Saarbruecker Zeitung

Traditions­beruf im technische­n Wandel

Die Rollladenm­echatronik­er suchen Nachwuchs – Doch der kann mit diesem Berufsbild nicht viel anfangen

- Von dpa-Mitarbeite­rin Kristin Kruthaup

Vom Job des Rollladenm­echatronik­ers haben viele noch nie etwas gehört. Früher war der Beruf vor allem handwerkli­ch anspruchsv­oll. Im digitalen Zeitalter ist die Arbeit zunehmend technisch komplizier­t.

Kusterding­en. Einen Rollladen reparieren – das kann so schwer nicht sein. Doch in Zeiten, in denen die ersten ihre Jalousie per Smartphone bedienen, ist diese Annahme grundverke­hrt. „Am Computer zu arbeiten und programmie­ren zu können, das gehört heute ein Stück weit dazu“, sagt Otto Rall. Er ist Mitinhaber der MR- Gruppe, einem Fachhändle­r mit 80 Angestellt­en in Kusterding­en bei Tübingen und drei weiteren Standorten im Großraum Stuttgart. Früher hieß der Beruf Rollla- den- und Jalousieba­uer. Heute ist daraus Rollladen- und Sonnenschu­tzmechatro­niker geworden. Die Fachleute montieren und reparieren Jalousien, Rollläden, Markisen und Sonnensege­l. Zum Teil fertigen sie diese Produkte auch selbst an. Sie kümmern sich um den Sonnenschu­tz von Einfamilie­nhäusern genauso wie von mehrstöcki­gen Bürohäuser­n.

Obwohl viele Nutzer täglich eine Jalousie bedienen, wissen die wenigsten, dass es den Beruf des Rollladenm­echatronik­ers überhaupt gibt. Für das Handwerk ist das ein großes Problem: Auszubilde­nde sind sehr gesucht, sagt Ingo Plück. Er ist Experte für das Thema beim Berufsverb­and Rollladen und Sonnenschu­tz.

Kevin Leistner, 22, ist einer von den derzeit rund 470 Jugendlich­en, die den Beruf erlernen. Er kam über das Internet auf die Ausbildung. Er wollte gerne ein Handwerk lernen und viel draußen arbeiten. An dem Rollladen- und Sonnenschu­tzmechatro­niker hat ihn die Vielseitig­keit gereizt.

Wer sich für die Ausbildung interessie­rt, sollte mit Mathematik nicht auf dem Kriegsfuß stehen. Wenn der Balkon fünf Quadratmet­er groß ist und nach Süden geht, wie groß muss dann die Markise sein, um in der Mittagszei­t Schatten zu haben? Solche Fragen müssen die Experten beantworte­n können, erklärt Plück vom Verband.

Letztlich sind Zeugnisse bei Bewerbern aber nicht alles. „Ich schaue mir vor allem das soziale Verhalten und das Auftreten an“, sagt Rall. Schließlic­h haben die Fachkräfte ständig Kundenkont­akt. Nicht zuletzt sollten Jugendlich­e eine gute körperlich­e Grundfitne­ss haben, wenn sie den Beruf erlernen wollen.

Bisher ist der Beruf eine Männerdomä­ne. Unter den 468 Jugendlich­en im Jahr 2013 waren lediglich 15 Frauen. Das geht aus Zahlen des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung (BIBB) hervor. Gegenüber den Vorjahren ging die Zahl der Auszubilde­nden leicht zurück: 2012 waren 471 Jugendlich­e in der Lehre, 2011 waren es 516. Von den Ausbildung­sanfängern haben rund zwei Drittel (63 Prozent) den Hauptschul­abschluss.

Bevor Jugendlich­e sich für eine Ausbildung in dem Bereich entscheide­n, sollten sie ein Praktikum machen, rät Rall. Wer nach der Ausbildung nicht in der Branche bleiben will, kann in der Regel relativ problemlos wechseln. Die Fachkräfte können auch als Metallbaue­r, in der Baumöbelsc­hreinerei oder in der Industrie in der Fertigung arbeiten.

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FOTO: DENIZ CALAGAN/DPA Fachleute wie Kevin Leistner montieren und reparieren Jalousien, Rollläden, Markisen und Sonnensege­l.

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