Neuer Ärger über Athen
Trotzdem wird heute breite Mehrheit im Bundestag für Verlängerung der Griechenland-Hilfen erwartet
Der Unmut über Athen wächst. Der forsche Finanzminister Varoufakis bringt schon wieder einen Schuldenschnitt ins Gespräch. Der Bundestag wird dennoch mit großer Mehrheit für eine Verlängerung der Hilfen stimmen – wie schon das niederländische Parlament.
Berlin/Athen. Trotz neuer Verärgerung über die griechische Regierung wird der Bundestag heute den Weg für eine Verlängerung des Hilfsprogramms um vier Monate frei machen. In Sondersitzungen stimmten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD mit großer Mehrheit für eine Bereitstellung der Kredithilfen der Euro-Partner bis Ende Juni. Bei der Union waren 22 Abgeordnete dagegen, fünf enthielten sich. Das sind mehr Abweichler als früher. Der saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Funk kündigte im SR an, mit Nein zu stimmen. „Wir können uns nicht pausenlos erpressen lassen“, sagte er. Die SPD war dagegen geschlossen für eine Verlängerung des Hilfspakets. Erstmals wird sich wohl auch die Linkspartei mehrheitlich hinter das Hilfsprogramm stellen und für die Verlängerung stimmen. Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie die Fraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann, warnten gestern die griechische Regierung eindringlich, die erst kürzlich gemachte Zusage wieder zurückzunehmen. So hatte Finanzminister Gianis Varoufakis am Mittwoch einen Schuldenschnitt wieder ins Gespräch gebracht, obwohl Athen erst vergangene Woche den Euro-Partnern zusagte, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen. Varoufakis hatte mit Blick auf den Schuldenberg von 320 Milliarden Euro bereits im Januar von einer möglichen Umschuldung gesprochen.
Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis forderte erneut einen Schuldenschnitt.
Schäuble reagierte ungewöhnlich scharf auf neue Forderungen nach einem Schuldenschnitt. Die Solidarität der Europäer werde durch solche Äußerungen stark strapaziert, sag- te der Bundesfinanzminister nach Angaben von Teilnehmern in der Sondersitzung. Falls Griechenland gegen die Absprachen verstoße, seien diese hinfällig.
In der regierenden griechischen Linkspartei Syriza wird Kritik an den Vereinbarungen mit der Eurogruppe laut. Abgeordnete kritisieren, die Regierung breche Wahlversprechen. Regierungs- und Parteichef Alexis Tsipras bekräftigte, man könne nicht alles sofort umsetzen. Er hatte in seiner Regierungserklärung versprochen, Mindestlöhne schrittweise zu erhöhen sowie Entlassungen im öffentlichen Dienst rückgängig zu machen. Renten sollen nicht angetastet und für die Ärmsten erhöht werden.
Das niederländische Parlament stimmte bereits gestern mit breiter Mehrheit für eine Verlängerung. Der Finanzminister und Chef der Euro- Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, versicherte, dass damit keine neuen Finanzhilfen verbunden seien.
Griechenland steht vor einem akuten Finanzloch. Wie aus dem griechischen Finanzministerium zu erfahren war, muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. Die Regierung habe bereits das Problem mit der Europäischen Zentralbank (EZB) erörtert, hieß es: „Wir suchen nach einer Lösung.“
Griechenland hatte sich mit den Euro-Partnern auf eine Verlängerung des eigentlich Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms verständigt. Mit der grundsätzlichen Einigung sind aber keine kurzfristigen neuen Hilfszahlungen verbunden. Die bisher blockierten Gelder werden erst ausgezahlt, wenn Athen das aktuelle Hilfsprogramm abgeschlossen hat. Das kann erst Ende Juni sein. Im Sommer steht die Rückzahlung weiterer Milliarden-Kredite an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EZB an. Daher wird bereits über ein drittes Hilfspaket spekuliert – im Umfang von 20 Milliarden Euro. dpa/red