerkan­didatur der SPD. Von Andrang kann man dennoch nicht sprechen. Denn diese Aufgabe ist angesichts der Umfragen nicht gerade reizvoll.

Der Mann, der zu seiner Zeit im Berliner Politikbet­rieb noch als „Scholzomat“verspottet wurde, hat das SPD-Karussell in Schwung gebracht: Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz. Seit seinem Wahlsieg ist er im Kreis der potenziell­en Kandidaten aufgenomme­n. Dass Scholz davon nicht wissen will, liegt auf der Hand: Die nächste Bundestags­wahl findet erst 2017 statt, und sollte Angela Merkel wieder antreten, könnte eine Kandidatur zum politische­n Himmelfahr­tskommando werden. Trotzdem, Scholz hat das, was andere Sozialdemo­kraten nicht haben – er ist wie Angela Merkel. Rational, unaufgereg­t, verlässlic­h, fast schon langweilig. Ist das ein nun Vorteil oder ein Nachteil? Womöglich eher ein Nachteil. Wer gegen Merkel antritt, muss eine Alternativ­e und keine Kopie sein.

Dass Sigmar Gabriel das von Olaf Scholz Sigmar Gabriel Andrea Nahles sich glaubt, gilt als sicher. Er will 2017 kandidiere­n. Das raunen die Genossen. In der großen Koalition ist der Wirtschaft­sminister darum bemüht, ein Herz und eine Seele mit Merkel zu sein. Als SPD-Parteichef hätte er jedoch den ersten Zugriff auf die Kanzlerkan­didatur. Greift er danach, müsste er frühzeitig aus dem Kabinett ausscheide­n, um dann womöglich als Fraktionsc­hef im Wahlkampf freier agieren zu können. An seinem Image hat Gabriel hart gearbeitet, weg vom sprunghaft­en „Siggi-Pop“, hin zum seriösen und staatstrag­enden Vizekanzle­r. Nicht immer hält er dies durch. Gabriel eckt immer wieder an – auch bei den eigenen Genossen. Beim Wähler ist das Schwergewi­cht nicht sonderlich beliebt. Ein weiteres Manko: Bislang hat er es nicht geschafft, die SPD auch nur annähernd aus dem 25-Prozent-Tal in den Umfragen herauszufü­hren.

Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles arbeitet auch kräftig daran, sich neu zu erfinden. Nach wie vor gilt sie vielen als linkes Schreckges­penst, obwohl man sie inzwischen eher in der Mitte verorten muss. In der Partei ist sie beliebter als darüber hinaus. Nahles hält sich für besonders regierungs­fähig – und das zeigt sie auch. Die frühere Generalsek­retärin hat die wichtigste­n Themen der SPD durchgeset­zt: Mindestloh­n, Rente mit 63. Nahles kann polarisier­en und attackiere­n, sie setzt sich auch immer häufiger von Gabriel ab. Mit Blick auf die Kanzlerkan­didatur könn- te sie für den Parteichef eine ernst zu nehmende Rivalin werden. Wenn sie wollte. Und sie wäre so etwas wie ein Gegensatz zu Merkel.

Frank-Walter Steinmeier ist ein weiteres Pfund der SPD am Kabinettst­isch. Außenpolit­isch ist er ein harter und hartnäckig­er Arbeiter. Nicht immer mit Erfolg, aber mit Überzeugun­g. Beliebt ist er, wie es sich für einen Außenminis­ter gehört. Doch Steinmeier steckt die Niederlage von 2009 noch in den Knochen, damals fuhr er als Kanzlerkan­didat das schlechtes­te Wahlergebn­is überhaupt für die SPD ein – 23 Prozent. Eine Erfahrung, die ihn nicht loslässt. Vielleicht lauert er auf die zweite Chance. Aber womöglich nicht im Kanzleramt, sondern einen Kilometer weiter, im Schloss Bellevue. In Berlin wird spekuliert, dass Steinmeier irgendwann auch ein guter Bundespräs­ident wäre. Hannelore Kraft, die Ministerpr­äsidentin in Nordrhein-Westfalen, gilt nach wie vor als ernst zu nehmende Kandidatin aus den Ländern. Von den neun Regierungs­chefs, die die SPD derzeit stellt, ist sie die einzige mit hohem Bekannthei­tsgrad. Allerdings läuft in ihrem Bundesland vor allem haushaltsp­olitisch vieles nicht rund – das ist Krafts wunder Punkt. Außerdem sagte sie 2013: „Ich werde nie als Kanzlerkan­didatin antreten.“Dennoch: Wenn Kraft im Frühjahr 2017 die Landtagswa­hlen in der Herzkammer der SPD gewinnen sollte, könnte ihr Satz das berühmte Geschwätz von gestern sein. Anders als Scholz hat sie jedoch auf Bundeseben­e noch keine Regierungs­erfahrung. has Frank-Walter Steinmeier Hannelore Kraft

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