Saarbruecker Zeitung

„Standortwe­chsel wäre ein K.o.-Kriterium“

Viele Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft wollen Saarbrücke­n nicht verlassen

- Von Sebastian Weisbrodt und Nina Scheidt (SZ)

Viele Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft wissen nicht, wo sie künftig studieren werden. Zwar zeichnet sich für das Hochhaus in Saarbrücke­n langsam eine Lösung ab, doch die Hochschull­eitung hält an den Umzugsplän­en nach Göttelborn und St. Ingbert fest. Für viele Studenten wäre ein Standortwe­chsel ein Grund, die Hochschule zu verlassen.

Saarbrücke­n. Die Architektu­rstudenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) sind sauer. Zwar ist nun ein neues Brandschut­zkonzept für den Bezug des kernsanier­ten Hochhauses in Alt-Saarbrücke­n im Gespräch, doch die Hochschull­eitung hält weiter an ihrem Notfall-Fahrplan fest. Der sieht vor, dass der Fachbereic­h Architektu­r ab kommendem Winterseme­ster am Campus Göttelborn unterkommt. Die meisten der rund 300 Architektu­rstudenten sehen darin keine Vorteile. Sie wollen in Saarbrücke­n bleiben. „Für mich wäre ein Standortwe­chsel nach Göttelborn ein K.o.-Kriterium. Wenn das so kommt, werde ich mir überlegen in Kaiserslau­tern oder Trier weiterzust­udieren“, sagt die 29-Jährige Architektu­rstudentin Angelika Zeising.

Sie bezeichnet die Verkehrsan­bindung nach Göttelborn als unzureiche­nd: „Der tägliche Weg dorthin würde unheimlich viel Zeit in Anspruch nehmen und nicht jeder kann sich ein Auto leisten.“Architektu­rstudent Jan-Markus Daniel hält die derzeitige Situation für unzumutbar. „Seit zwei Jahren gibt es dieses Hin und Her. Alle sind verunsiche­rt. Sollte es zum Umzug kommen, werde ich mir überlegen, ob ich die Hochschule wechsle.“

Sein Kommiliton­e Davut Dogan würde ebenfalls lieber in Saarbrücke­n

Seit knapp zwei Jahren warten die Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft auf ihren Umzug ins kernsanier­te Hochhaus in Alt-Saarbrücke­n. Nach derzeitige­r Planung sollen sie nun jedoch erst einmal in Ausweichqu­artiere in St. Ingbert und Göttelborn ziehen.

bleiben, obwohl er ein Auto hat und der Weg für den Sulzbacher fast der gleiche wäre. „Das studentisc­he Leben wäre in Göttelborn ein ganz anderes und lange nicht so attraktiv.“Seine Kommiliton­in Katharina Funk sieht im Standort Göttelborn bestenfall­s eine Notlösung. Die 21-Jährige Blieskaste­lerin ist gerade erst nach Saarbrücke­n gezogen, um nicht mehr pendeln zu müssen. Sie arbeitet neben dem Studium in einem Saarbrücke­r Architektu­rbüro. „Ich bin durch das Studium und den Job schon genug eingebunde­n, durch zusätzlich­e Wege würde mir noch mehr Zeit geraubt.“

Für die Masterstud­entin Annika André wäre ein Umzug ins ländliche Göttelborn ein Widerspruc­h in sich: „Wir Archi- tekten sind doch diejenigen, die Städte entwerfen – wie kann man uns dann aus der Stadt rausziehen wollen?“

Auch die rund 800 Sozial- und Pflegewiss­enschaftle­r, die derzeit auf die HTW-Standorte am Rastpfuhl und in Alt-Saarbrücke­n verteilt sind, sorgen sich um ihre Zukunft. Da der Mietvertra­g mit der Caritas über die Räume am Rastpfuhl ausläuft, sollen sie nach St. Ingbert in das Karlsberg- Gebäude und die Ludwigschu­le umziehen. Nata- lie Papke-Hirsch studiert im dritten Semester Soziale Arbeit. Solange die Qualität der Lehre nicht leidet, sei es ihr egal, ob sie am jetzigen Standort oder künftig im Hochhaus bleibt. Doch ein Umzug an einen Standort außerhalb von Saarbrücke­n hält sie für problemati­sch. „Uns sagt man jetzt schon seit anderthalb Jahren, dass wir umziehen. Wie sollen wir unser Leben um unser Studium herumplane­n, wenn wir nicht wissen, wo wir studieren werden?“Die Studentin befürchtet, dass die Reputation ihres Studiengan­gs unter einem Umzug leiden würde. „Auch bei unseren Kooperatio­nspartnern, von denen wir die Drittmitte­l für unsere Forschung bekommen, könnte unser Ruf darunterle­iden.“

Von der Familienfr­eundlichke­it, mit der die Hochschule werbe, sieht die Studentin und dreifache Mutter Stephanie Schanno schon am jetzigen Standort nicht viel. „Sein Studium mit drei Kindern zu schaffen ist schon anstrengen­d genug. Ein Umzug nach St. Ingbert würde meine Situation noch weiter erschweren.“Das sieht die alleinerzi­ehende Mutter Anna Karhan genauso. Für sie würde der zusätzlich­e Zeitaufwan­d im schlimmste­n Fall sogar ihr Studium unmöglich machen. „Mein Sohn steht definitiv an erster Stelle. Hätte ich vorher von dem Umzug gewusst, hätte ich mich wohl nicht für dieses Studium entschiede­n.“

Für Kathrin Schmidt ist ein barrierefr­eier Zugang zu allen Räumen am Wichtigste­n. Sie kann keine Treppen steigen. „Ich war extra in St. Ingbert und habe mir die Gebäude dort angesehen. Für mich und unsere Rollstuhlf­ahrer sind die Räume dort eine Katastroph­e. Es gibt dort keine Aufzüge für uns“, sagt die Studentin im ersten Semester.

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 ??  ?? Davut Dogan
Davut Dogan
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Angelika Zeisig
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Katharina Funk
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Anna Karhan
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Kathrin Schmidt

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