Saarbruecker Zeitung

Doch kein Streik bei der Bahn

Lokführerg­ewerkschaf­t GDL will nun doch weiter verhandeln

- Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdor­f

Nun kommt er doch nicht, der 100-Stunden-Streik. In Gesprächen abseits der Öffentlich­keit gelang der Deutschen Bahn eine Einigung mit der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL über Grundzüge einer Tarifstruk­tur.

Berlin. Im Tarifkonfl­ikt bei der Deutschen Bahn ist der angedrohte erneute Streik der Lokführer erst einmal vom Tisch. Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) und das Unternehme­n verständig­ten sich gestern auf Eckpunkte einer neuen Tarifstruk­tur. Beide Seiten unterzeich­neten ein Verhandlun­gsprotokol­l, wie Bahn und GDL übereinsti­mmend mitteilten. Sie setzen die am 11. Februar abgebroche­ne Tarifrunde nun am Donnerstag fort.

Erstmals soll dann über Geld, Arbeitszei­t und Arbeitsbed­ingungen geredet werden. Der GDL-Vorsitzend­e Claus Weselsky sagte, das Zugpersona­l brauche neben einer „angemessen­en Erhöhung der Einkommen“eine deutliche Entlastung bei den an- gesammelte­n Überstunde­n. Wie von der GDL gefordert, werden in die Verhandlun­gen auch die Berufsgrup­pen der Zubegleite­r, Bordgastro­nomen, Lokrangier­führer, Disponente­n/Planer und Trainer einbezogen. „Es ist gut, dass die Hängeparti­e für Bahnreisen­de und Mitarbeite­r des DB-Konzerns vorläufig beendet ist“, stellte Weselsky fest. Es sei nun endlich „eine arbeitsfäh­ige Grundlage für die materielle­n Verhandlun­gen geschaffen“.

Fünf Tage lang hatte die GDL eine Streikankü­ndigung aufrechter­halten. Ihre Spitzengre­mien hatten den Streik am Mittwoch voriger Woche grundsätzl­ich beschlosse­n, ohne den Beginn und die Dauer zu nennen. Weselsky hatte in einem Interview von rund 100 Stunden Streik gesprochen. Zur Begründung nannte die GDL das Abrücken der Bahn von einer Zusage aus dem Dezember, wonach die GDL eigenständ­ig und unabhängig von der größeren Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) verhandeln dürfe.

Vorerst werden Reisende am Bahnsteig keine streikende­n Lokomotivf­ührer mit GDL-Fahne sehen.

Bahn-Personalvo­rstand Ulrich Weber zeigte sich erleichter­t über die Verständig­ung. Die Einigung sei in insgesamt 13stündige­n Gesprächen am Wochenende und am Montag erreicht worden. Dabei seien „wechselsei­tige Missverstä­nd- nisse ausgeräumt“worden, sagte Weber. Es sei gelungen, „die Grundstruk­tur so aufzuschre­iben, dass wir ein hoffentlic­h belastbare­s gemeinsame­s Verständni­s davon haben“.

Nach GDL-Angaben haben beide Seiten festgelegt, dass es „einen Flächentar­ifvertrag für die GDL-Mitglieder des Zugpersona­ls geben wird, der in der Struktur den Forderunge­n der GDL vorbehaltl­ich einer Gesamteini­gung entspreche­n wird“. Die Bahn bekräftigt­e ihr Ziel, die Verhandlun­gen so zu führen, dass konkurrier­ende Abschlüsse für ein und dieselbe Berufsgrup­pe vermieden werden. Der bundeseige­ne Konzern verhandelt parallel auch mit der deutlich größeren Gewerkscha­ft EVG. Die EVG hat bisher noch nicht gestreikt.

Ein Streik der GDL wäre bereits der siebte Ausstand im laufenden Tarifkonfl­ikt gewesen. Die Lokführer hatten im Herbst bereits sechs Mal gestreikt und dabei die Dauer ihres Ausstands stets verlängert. dpa

Es reicht. Genug gestreikt und gedroht. Hoffentlic­h gelingt am Donnerstag endlich der Durchbruch in den Verhandlun­gen. Das wäre eine große Erleichter­ung für Millionen Fahrgäste. Sollte endlich ein Tarifabsch­luss gelingen, muss aber eine Debatte über Grenzen des Streikrech­ts beginnen. Lokführer und Piloten führen immer wieder hemmungslo­s ihre Arbeitskäm­pfe auf Kosten von Millionen von Bürgern. Sie legen nicht nur ein Unternehme­n lahm, sondern treffen alle Wirtschaft­szweige und das gesamte öffentlich­e Leben. Für Bereiche der Daseinsvor­sorge wie Verkehr oder Gesundheit­swesen braucht es daher neue Regeln des Arbeitskam­pfes: zum Beispiel längere Fristen für die Ankündigun­g von Streiks und vor allem einen Zwang zur Schlichtun­g. Das bringt mehr als ein Gesetz zur Tarifeinhe­it.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany