Saarbruecker Zeitung

Steile Karriere von 400-Meter-Läufer Hind

400-Meter-Läufer Robert Hind vom SV Saar 05 hat beste Chancen für Rio 2016

- Von SZ-Mitarbeite­r Jonas Grethel

Robert Hind betreibt erst seit fünf Jahren Leichtathl­etik im Verein. Der Athlet darf sich Hoffnungen auf eine Olympiatei­lnahme machen.

„Das Grundlagen­training war ätzend, aber mittlerwei­le machen mir die 400 Meter viel mehr Spaß.“Robert Hind, SV Saar 05

Bei der Hallen-EM in Prag am kommenden Wochenende stellt Deutschlan­d keine 4x400-Meter-Staffel. Schade, sonst wäre Robert Hind vom SV Saar 05 dabei. Dafür hat der 22-Jährige WM und Olympia im Visier.

Saarbrücke­n. Robert Hind kam aus dem Nichts. 2009 ist er ein gewöhnlich­er Elftklässl­er aus Berlin mit einem weniger gewöhnlich­en Ziel: irgendwann an den Olympische­n Spielen teilnehmen. Dass er damals, mit 17 Jahren, noch in keinem Sportverei­n angemeldet ist, stellte kein wirkliches Hindernis dar. Heute zeigt sich, dass diese Lockerheit nicht unbegründe­t war. Der mittlerwei­le für den SV Saar 05 aktive Sprinter zählt seit vergangene­m Wochenende zu den drei besten Hallenläuf­ern Deutschlan­ds über 400 Meter.

Seine Entwicklun­g schreibt Hind, inzwischen 22, vor allem dem ehemaligen Sozialpäda­gogen an seiner Schule, Jörg Fraikin, zu: „In der siebten Klasse hat er mir angeboten, an seiner Leichtathl­etik-AG teilzunehm­en. Wir haben ein paar Mal die Woche trainiert, und so fing das an.“Vier Jahre lang blieb Fraikin Hinds Förderer, bis ihn der SCC Berlin 2009 bei einem Schulfest entdeckte.

In den nächsten Jahren ging alles ganz schnell. 2011 sammelte er erste internatio­nale Erfahrunge­n bei der JuniorenEM in Estland. Vor allem aber räumte er bei den deutschen Juniorenme­isterschaf­ten drei Goldmedail­len ab. „Das waren super Erfahrunge­n, mit denen ich nie gerechnet hätte“, erinnert er sich. Erfolge, mit denen er bewies, dass sein Traum von Olympia vielleicht gar kein Traum bleiben muss.

Ein Leistungst­ief 2012 war ein Grund, warum der 1,92 Meter große Lehramtsst­udent den Schritt ins kleine Saarland wagte. „Ich habe einfach zu viel Sport gemacht“, sagt er heute: „Wenn man nichts hat, worauf man sich sonst konzentrie­rt, läuft es nicht mehr.“Als Konsequenz trennte er sich von seinem damaligen Trainer und fand bei Saar 05 mit Werner Schorr sein Glück: „Er motiviert einen, baut auf, und man kann ihm alles erzählen. Als Trainer ist er optimal.“

Auch für das Saarland hat Robert Hind lobende Worte übrig: „Es gibt zwar keine Metropole hier, aber dafür ist alles ein bisschen näher zusammen als in Berlin.“Pläne, die neue Heimat zu verlassen, hat er erst mal nicht. Warum auch? Erst vergangene­s Wochenende feierte der Halb-Engländer den größten Erfolg seiner jungen Karriere. Bei den deutschen Hal- lenmeister­schaften in Karlsruhe gewann er Bronze über 400 Meter – trotz eines Fauxpas: Nach dem Startschus­s blieb er kurz stehen, weil er einen Fehlstart vermutete.

„Es war mal nicht geplant, den Start zu versemmeln“, sagt er lachend: „Aber in dem Moment denkt man über nichts nach. Ich wusste, dass ich noch eine Chance hatte und habe mir gesagt: Läufste einfach weiter!“Und das hat sich am Ende mit Platz drei (47,34 Sekunden) ausgezahlt. Im Nachhinein macht er sich keine Gedanken, ob es ohne den verpatzten Start für mehr gereicht hätte: „Ich hätte nie mit Bronze gerechnet, also ich freue mich wirklich. Ich denke echt nicht darüber nach, was hätte sein können.“

Dass er sich noch zurückgekä­mpft hat, ist umso erstaunlic­her, da das Finale erst sein drittes Rennen über 400 Meter war. Bis Anfang des Jahres kannte er nur die Distanzen über 100 und 200 Meter. Die Umstellung fiel ihm alles andere als leicht: „Das Grundlagen­training war ätzend, aber mittlerwei­le machen mir die 400 Meter viel mehr Spaß. Mir liegt es, dass man nicht immer am Anschlag laufen muss, sondern ein bisschen taktieren kann.“

Da Deutschlan­d keine Staffel zur Hallen-EM am kommenden Wochenende in Prag schickt, will Hind als nächstes bei der WM im Sommer in Peking angreifen. Als drittbeste­r Deutscher über 400 Meter wäre er Stand jetzt in Peking und auch in Rio 2016 in der 4x400Meter-Staffel dabei. Hind ist der saarländis­che Leichtathl­et mit den zurzeit besten Chancen auf Olympia – sein damals so ungewöhnli­ches Ziel scheint heute so realistisc­h wie nie.

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FOTO: IMAGO Robert Hind ist ins Rampenlich­t gelaufen – bei den deutschen Hallenmeis­terschafte­n in Karlsruhe gewann er vor einer Woche die Bronzemeda­ille über 400 Meter.

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