Bischofskonferenz berät über Weg zu Reformen
Beobachter erwarten keine grundlegenden Korrekturen
Hildesheim. Ein Gottesdienst im Hildesheimer Dom ist der Auftakt der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz von heute an. Zum 1200jährigen Jubiläum des Bistums wurde die Kathedrale herausgeputzt, um der katholischen Kirche in Niedersachsen auch in kommenden, absehbar schwierigen Zeiten als Bote zu dienen. Mitgliederschwund, Kirchenschließungen und wachsender Priestermangel sind Probleme nicht nur in Hildesheim sondern auch den anderen der 27 deutschen Bistümer, deren Bischöfe bis Donnerstag beraten.
Trotz des populären Papstes Franziskus laufen der Kirche die Mitglieder davon, für 2014 fallen die Austritte womöglich höher als im Rekordjahr 2010 nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals aus. Anlass ist das neue Einzugsverfahren der Kirchensteuer auf Kapitalerträge, zugrunde aber liegt ein tieferer Bruch. Eine Umfrage offenbarte vor einem Jahr erhebliche Differenzen zwischen kirchlicher Lehre und tatsächlichem Leben der Gläubigen in Deutschland. In ihrer Haltung zu Scheidung, vorehelichem Sex, Verhütungsmit- teln und Homosexualität folgt eine deutliche Mehrheit der Gläubigen der katholischen Kirchenlehre nicht mehr. Wandel von ihrer Kirche versprechen sich viele Gläubige vor allem im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen.
Beide Punkte kamen zwar auf einer Grundsatzkonferenz im Vatikan zur Rolle der Familie im vergangenen Oktober auf den Tisch, wirkliche Bewegung aber wurde noch nicht verzeichnet. Die Gespräche der Synode sollen in diesem Herbst fortgesetzt werden, in Hildesheim liegt ein Vorbereitungsdokument der Bischofskonferenz dazu auf dem Tisch. Die Zeit bis zum Abstecken einer gemeinsamen Position der deutschen Bischöfe drängt, denn bis zum 15. April soll das Dokument an das Synodensekretariat des Vatikans geschickt werden.
Zwar signalisierte der neue Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, zwischenzeitlich ein Zugehen der Kirche auf Homosexuelle. Und auch für wiederverheiratete Geschiedene veröffentlichte die Bischofskonferenz im Dezember einen Reformvor- schlag, der grob vereinfacht sagt, dass zumindest ein betrogener Ehepartner unter Umständen weiter zur Kommunion gehen kann. Für die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“aber verläuft die Reformsuche noch viel zu zögerlich. Angst vor den konservativen Kräften in den eigenen Reihen lähme die Bischöfe, möglicherweise sei die überfällige Kurskorrektur gar nicht gewünscht, heißt es.
Eine Lösung für die Diskussionen könnte für die Bischöfe in Hildesheim möglicherweise näherliegen, als allgemein bekannt. Seit mehr als 25 Jahren praktiziert das Bistum nämlich ohne viel Aufhebens einen den Menschen zugewandten Kurs in der Frage geschiedener Katholiken. In einem Gespräch mit einem Geistlichen kann der Betroffene nämlich selber eine Gewissensentscheidung treffen, wie er es mit dem Abendmahl halten will.
Auf der Tagesordnung in Hildesheim steht auch der Dialog mit der Basis, den die deutschen Bischöfe nach dem Missbrauchsskandal beschlossen hatten und der bis 2015 laufen soll. Auch dieses Nachhorchen an der Basis brachte den Ruf nach Reformen überdeutlich zum Ausdruck. Ob ihm in Hildesheim bereits Gehör verschafft wird, ist unsicher.