Saarbruecker Zeitung

Wieviel Geld die Maut wirklich einbringt

Bundestag berät erstmals Details der Abgabe

- Von SZ-Korrespond­ent Hagen Strauß

Kurz vor Ende der Rede von Alexander Dobrindt wird es der GrünenParl­amentsgesc­häftsführe­rin Britta Haßelmann dann doch zu bunt. Sie meldet sich zu einer Zwischenfr­age. Der Verkehrsmi­nister habe 16 Minuten Redezeit, spottet sie. Ob er zumindest drei Minuten davon verwenden könne, „etwas Konkretes zum Gesetzentw­urf zu sagen“. Sogar die SPD applaudier­t. Bis dahin hat sich Dobrindt mit der Devise begnügt: Schlag die Grünen.

Die Maut, offiziell „Infrastruk­turabgabe“genannt, ist gestern im Bundestag in die parlamenta­rische Beratung gestartet. Die Gesetzentw­ürfe liegen allerdings schon seit Wochen auf dem Tisch, vieles ist von vielen schon dazu gesagt worden. In der Debatte werden also von Gegnern wie Befürworte­rn die Kampfparol­en wiederholt: Die einen nennen das CSU-Projekt „Schwachsin­n“und „ein Bürokratie­monster“. Es sei sogar eine „Pegida-Maut“, so die Linke, da sie nur gegen Ausländer gerichtet sei. Die anderen sprechen von einem „neuen Kapitel“in der Infrastruk­turfinanzi­erung. „Wer mitnutzt, der zahlt mit“, so Dobrindt. Oder aber sie reden wie SPD-Mann Sören Bartol gequält davon, dass das Vorhaben nun mal im Koalitions­vertrag vereinbart ist. Wirklich wohl scheint sich mit der Umsetzung des Plans nur einer zu fühlen: Alexander Dobrindt. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass die Maut nach Abzug aller Kosten 500 Millionen Euro zusätzlich für den Verkehrset­at bringt, deutsche Autofahrer nicht

belastet werden und sie nicht gegen Europarech­t verstößt. Die Regierung peilt eine Verabschie­dung der Gesetze im Bundestag binnen vier Wochen bis zum 26. März an. Der Bundesrat muss den Plänen zufolge nicht zustimmen.

Zumindest hat der Auftritt des Bajuwaren die Attitüde, es allen

gezeigt zu haben, die an der Machbarkei­t der Maut und an ihm als Minister zweifelten. Ab jetzt wird zurückgeke­ilt. In bester CSU- Generalsek­retärManie­r, der Dobrindt ja mal war, kanzelt er vom ersten Satz an die Grünen ab. „Nur wenn’s um die Abzocke der heimischen Autofahrer geht, werden sie kreativ“, ereifert sich der Minister. Man breche mit dem „grünen Verkehrspe­ssimismus“. Zudem habe sich die Opposition­spartei in den letzten Jahrzehnte­n verkehrspo- litisch nicht weiterentw­ickelt. Und, und, und. Am Ende der Rede fehlt eigentlich nur noch der selbstther­apeutische Satz: Das musste doch mal gesagt werden!

Als Dobrindt noch „General“seiner Partei war, galt er als „Grünenfres­ser“– so hart waren die Scharmütze­l des heute 44-Jährigen mit den Ökopaxen. Seine Rede im Bundestag knüpft an die alte Zeit an. Sie wendet sich mehr an die bayerische­n Stammtisch­e als an den Rest des Autofahrer­landes. Da hat, so könnte man annehmen, jemand offenbar mehr im Sinn. Denn ist die Maut erst einmal installier­t, was Anfang 2016 der Fall sein soll, hat der Minister ein Meisterstü­ck vollbracht, das ihm die wenigsten zugetraut haben.

Im Auftrag seines Parteichef­s Horst Seehofer koordinier­t Dobrindt auch schon die Riege der drei CSU-Minister. Und dank der Maut könnte der Diplom-Soziologe sogar ein ernst zu nehmender Kandidat für die Seehofer-Nachfolge als Parteichef und/ oder Ministerpr­äsident werden. Die Landesmini­ster Markus Söder und Ilse Aigner, derzeit Favoriten für die beiden Seehofer-Jobs, beobachten ihren Parteifreu­nd in Berlin jedenfalls genau. „Ein echter Meilenstei­n“sei das, was er in den Bundestag eingebrach­t habe, lobt Dobrindt während seiner Rede also nicht nur die Maut, sondern auch sich selbst. Die Bundesregi­erung setze um, was anderen nicht gelungen sei. Ihm aber schon. Das wird jetzt wohl seine Botschaft in den nächsten Wochen sein.

Im Saarland hat man übrigens noch kein abschließe­ndes Urteil über Dobrindts Pläne gefällt. Die Landesregi­erung wolle sich erst äußern, wenn der Gesetzesen­twurf konkret vorliegt, hieß es gestern aus der Staatskanz­lei. Verkehrsmi­nisterin Anke Rehlinger (SPD) teilte mit, es gelte zu bedenken, welche Folgen die Maut im Detail habe: „Gerade in Grenzregio­nen wie dem Saarland kann man sich eine Reihe negativer Auswirkung­en ausmalen.“

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FOTO: FOTOLIA

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