Traditionsberuf im technischen Wandel
Die Rollladenmechatroniker suchen Nachwuchs – Doch der kann mit diesem Berufsbild nicht viel anfangen
Vom Job des Rollladenmechatronikers haben viele noch nie etwas gehört. Früher war der Beruf vor allem handwerklich anspruchsvoll. Im digitalen Zeitalter ist die Arbeit zunehmend technisch kompliziert.
Kusterdingen. Einen Rollladen reparieren – das kann so schwer nicht sein. Doch in Zeiten, in denen die ersten ihre Jalousie per Smartphone bedienen, ist diese Annahme grundverkehrt. „Am Computer zu arbeiten und programmieren zu können, das gehört heute ein Stück weit dazu“, sagt Otto Rall. Er ist Mitinhaber der MR- Gruppe, einem Fachhändler mit 80 Angestellten in Kusterdingen bei Tübingen und drei weiteren Standorten im Großraum Stuttgart. Früher hieß der Beruf Rollla- den- und Jalousiebauer. Heute ist daraus Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker geworden. Die Fachleute montieren und reparieren Jalousien, Rollläden, Markisen und Sonnensegel. Zum Teil fertigen sie diese Produkte auch selbst an. Sie kümmern sich um den Sonnenschutz von Einfamilienhäusern genauso wie von mehrstöckigen Bürohäusern.
Obwohl viele Nutzer täglich eine Jalousie bedienen, wissen die wenigsten, dass es den Beruf des Rollladenmechatronikers überhaupt gibt. Für das Handwerk ist das ein großes Problem: Auszubildende sind sehr gesucht, sagt Ingo Plück. Er ist Experte für das Thema beim Berufsverband Rollladen und Sonnenschutz.
Kevin Leistner, 22, ist einer von den derzeit rund 470 Jugendlichen, die den Beruf erlernen. Er kam über das Internet auf die Ausbildung. Er wollte gerne ein Handwerk lernen und viel draußen arbeiten. An dem Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker hat ihn die Vielseitigkeit gereizt.
Wer sich für die Ausbildung interessiert, sollte mit Mathematik nicht auf dem Kriegsfuß stehen. Wenn der Balkon fünf Quadratmeter groß ist und nach Süden geht, wie groß muss dann die Markise sein, um in der Mittagszeit Schatten zu haben? Solche Fragen müssen die Experten beantworten können, erklärt Plück vom Verband.
Letztlich sind Zeugnisse bei Bewerbern aber nicht alles. „Ich schaue mir vor allem das soziale Verhalten und das Auftreten an“, sagt Rall. Schließlich haben die Fachkräfte ständig Kundenkontakt. Nicht zuletzt sollten Jugendliche eine gute körperliche Grundfitness haben, wenn sie den Beruf erlernen wollen.
Bisher ist der Beruf eine Männerdomäne. Unter den 468 Jugendlichen im Jahr 2013 waren lediglich 15 Frauen. Das geht aus Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hervor. Gegenüber den Vorjahren ging die Zahl der Auszubildenden leicht zurück: 2012 waren 471 Jugendliche in der Lehre, 2011 waren es 516. Von den Ausbildungsanfängern haben rund zwei Drittel (63 Prozent) den Hauptschulabschluss.
Bevor Jugendliche sich für eine Ausbildung in dem Bereich entscheiden, sollten sie ein Praktikum machen, rät Rall. Wer nach der Ausbildung nicht in der Branche bleiben will, kann in der Regel relativ problemlos wechseln. Die Fachkräfte können auch als Metallbauer, in der Baumöbelschreinerei oder in der Industrie in der Fertigung arbeiten.