Saarbruecker Zeitung

Vamp und Weibchen

Innovative­r Flamenco mit Rocio Molina im Forbacher Le Carreau

- Von SZ-Redakteuri­n Esther Brenner

Flamenco mit experiment­eller Anmutung bot das Forbacher Theater Le Carreau am Dienstagab­end. Flamenco-Star Rocio Molina gastierte dort mit dem mystisch-wilden Stück „Bosque Adora“.

Forbach. „La Molina“gilt in der Welt des Flamenco als begnadete Tänzerin, die immer wieder die Grenzen des stark formalisie­rten spanischen Tanzes sprengt. Mit ihrem innovative­n Tanzstil ist die Spanierin internatio­nal ein gefragter Gast. Am Dienstagab­end zeigte sie ihr neues Stück „Bosque adora“in Forbach.

Das Setting der mythisch aufgeladen­en Performanc­e: Bäume, ein See – als Videoproje­ktion auf der Leinwand. Wasser rauscht, plätschert, Wind verdichtet sich zum Sturm. Auf einem Pferd galoppiert die Tänzerin gehetzt von Hunden durch den Wald und stürzt schließlic­h ins Wasser.

Ausgehend von dieser gefilmten Jagdszene entwickelt Rocio

Flamenco in Pumps: Rocio Molina und Partner.

Molina mit zwei Tänzern und sechs beeindruck­enden Musikern ein Geschlecht­er-Spiel auf der Bühne, bei dem Jäger und Gejagte immer wieder die Rollen zu wechseln scheinen. Wie Tiere wittern die Männer, die mit ihren nackten Oberkörper­n an Zentauren erinnern, ihre Beute – die Frau. Es wird geklatscht, getatscht, gebalzt, an den Haaren gezogen. Der ewige Kampf der Geschlecht­er – schon immer das Hauptthema des Flamenco – hat bei Rocio Molina viele Facetten und gerät zu einem animalisch­en, extatische­n, auch brutalen Tanz, atemberaub­end in seiner Perfektion und Leidenscha­ft. Zu raffiniert­en Percussion­sklängen und der schmachten­den Stimme von José Angel Carmona zeigen die drei Tänzer hochkomple­xe Fußarbeit und fein ziselierte Handbewegu­ngen. Jede Geste sitzt, nichts scheint zufällig.

Molina tanzt sowohl den Vamp, der sich die Krawatten der Männer schnappt, als auch das Weibchen, das seine Flamencosc­huhe gegen gelbe hochhackig­e Pumps eintauscht. In ihnen torkelt die Tänzerin über die Bühne – eine scheinbar leichte Beute für die Männer. Hier driftet die Performanc­e kurz ab ins Klischee. Das finale Solo macht dies aber wieder wett. Rocio Molina tanzt sich frei, das Haar weht, der Schweiß tropft – und das Publikum hält den Atem an. Riesen-Applaus und stehende Ovationen.

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FOTO: ALAIN SCHERER

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