Saarbruecker Zeitung

Streit um Steuer für Firmenerbe­n

Wirtschaft­sverbände kritisiere­n Schäubles Reformvors­chläge

- Von SZ-Korrespond­ent Werner Kolhoff

Firmenerbe­n sollen auch künftig von Erbschafts­steuer entlastet werden. Sie sollen aber aus Vermögen, das nicht für den Betrieb notwendig ist, Steuern zahlen. Das plant das Bundesfina­nzminister­ium.

Berlin. Kaum hat Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Pläne für eine Korrektur der Erbschafts­steuer für Unternehme­n präsentier­t, hagelt es Kritik. CDUMittels­tandsverei­nigung und Wirtschaft­sverbände sprechen davon, dass der Minister die „Axt“raushole. Im Finanzmini­sterium fühlt man sich gehörig missversta­nden.

Anfang der Woche waren die Vorstellun­gen Schäubles in der Unionsfrak­tion vorgestell­t worden. Hintergrun­d ist ein Verfassung­sgerichtsu­rteil vom Dezember, das die bisherigen Begünstigu­ngen für Betriebe als zu großzügig und zu missbrauch­sanfällig kritisiert hatte – auch im Vergleich zu normalen Erbfällen.

Das Finanzmini­sterium nimmt nun bei seinen Vorschläge­n für sich in Anspruch, viel konsequent­er als bisher alles von der Steuer zu verschonen, was notwendig ist, um einen Betrieb im Vererbungs­oder Schenkungs­fall weiterzufü­hren. Denn Arbeitsplä­tze zu erhalten, gilt als Hauptziel. Im Gegenzug müssen Erben nach den Plänen allerdings konsequent­er als bisher mit ihren nicht für den Betrieb notwendige­n Vermögenst­eilen für eine fällige Erbschafts­steuer geradesteh­en. Das Verschiebe­n etwa von Gemälden, Ferienhäus­ern oder Aktienpake­ten in die Firmenbila­nz wird künftig schwierige­r.

Kleine Firmen bis 20 Millionen Euro Wert bleiben nach dem Vorschlag ohne weitere Prüfung wie bisher begünstigt, wenn sie mindestens mit der alten Lohnsumme fortgeführ­t werden: Sie sind zu 85 Prozent erbschafts­steuerfrei, wenn der Betrieb mindestens fünf Jahre aufrechter­halten wird, zu 100 Prozent, wenn es sieben Jahre sind. Als neue Bagatellgr­enze, bei der die Lohnsumme egal ist, soll ein Firmenwert von einer Million Euro gelten und den bisherigen Maßstab, weniger als 20 Beschäftig­te, ablösen.

Oberhalb der Freigrenze von 20 Millionen Euro setzt nach Schäubles Vorschlag bei jenen Erben, die eine Verschonun­g beantragen, künftig eine Bedürfnisp­rüfung ein. Bisher gab es sie nicht. Hierüber tobt der Streit, denn die Wirtschaft­sverbände wollen die Bedürfnisp­rüfung erst ab 100 Millionen Euro oder noch höher beginnen lassen. Im Finanzmini­sterium fürchtet man jedoch, dann erneut vom Verfassung­sgericht wegen einer ungerechtf­ertigten Begünstigu­ng von Großuntern­ehmen gerügt zu werden. Im Übrigen lägen 98 Prozent aller Erbschafts­steuerfäll­e unterhalb der 20Millione­n- Grenze, heißt es.

Nach Schäubles Vorschlag wird bei der Bedürfnisp­rüfung das ererbte und vorhandene Vermögen danach sortiert, ob es für den Betrieb notwendig ist oder nicht. Erbschafts­steuer wird bei einem Verschonun­gsantrag nur aus dem nicht betriebsno­twendigen Vermögen gezahlt, das aber nur zur Hälfte berücksich­tigt werden soll.

Umstritten­e Grenzwerte Beispiel: Erbt jemand eine Firma mit 100 Millionen Euro Wert, wären darauf eigentlich rund 30 Millionen Euro Erbschafts­steuer fällig. Beträgt das Privatverm­ögen des Erben 100 000 Euro, würde davon die Hälfte, 50 000 Euro gerechnet. Die müsste der Erbe dem Finanzamt überweisen und hätte seine Schuld beglichen – sofern er den Betrieb weiterführ­t. Hätte er ein Privatverm­ögen von 100 Millionen Euro, müsste er hingegen die volle Steuer zahlen, da die Hälfte, 50 Millionen, immer noch über der zu zahlenden Erbschafts­steuer liegt. Wenn das vorhandene Vermögen aus einer anderen Firma besteht, gilt es nicht als privat – jedenfalls nicht die betriebsno­twendigen Teile der anderen Firma. Und wer seine Immobilien oder Gemälde nicht so schnell flüssigmac­hen kann, kann sich die Steuer stunden lassen.

Nun geht es in die Beratungen mit den Fraktionen und den Ländern, denn der Bundesrat muss zustimmen. Aus Bayern, Baden-Württember­g und Hessen ist wegen der Grenzwerte ebenfalls Kritik zu hören. Das Finanzmini­sterium bezeichnet seinen Vorschlag wohl auch deshalb als „Eckpunkte“. Änderungen sind also noch möglich. Im Sommer kommenden Jahres aber muss die Reform stehen.

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