Saarbruecker Zeitung

Mauschelei statt strenger Aufsicht

Wie manche Kommunen mit Hilfe der Parteien Spar-Auflagen des Landes unterlaufe­n

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Die Kommunalau­fsicht des Landes ist nach Einschätzu­ng von Experten eher eine „Nachsicht“oder „Wegsicht“. Sparvorgab­en werden teils auf politische­n Druck hin wieder gekippt, für die Finanzkont­rolle gibt es nur einen Beamten. Das soll sich ändern.

Saarbrücke­n. Was Martin Junkernhei­nrich – derzeit als Gutachter für die Landesregi­erung tätig – im Oktober 2011 vor Abgeordnet­en des brandenbur­gischen Landtags zu Protokoll gab, war nicht sonderlich schmeichel­haft für das Saarland. In der Runde von Finanzpoli­tikern sagte der Kaiserslau­terer Professor, die Kommunalau­fsicht in Rheinland-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen und im Saarland sei so weich, dass sie „de facto kaum eine Funktion erfüllt“und selbst in den Innenminis­terien von einer „Kommunalwe­gsicht“oder „Kommunalna­chsicht“gesprochen werde.

Dieses harsche Urteil über die saarländis­che Kommunalau­fsicht wird sich, wenn auch etwas diplomatis­cher formuliert, auch in Junkernhei­nrichs Gutachten über die Finanzen der 52 saarländis­chen Kommunen finden, das am 9. März präsentier­t werden soll.

Dass gerade bei der Genehmigun­g kommunaler Haushalte Handlungsb­edarf besteht, ist weitgehend unstrittig. Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) hat es in seiner Polter-Rede vor Tagen sinngemäß so formuliert: Wenn die Kommunalau­fsicht die SPD-regierte Stadt Saarbrücke­n zu mehr Einsparung­en auffordert, sorgt die SPD-Spitze mit Anrufen beim CDU-Fraktionsc­hef oder der Ministerpr­äsidentin dafür, dass das CDU-geführte Innenminis­terium eine Aufweichun­g der Spar-Auflagen veranlasst. In keiner der erbosten Reaktionen auf Bouillons Rede wurde diese Aussage bisher bestritten.

„Er hat nichts Falsches gesagt“, meint auch der frühere Neunkirche­r Oberbürger­meister und langjährig­e Präsident des Saarländis­chen Städte- und Gemeindeta­ges, Fritz Decker (SPD). Die „Mauschelei“gebe es aber nicht nur bei der Stadt Saarbrücke­n. „Die Kommunalau­fsicht hätte in den letzten Jahren viele Haushalte nicht genehmigen dürfen“, sagt Decker. Er erzählt gerne die Anekdote einer hochversch­uldeten CDU-regierten Gemeinde, die sich trotz fehlender Mittel eine neue Mehrzweckh­alle leisten wollte. Als die Kommunalau­fsicht den Haushalt der Gemeinde deshalb stoppte, sei der Bürgermeis­ter eben zur Staatskanz­lei gegangen – und habe die Halle bauen dürfen. Das sei üblich. Decker kann sich richtig in Rage reden, etwa wenn er auf die Rolle der Kommunalau­fsicht beim Einstieg der Völklinger Stadtwerke bei der umstritten­en Meeresfisc­hzucht zu sprechen kommt. „Wie kann ich von einer Kommunalau­fsicht sprechen, wenn solche Maßnahmen durchgehen? Das ist unmög-

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ILLUSTRATI­ON: ROBBY LORENZ Die 52 Städte und Gemeinden müssen ihre Haushalte von der Kommunalau­fsicht des Landes genehmigen lassen. Doch Kritiker monieren, die Aufsicht lasse viel zu viel durchgehen.

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