Saarbruecker Zeitung

Griechisch­er Eiertanz bei der Linken

Partei tut sich schwer damit, die neuen EU-Hilfen im Bundestag zu unterstütz­en – Athen bittet um Zustimmung

- Von SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter

Die Linke setzt große Hoffnungen in die neue Regierung in Athen. Deshalb bringt die Abstimmung im Bundestag über neue Hilfen für Griechenla­nd die Fraktion in Bedrängnis. Denn bisher war sie stets strikt gegen die Programme.

Berlin. Mit einem klaren „Nein“hat die Linksfrakt­ion im Bundestag bislang auf alle EU-Hilfsprogr­amme für Griechenla­nd reagiert. Nun sorgen die neuen Machtverhä­ltnisse in Athen für einen ideologisc­hen Eiertanz: Die einen wollen solidarisc­h sein, die anderen radikal bleiben.

Rund eineinhalb Stunden nahm sich die Fraktion der Linken am Dienstagna­chmittag Zeit, um über ihr Abstimmung­sverhalten zur anstehende­n Verlänge- rung des Kreditprog­ramms für Griechenla­nd zu debattiere­n. Am Ende war man gespalten. Bei einem Probevotum stimmten 29 Abgeordnet­e mit „Ja“. 13 übten Enthaltung. Vier lehnten ab, darunter die Radikal-Linke Sevim Dagdelen und die Trotzkisti­n Christine Buchholz. Fraktionsv­ize Sahra Wagenknech­t sprach gestern trotzdem von einer „völlig einheitlic­hen Position“der Abgeordnet­en, zumindest was ihre Unterstütz­ung der Tsipras-Regierung in Griechenla­nd angehe.

Die Linke steckt in der Bredouille. Einerseits hat man sämtliche EU-Hilfen wegen der damit verbundene­n Sparauflag­en für Athen bislang immer verdammt. Anderersei­ts sieht sie im neuen Regierungs­chef Alexis Tsipras einen großen politische­n Hoffnungst­räger, der auch Vorbild für einen Linksruck in anderen EU- Ländern wie zum Beispiel Spanien sein könnte. Bereits vor drei Jahren hatte sich Fraktionsc­hef Gregor Gysi mit Tsipras in Berlin getroffen. Um der Begegnung öffentlich­e Beachtung zu verschaffe­n, gingen beide damals sogar vor die Bundespres­sekonferen­z. Der Termin stand unter der Überschrif­t: „Griechenla­nd mahnt – Austerität­sprogramme sind kein Ausweg aus der Krise“.

Nun hat die neue Tsipras-Regierung in den letzten Tagen und Wochen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Sparbeding­ungen für ihr hoch verschulde­tes Land zu lockern. Aber der Erfolg ist gelinde gesagt bescheiden. Die nach langem Hin und Her verabredet­e Verlängeru­ng des laufenden Hilfsprogr­amms war nur mit Reformaufl­agen zu haben, die zentralen Wahlverspr­echen von Tsipras und seinem Linksbündn­is Syriza zuwiderlau­fen. Daraus machte gestern auch Wagenknech­t keinen Hehl: Es sei schon problemati­sch, wie der Regierung in Athen durch die EU „Handlungss­pielräume abge- schnürt“würden. Tsipras selbst zeichnet allerdings ein rosigeres Bild der jüngsten Verhandlun­gsergebnis­se mit Brüssel. Und dieses Bild soll möglichst auch die Linke in Deutschlan­d nach außen tragen. Dem Vernehmen nach gab es mehrere Mails aus der Syriza-Zentrale an Gysi und andere prominente Abgeordnet­e der Linksfrakt­ion, in denen für eine Zustimmung zur Verlängeru­ng des Hilfsprogr­amms morgen im Bundestag geworben wurde.

Ein einheitlic­hes Votum ist trotzdem nicht zu erwarten. Auch wenn Gysi seine Genossen auf einer weiteren Fraktionss­itzung unmittelba­r vor der Abstimmung noch einmal ins Gebet nehmen will. Wegen des Lobes der TroikaPoli­tik im Regierungs­antrag könne sie nicht mit „Ja“votieren, meinte Wagenknech­t. Sie will sich der Stimme enthalten. Und das sei auch „keine Tragik“, erklärte die Gysi-Stellvertr­eterin.

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FOTO: JUTRCZENKA/DPA Die Fraktionss­pitze ist uneins: Sahra Wagenknech­t will sich zu den Griechenla­nd-Hilfen enthalten, Gregor Gysi ist dafür.

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