Ein Stück vom Kuchen
Warum die Bahn künftig deutlich stärker auf Fernbusse setzt
Das ist schon kurios. Seit Jahrzehnten fordert die Politik dazu auf, bei der Wahl des Verkehrsmittels umzusteigen – weg von der Straße, rauf auf die Gleise. Ökologisch und ökonomisch ist das auch sinnvoll. Und was passiert jetzt? Jetzt schafft sich die Bahn mit ihrem Fernbusnetz die Konkurrenz im eigenen Hause. Damit konterkariert sie selbst, was jahrelang propagiert worden ist. Auch wenn ein gut ausgelasteter Bus mit Blick auf den Schadstoffausstoß immer noch besser ist als viele einzelne Autos auf der Autobahn – das ist kein gelungener Zug des Unternehmens.
Was dahinter steckt, liegt auf der Hand: Die Anfang 2013 in Kraft getretene Liberalisierung des Fernbusmarktes ist unbestreitbar ein großer Erfolg. Das Verkehrsmittel boomt, es ist preisgünstig, attraktiv, vor allem bei jungen Leuten ein Hit. Genau das Gegenteil zur weithin unbeliebten und teuren Bahn. Zumindest dann, wenn man nicht das Glück hatte, für längere Strecken einen Sparpreis zu ergattern. Der Konzern will nun ein Stück vom großen Kuchen abhaben und sich so leidige Wettbewerber auf dem Fernbusmarkt vom Leibe halten. Das ist legitim. Doch der Bahn würde es besser zu Gesicht stehen, in ihr Kerngeschäft zu investieren, damit ihr nicht noch mehr Kunden davonlaufen – in mehr Service, Pünktlichkeit und Qualität. Stattdessen schrumpft gerade in der Fläche das Angebot weiter.
GLOSSE Nur die Ticketpreise steigen Jahr für Jahr.
Abseits davon stellen sich auch grundsätzliche Fragen bezüglich der Entwicklung des Fernbusmarktes. Gestern kündigte „Meinfernbus“als Reaktion auf die Bahn-Strategie schon an, hunderte Fahrzeuge neu auf die Straße bringen zu wollen. Andere Anbieter wollen ihr Streckennetz ebenfalls deutlich erweitern. Für den Wettbewerb und damit für den Kunden ist das gut. Aber immer mehr Busse, die sicherlich nicht alle vollends ausgelastet sein werden, bedeuten auch eine höhere Belastung der Umwelt und mehr Verschleiß der Straßen.
Schon jetzt ist die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland extrem überlastet und marode, für die Sanierung würden pro Jahr rund sieben Milliarden Euro benötigt. Der Lkw- und Autoverkehr nimmt weiter zu, der Busverkehr künftig also auch. Spediteure müssen für ihre Lkw bereits eine Maut zahlen, an der für Autofahrer – vorerst nur aus dem Ausland – bastelt die große Koalition. Selbst für die Bahn sind Trassengebühren fällig. Nur der Bus ist bislang von einer Mautpflicht verschont geblieben. Das ist weder fair noch sinnvoll angesichts des Finanzbedarfs, der für Investitionen in die Straße notwendig ist. Außerdem werden so die ohnehin günstigen Fernbusse von der Politik zusätzlich künstlich billig gehalten. Das muss sich dringend ändern. Denn auch das schwächt die Bahn.