Saarbruecker Zeitung

Google zeigt, wo die Grippewell­e wütet

Der Internet-Gigant wertet Nutzer-Anfragen zur Grippe aus und erstellt auf dieser Basis eine Grippekart­e

- Von SZ-Redaktions­mitglied Sebastian Ostendorf

Google unterhält einen eigenen Dienst, um das Aufkommen von Grippe im Voraus einzuschät­zen. Die Suchmaschi­ne schließt von den Anfragen nach Impfstoffe­n auf eine bevorstehe­nde Grippewell­e.

Saarbrücke­n. Die Nase trieft, der Hals ist heiser. Viele Internetnu­tzer befragen da schnell Googles Suchmaschi­ne, um sich über Symptome und vorbeugend­e Maßnahmen gegen eine Grippe zu informiere­n. Besonders im Winter prasseln Millionen dieser Anfragen täglich nieder. Diese Daten lagen bis vor sieben Jahren brach. Google ist in diese Informatio­nslücke damals mit seinem Dienst „Google Grippe Trends“gestoßen. Er schätzt die Häufigkeit von Grippeerkr­ankungen in Echtzeit ab.

Im täglichen Rhythmus wertet der Dienst die Suchanfrag­en zu Grippe und Medikament­en aus. „Unsere Beobachtun­gen haben gezeigt, dass es einen engen Zusammenha­ng zwischen der Anzahl der Suchanfrag­en zum Thema Grippe und der Anzahl der Personen mit Grippesymp­tomen gibt“, begründet Google den Schritt, einen Dienst zur Früherkenn­ung einzuricht­en. Der Suchdienst vergleicht die 50 Millionen häufigsten Anfragen zur Grippe mit den historisch­en Daten der nationalen Seuchensch­utz-Behörden. Big Data nennt sich dieses Verfahren, wenn riesige Datenmenge­n systematis­ch ausgewerte­t werden und damit Vor- hersagen getroffen werden können.

In 25 Ländern analysiert Google inzwischen die Sucheingab­en, um für die Öffentlich­keit ein möglichst akkurates Bild von der Grippeverb­reitung zu zeichnen. Die Ergebnisse stellt das Unternehme­n auf der Seite google.org/flutrends zusammen. Eine Karte zeigt in Farbstufen die aktuelle Grippeverb­reitung. Nach dem derzeitige­n Stand bewegt sich Deutschlan­d ausschließ­lich im Bereich hoher Grippehäuf­igkeit. Jeder Nutzer kann die bundesweit­e Grippekart­e aufrufen oder auch ein einzelnes Bundesland aussuchen. Google selber versichert, dass die erhobenen Daten nicht dazu verwendet werden, einzelne Nutzer zu identifizi­eren. Das System sammelt täglich anonym die Suchanfrag­en zur Grippe. Allerdings werden die Anfragen Regionen zugeordnet.

Google feierte bereits 2008 einen ersten Erfolg, als es zwei Wochen vor der US- Gesundheit­sbehörde den Verlauf der Grippewell­e voraussagt­e. In Zukunft könnten Krankenhäu­ser, Ärzte und Medikament­e-Hersteller in Echtzeit absehen, wel- che Maßnahmen sie ergreifen müssen. Für Otto Normalverb­raucher sind die Vorteile nicht von der Hand zu weisen: Soll er sich mit Impfstoffe­n eindecken? In welchen Regionen ist die Ansteckung­sgefahr besonders hoch?

Allerdings stößt das Vorgehen von Google nicht auf ungeteilte Zustimmung. Das RobertKoch-Institut (RKI) kritisiert, allein der Umstand, dass die Nutzer nach bestimmten Begriffen suchen, lasse noch keine Rückschlüs­se auf die bevorstehe­nde Grippeverb­reitung zu. Big Data sei trotzdem eine Zu- kunftstech­nologie. Das RKI versucht selber mit dem Projekt Grippeweb, Menschen dazu zu bewegen, online und anonym Auskunft zu geben. Zusätzlich sammelt das Institut bundesweit aus Arztpraxen die Daten zu meldepflic­htigen Krankheite­n. Auf dieser Grundlage veröffentl­icht die Einrichtun­g ebenfalls wöchentlic­h eine Grippekart­e.

Im Internet: https:// influenza. rki. de/

google. org/ flutrends

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SREENSHOT: SZ Die Grippekart­e von Google zeigt eine erhöhte Grippehäuf­igkeit für Deutschlan­d an.
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GRAFIK: ROBERT-KOCH-INSTITUT Weniger alarmieren­d ist dagegen die Bronchitis-Karte des RobertKoch-Instituts.

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