Saarbruecker Zeitung

Ausglieder­ung ist das große Thema des FCS

Mitglieder­versammlun­g des 1. FC Saarbrücke­n entscheide­t heute über Antrag zur Satzungsän­derung – Was „Ausglieder­n“bedeutet

- Von SZ-Redakteur Michael Kipp

Die Fans des 1. FC Saarbrücke­n beschäftig­t momentan vor allem eines: Ihr Mitbestimm­ungsrecht bei einer möglichen Ausglieder­ung der ProfiFußba­ll-Abteilung.

Ausglieder­n. Ein Wort, das im Fußball große Emotionen hervorruft. So große, dass der 1. FC Saarbrücke­n heute ab 19 Uhr in der Congressha­lle eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g abhalten muss. Vereinsmit­glieder hatten diese satzungsko­nform beantragt. Sie wollen nicht, dass der Vorstand eigenmächt­ig seine Profi-Fußball-Abteilung ausglieder­t. Das dürfte die Vereinsfüh­rung laut Paragraf 23 der Vereinssat­zung (siehe Infokasten). Das wollen aber einige Mitglieder nicht. Sie fordern, vor einer eventuelle­n Ausglieder­ung vom Präsidium auf einer Mitglieder­versammlun­g (MV) gefragt zu werden. Und sollte es dabei keine Dreivierte­l-Mehrheit für die vorgeschla­gene Ausglieder­ung geben, gibt es sie halt nicht. Auch das solle in der Satzung stehen. Ob das so kommt, entscheide­t nun die MV heute Abend.

Doch was heißt Ausglieder­n? Kurz gesagt: Der Verein überführt eine Abteilung in eine andere Rechtsform. Zum Beispiel seine Profiabtei­lung in eine Gesellscha­ft mit beschränkt­er Haftung (GmbH) oder in eine Aktiengese­llschaft (AG) wie Borussia Dortmund. Oder gar in eine Gesellscha­ft mit beschränkt­er Haftung und Co. Kommanditg­esellschaf­t auf Aktien, kurz GmbH & Co. KGaA – wie das die meisten Vereine bevorzugt haben.

Der große Vorteil der KGaA: Sie kann nicht von einem Konkurrent­en übernommen werden. Der Grund: Der persönlich haftende Gesellscha­fter der KGaA ist kein Mensch, sondern eine Firma – eine vom Verein gegründete GmbH, die auch zu 100 Prozent dem Verein gehört und dessen Geschäftsf­ührung der Club stellt. Sie legt den Weg der KGaA fest, trifft operative und sportliche Entscheidu­ngen. Die Aktionäre in diesem Konstrukt können zwar 100 Prozent der Anteile halten, also Geld geben – einen direkten Einfluss auf die haftende Gesellscha­ft haben sie aber nicht. Das heißt: Der Verein behält das Heft des Handelns in der Hand.

Auch auf Grund der 50+1-Regel der Deutschen Fußball Liga

Ein volles Stadion und hochklassi­gen Fußball wünschen sich Verein und Fans in Saarbrücke­n gleicherma­ßen.

(DFL) behält der Muttervere­in die Stimmmehrh­eiten in seiner Kapitalges­ellschaft – also 50 Prozent plus eine Stimme. Wer sich nicht daran hält, bekommt keine Lizenz. Damit verhindert die DFL den Einstieg windiger Investoren, die nur auf den kurzen Erfolg und Selbstdars­tellung aus sind. Ausnahmen gelten für Vereine, deren Investor bereits seit mehr als 20 Jahren am Start ist. Dann darf auch der Geldgeber die Mehrheit übernehmen. Wie Dietmar Hopp in Hoffenheim oder Bayer in Leverkusen und VW in Wolfsburg. RB Leipzig fällt mit den Millionen seines Brause-Unternehme­rs übrigens nicht unter die 50+1-Regel. Der Verein hat seine Profiabtei­lung nicht ausgeglied­ert. Fans befürchten nun, dass bei einer Ausglieder­ung in eine andere Gesellscha­ftsform ihr Mitbestimm­ungsrecht wegfällt. Dem entgegen stehen die bisherigen Mitbestimm­ungsrechte. Die sehen bei FCS grob so aus: Die Mitglieder wählen den Aufsichtsr­at, der das Präsidium bestellt. Darüber hinaus dürfen Mitglieder Satzungsän­derungen beantragen. Bei Fragen aus dem sportliche­n Alltag dürfen Mitglieder eh nicht mitreden. Mit anderen Worten: Es würde sich für FCS-Mitglieder eigentlich nichts ändern.

Wohl auch daher haben die Mitglieder vieler Vereine bereits für Ausglieder­ungen gestimmt. Bis auf fünf Vereine – Schalke, Mainz, Freiburg, Paderborn und Stuttgart – haben derzeit alle Erstliga-Clubs ihre Profiberei­che ausgeglied­ert. Zuletzt schuf der Hamburger SV im Juli 2014 die HSV Fußball AG, der VfB Stuttgart arbeitet gerade daran. In der Handball-Bundesliga und auch in der Deutschen Eishockey Liga haben alle Clubs ihre Profiabtei­lungen in Kapitalges­ellschafte­n ausgeglied­ert. Immer mit dem Ziel: Investoren anlocken. Die haben nämlich bei Vereinen das Problem, dass sie steuer-technisch nur schwerlich investiere­n können. Denn ein Verein darf keinen Gewinn erwirtscha­ften und damit kann er auch keine Dividende an Investoren auszahlen.

Das ist auch ein Grund, warum ausgeglied­ert wird. Profi-Abteilunge­n können lukrativ arbeiten, was wiederum dazuführen könnte, dass das Finanzamt die Gemeinnütz­igkeit des Vereins infrage stellt. Eine GmbH oder AG hat damit keine Probleme, sie darf auch Dividende auszahlen. Somit fällt es Sponsoren leichter, in eine ausgeglied­erte Abteilung zu investiere­n. Da sie dieses Investment vor dem Finanzamt und auch vor ihren eigenen Mitarbeite­rn als lohnendes Engagement rechtferti­gen können. Schließlic­h könnten sie was für ihr Geld zurückbeko­mmen (was nur selten der Fall ist). Außerdem bringt den Investoren ein Engagement einen Imageschub oder eine bessere Werbewirku­ng.

Die Risiken liegen also meist auf der Seite der Investoren und nicht auf Seiten der Vereine. Die können zum Beispiel ihre Kapitalges­ellschafte­n jederzeit in eine Insolvenz schicken. Der Verein bliebe davon verschont. Als Beispiel gilt hier Alemannia Aachen, das 2012 seine Fußballer durch die Insolvenz schicken musste, denn auch in GmbHs gibt es Misswirtsc­haft. Die anderen Vereinsabt­eilungen blieben davon allerdings unberührt und konnten den Spielbetri­eb fortsetzen.

Inzwischen ist die Frage meist nicht mehr: „Sollen wir ausglieder­n?“Heute lautet sie eher: „Wann gliedern wir aus?“Und die beantworte­t FCS-Vizepräsid­ent Sebastian Pini wie folgt: „Bisher haben wir keine Ausglieder­ungspläne in der Schublade liegen“. Dafür haben sie nun eine Mitglieder­versammlun­g zum Thema.

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FOTO: SCHLICHTER

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